Herbert Austin hatte schon um die Jahrhundertwende mit der Entwicklung und Produktion von Automobilen begonnen. Im Ersten Weltkrieg produzierte die Austin Motor Company dann bereits erhebliche Mengen an Rüstungsgütern und in den 1920er- und 1930er-Jahren stieg Austin zu einem der führenden britischen Automobilhersteller auf. Die Firma fertigte von 1929 bis 1939 verschiedene Typen der bekannten Londoner Taxis – und vor sowie während des Zweiten Weltkriegs hunderttausende Fahrzeuge wie den Austin Tilly und weitere Rüstungsgüter für die britische Armee.

Mit dem Austin 7 gelang Austin ein Geniestreich, es wurde eines der kommerziell erfolgreichsten Automobile der Geschichte. 1929 baute Austin in Zusammenarbeit mit Mulliner einige Prototypen eines leichten zweisitzigen Scout Cars für die britische Armee, die auch ausgiebig erprobt wurden. Im Gegensatz zu den berühmten späteren Scout Cars waren sie aber völlig ungepanzert. Basis dieses Fahrzeugs war der Austin 7. Darauf folgte eine Baureihe, die nach einigen Quellen 158 Stück (gefertigt von 1929 bis 1930) umfasste. Neben diesem 1929 Scout Car gab es eine sehr ähnliche Variante, den 1932 Wireless Car. Hauptsächlich gingen die Fahrzeuge an die Artillerie, welche sie für vorgeschobene Beobachter verwendete.

@Archiv Seehase
Austin 7 und Kradmelder in den 1930er-Jahren.

1934 und 1935 wurden 225 Fahrzeuge einer neueren Baureihe des Austin 7 für die britische Armee gefertigt, die eine Geländegängigkeit aufwiesen, die man ihnen auf den ersten Blick kaum zugetraut hätte. Einige blieben bis in die ersten Jahre des Zweiten Weltkriegs hinein im Militärdienst und wurden dann auf dem Zivilmarkt verkauft. Es gibt Berichte, dass ein paar Austin 7 der Variante Ruby später beschafft wurden, länger im Dienste der Streitkräfte blieben und für den Transport mit Horsa-Lastenseglern modifiziert wurden. Ein halbes Dutzend dieser Fahrzeuge befand sich 1943/44 bei Vickers Aviation, sie hatten jeweils ein am Heck montiertes Bren-Maschinengewehr. Dass sie tatsächlich an einer geheimen Luftlandeoperation im Vorfeld der Normandielandung teilnahmen, wird manchmal behauptet, bis heute fehlt für eine derartige These aber jeder Beweis.

Eine Funkwagenversion des Austin 10 wurde in den 1930er-Jahren ebenfalls von den britischen Streitkräften verwendet. Im Zweiten Weltkrieg produzierte Austin rund 120.000 Fahrzeuge für das britische Militär, darunter Lkw 4×4, 6×4 und 4×2, Ambulanzen und andere mehr. Mit Kriegsausbruch wurde die Produktion für den zivilen Markt zurückgefahren, jedoch nicht ganz eingestellt. Zivilmodelle wurden (geringfügig modifiziert) an die Streitkräfte geliefert, so zum Beispiel die Personenkraftwagen der Typen Austin 10 und Austin 8. Der Austin 12 wurde in kleiner Stückzahl für regionale Polizeibehörden gebaut. Den Löwenanteil an den oben erwähnten Fahrzeugen stellte das Austin Light Utility Car mit 29.000 produzierten Fahrzeugen. Er war Ende 1939 auf der Basis des Austin Ten entwickelt worden und kam 1940 zur Truppe.

