Was ist der Jaktrobot Rb99? Nein, kein sinistrer nordischer Terminator oder Transformer. Es handelt sich dabei vielmehr um eine in 41 Nationen eingeführte Waffe, die nun auch bei den österreichischen Eurofightern eingerüstet werden soll.

Als Jaktrobot Rb99 wird in Schweden der luftgestützte, radargesteuerte Mittel- bis Langstreckenflugkörper AIM-120 AMRAAM mit seiner Reichweite von etwa 75 Kilometern bezeichnet. Und genau dieser Langstreckenflugkörper wäre ursprünglich als Hauptbewaffnung unserer Eurofighter vorgesehen gewesen, wurde dann aber bereits im ersten Vertrag im Jahr 2003 nicht berücksichtigt, um die Kosten knapp unter die 2-Milliarden-Euro-Grenze drücken zu können. Damals wollte ein früherer Air Chief zumindest vier Stück davon inkludiert wissen, nur um im globalen „AMRAAM-Klub” dabei zu sein.

@Georg Mader
Österreichs AMRAAM-Beschaffungspläne: Der Kauf ist über Foreign Military Sales direkt bei der US-Verwaltung geplant.

Vergossene Milch. Inzwischen ist jedenfalls von US-Hersteller Raytheon (RTX) über Foreign Military Sales (FMS) nur mehr die AMRAAM-Version C8 zu erhalten. Die Version C7 wäre – wiewohl der Aufwand dafür beträchtlich gewesen sein dürfte – am Eurofighter bereits integriert, jene ist nun aber nicht mehr verfügbar. Preise und Lieferzeiten (ab heute wohl 2027) sind bekannt und auch mit Blick auf den Aufwand für deren Integration durch Airbus Defence & Space und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH soll das BMLV – nach längerem Hin und Her – inzwischen alle Informationen haben.

Die BVR- (über die visuelle Sichtweite hinaus) beziehungsweise Allwetter-Lenkwaffe soll – so die Absicht – in jedem Falle auch bereits über die heimische Eurofighter-Nutzungsdauer hinaus einzusetzen sein. Zu erwarten ist aber – wie bei der gegenwärtigen IR-Waffe Iris-T – wohl nur der Kauf einer vergleisweise kleinen Stückzahl.

@Georg Mader
Bestückung eines Jets mit AIM120 auf der Aviano AB.

Schweden klotzte zuletzt ordentlich
Die schwedische Heeresmaterialagentur FMV veröffentlichte hingegen am 2. November, dass man mit der DSCA (Defence & Security Cooperation Agency) der US-Regierung um knapp 600 Millionen Euro insgesamt 250 Stück AIM-120C-8 AMRAAM sowie technische und logistische Unterstützung und zugehörige Ausrüstung für die Integration, Bewertung, Erprobung und Handhabung unterzeichnet hat. Die Serie AIM-120 ist – im Gegensatz zu Österreich – für die Schweden und ihre Flygvapnet nichts Neues, frühere Serien der Rb99 waren schon in die JA37 Jaktviggen und die frühen JAS39 Gripen integriert. Die neue Charge wird die verbliebenen und zur Aufwertung bestimmten Gripen C- und Gripen D-Serien und natürlich die gerade vor Einführung stehenden Gripen E bestücken.

Der Schock des russischen Angriffs auf die Ukraine hat in Schweden bekanntlich zu einer sicherheitspolitischen Umorientierung geführt, die – nach Verzögerungen durch die türkische Führung – das Land eher früher als später zu einem Mitglied der NATO machen wird. Mit der Integration der neuen Version der AMRAAM wird auch die ohnehin gute Kooperationsfähigkeit des JAS39 mit NATO und USA gestärkt. Lars Helmrich, Leiter des Geschäftsbereichs Luft- und Raumfahrtausrüstung bei FMV: „In der aktuellen sicherheitspolitischen Lage und mit der anhaltenden Erhöhung der Verteidigungsfähigkeiten Schwedens ist die Versorgung unserer Kampfflugzeuge mit einer ausreichenden Menge zusätzlicher Munition dringend erforderlich. Dass wir nun eine ansehnliche Menge weiterer AMRAAM direkt von der US-Regierung beziehen können, beschleunigt diesen Prozess, wofür wir sehr dankbar sind.”

„Ohne Sicherheit ist alles nichts“

Anzumerken ist, dass Schweden im Zuge des Deals ältere Varianten der AIM-120 – die Einführung erfolgte vor 30 Jahren – an die USA zurückverkaufte, damit sie der Ukraine in ihrem Krieg gegen die russischen Invasionstruppen gespendet werden können. Dort ist deren Verwendung durch MiG-29 und Su-27 allerdings noch eine gewisse Herausforderung. Weniger wegen der physischen Anbringung auf adaptierten Pylonen – das gelang schon mit der Anti-Radar-Lenkwaffe AGM-88 HARM – sondern bezüglich der eigentlich vom (westlichen) Feuerleitradar der Lenkwaffe zu übermittelnden Datenfunkupdates, bis jene auf eigene Erfassung umschaltet.

Bisher größter AMRAAM-Auftrag
Der US-Hersteller Raytheon Technologies gab am 20. Juni bekannt, dass das Unternehmen einen Auftrag über 1,05 Milliarden Euro für AIM-120C-8 und D-3 erhalten habe. Nach Angaben des Unternehmens ist dies der – eine Stückzahl wird nicht genannt – bisher größte Auftrag für AMRAAM-Lenkwaffen und die fünfte Produktions-Charge dieser Flugkörper. Diese wird als „Form, Fit, Function Refresh” (F3R) bezeichnet und umfasst nach modellbasierten Systementwicklungsinitiativen sowohl neue Hardware (Leiterplattengruppen) als auch Software-Upgrades. Der Vertrag wird nicht nur für die US-Luftwaffe und die US-Marine gelten, sondern auch für AMRAAM-Upgrades und/oder Ersatzteile für 18 verbündete Länder, einschließlich der Ukraine übrigens. Laut Pentagon machen diese rund 39 Prozent des Auftragswertes aus. Jene sind Bahrain, Belgien, Bulgarien, Kanada, Finnland, Ungarn, Italien, Japan, die Niederlande, Norwegen, Katar, Saudi-Arabien, Singapur, Südkorea, Spanien, die Schweiz und Großbritannien.

@Georg Mader
Eine AIM-120C auf einem Eurofighter.

Auftragnehmer für diese jüngste Produktionscharge (Los 37) ist das Air Dominance Division Contract Office auf der Eglin Air Force Base, Florida, die Produktion kommt aus der Raytheon-Fertigungsstätte in Tucson, Arizona. Die AMRAAM wird wie erwähnt von 41 Nationen auf den Typen F-15C Eagle und F-15E Strike Eagle, F-16 Fighting Falcon, F/A-18 C/D Hornet und F/A-18E/F Super Hornet, F-22 Raptor, Eurofighter Typhoon, JAS-39 Gripen, Panavia Tornado und AV-8B Harrier eingesetzt. Es ist auch die einzige Luft-Luft-Waffe, die bislang für den F-35 JSF geeignet ist. Bisher sind rund 4.900 scharfe Testschüsse und 13 Luft-Luftsiege (Jugoslawien, Irak, Syrien) verzeichnet.

Quelle@Flygvapnet