Zuvor jedoch ein Blick auf die anderen Aktivitäten der Firma Austin zu Kriegszeiten: Im Januar 1939 hatte Austin einen staatlichen Produktionsauftrag über Lkw erhalten, eine Sparte, die in den 1930er-Jahren von Austin etwas vernachlässigt worden war. Die drei Grundtypen waren die Lastkraftwagen K2, K3 und K4 mit einer Ladekapazität von zwei, drei beziehungsweise fünf Tonnen. Etwas später kam noch ein leichterer Pickup hinzu. Vom K2 wurden von 1939 bis 1945 sehr viele Exemplare gebaut – nach dem Tilly war er das meistgebaute Austin-Fahrzeug während des Krieges. Allein von der Ambulanz-Version Austin K2/Y wurden 13.102 Stück gebaut. Dieses Fahrzeug, von den britischen Soldaten „Katie” genannt, bewährte sich so gut, dass es in einer Form des umgekehrten Pacht-und-Leih-Verfahrens sogar an die US-Streitkräfte geliefert wurde. Viele Austin K2 gingen als Mannschaftswagen und Zugfahrzeuge (Auxiliary Towing Vehicles) an die Feuerwehr. Nach Ende des Krieges erwarb die paramilitärische Polizei in Nordirland (Royal Ulster Constabulary) einige davon und baute sie ihren Bedürfnissen entsprechend um.

Saab erhält Auftrag von der NATO

Vom Austin K3 wurden 17.000 Stück gebaut (von 1939 bis 1945), vom K5 12.280 (von 1941 bis 1945) und vom Dreiachser K6 (Antriebsformel 6×4) 13.000 Stück, die in der Masse der Royal Air Force zuliefen. Die Produktion des K6 wurde erst Mitte 1945 eingestellt – also erst nach dem Kriegsende in Europa. Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Austin neben Militärfahrzeugen unter anderem Flugzeuge, Flugzeugmotoren, Bauteile von Lastenseglern, hydraulische Richtantriebe, Magazine für Maschinengewehre, Maschinenpistolen und automatische Flugabwehrgeschütze. Auch Granaten für Artilleriegeschütze und Panzerabwehrkanonen wurden gefertigt (mehr als 1,3 Millionen). Der vermutlich wichtigste Beitrag zu den britischen Kriegsanstrengungen war die Beteiligung Austins am „Shadow Factory Scheme”, das 1936 vom Air Ministry ins Leben gerufen worden war.

Es wurde von Lord Herbert Austin, dem Firmenchef Austins, geleitet. Ziel war eine signifikante Steigerung der Flugzeugproduktion generell und vor allem die Steigerung der Fertigungsrate des überaus wichtigen Rolls-Royce-Merlin Motors. Dazu wurden neue Fabrikationsanlagen in Zusammenarbeit zwischen Regierungsbehörden und Industrie errichtet und die Erweiterung bestehender Fabrikationsanlagen der Maschinenindustrie durchgeführt. Austins Fabrik bei Longbridge erhielt eine Erweiterung in der Form der „East Works” bei Cofton Hackett, wo Tausende von Flugzeugen produziert wurden – und weiterhin Tausende von Flugmotoren. Das erste hier gebaute Flugzeug war der leichte Bomber Fairey Battle. Auf den Fabrikationsanlagen Austins wurden im Verlauf des Krieges auch Hurricane-Jäger sowie Stirling- und Lancaster-Bomber gefertigt. Austin war als einer der größten metallverarbeitenden Betriebe Großbritanniens zudem damit beschäftigt, Stahlhelme für die britischen Streitkräfte zu produzieren, rund eine halbe Million kam aus seinen Blechpressen.

Lord Herbert Austin erlebte das Kriegsende nicht mehr, er starb am 23. Mai 1941 in Birmingham, sein Nachfolger als Firmenchef wurde Ernest L. Payton.

Der Zweite Weltkrieg wirkte sich auch erheblich auf die Rationalisierung der Massenproduktion von Fahrzeugen aus: während 1925 bei Austin 16 Personen eine Woche lang beschäftigt waren, um einen Wagen zu produzieren, benötigte man 1946 im gleichen Zeitraum nur noch neun Arbeiter.

@Preston Isaac
Tillys-Aufmarsch; von links nach rechts: Morris, Standard, Hillman, Austin.

Auf der Basis von Zivilmodellen entwickelten die vier großen Automobilhersteller Austin, Morris, Standard und Hillman jeweils ein Modell des Light Utility Cars, kurz „Tilly” genannt. Alle waren Pritschenwagen mit einer zweisitzigen festen Fahrerkabine (abgesehen vom Standard Tilly mit seiner überplanten Kabine) und hatten die Antriebsformel 4×2.

Sie wurden von der britischen Armee und der britischen Luftwaffe in sehr großer Zahl eingesetzt. Auch bei den in Großbritannien aufgestellten beziehungsweise in Garnison liegenden Exiltruppen (Norwegern, Polen, Tschechoslowaken, Niederländern und Belgiern) kamen die Tillys zum Einsatz. Keine oder nur sehr eingeschränkte Verwendung fanden sie bei den Truppen aus den Überseegebieten des Commonwealth (eine Ausnahme bildete Australien, hier nannte man sie „Utes”. Die Bezeichnung geht zurück auf die von der Ford Motor Company of Australia in Geelong in Australien ab den 1930er-Jahren gefertigten Utility Vehicles.

So leistete sich beispielsweise die kanadische Armee den Luxus, nur allradgetriebene Fahrzeuge in den Kampfzonen einzusetzen (abgesehen von einigen überschweren Spezialfahrzeugen). In dieser Hinsicht wurde sie nur von der US Army übertroffen. Die hatte aber schon seit dem Ende des Ersten Weltkriegs großen Wert auf den Allradantrieb gelegt und damit eine Pionierrolle gespielt. Trotz der weitgehenden Motorisierung der britischen Heeresverbände hatte sich hier der Allradantrieb noch nicht derart flächendeckend durchgesetzt. Und auch später konnte er das nicht, denn die Light Utility Cars basierten auf handelsüblichen Personenkraftwagen.

Der Austin Light Utility Car wurde um die Jahreswende 1939/40 unter der Firmenbezeichnung Series G/YG entwickelt. Er basierte auf dem Austin-10HP-Saloon-Viertürer. Abgesehen von der Pritsche unterschied er sich von dem Zivilmodell durch eine Wasserpumpe (in der Zivilversion nicht vorhanden), einer anderen Übersetzung der Gänge, einen größeren Benzintank und eine andere Bereifung, die die Off-Road-Fähigkeiten verbessern sollte. Die Fahrzeugelektrik war auch anders als beim zivilen Ausgangsmodell. Außerdem war auf der Fahrerkabine ein Ersatzrad angebracht. Die von drei Spiegeln gehaltene Plane hatte zunächst fünf, später drei Fenster. Das Fenster vorne diente dazu, dass ein Crewmitglied auf der Ladefläche ein Bren-MG über die Fahrerkabine hinweg zum Einsatz bringen konnte. Die ersten 250 Fahrzeuge wurden vom gleichen 1,125-Liter-Motor angetrieben wie der Austin 10. Alle späteren Fahrzeuge hatten einen 4-Zylinder-Vergasermotor mit 1,237 Litern Hubraum, wassergekühlt, der bei 3.600 Umdrehungen maximal 29 PS leistete. Der Einbau einer stählernen Ladefläche, die am Rahmen verschweißt war, gab dem Fahrzeug eine große Stabilität.

@David Busfield
Austin Light Utility Car.

Der erste Kontrakt des War Office mit Austin datierte vom 18. März 1940, die ersten Fahrzeuge wurden im April desselben Jahres ausgeliefert. Wieviele noch zur BEF gelangten, ist unklar, einige wurden in Dünkirchen zurückgelassen. Vermutlich machten Einheiten der Wehrmacht ein paar davon fahrbereit und verwendeten sie weiter. Eine Anzahl von Austin Light Utility Cars gelangte noch zur „2nd BEF”, den nach Dünkirchen in Frankreich verbliebenen britischen Truppen. Bis 1944 wurden rund 30.000 Fahrzeuge bei der Austin Motor Co in Longbridge bei Birmingham gefertigt. Während der Produktion gab es noch kleinere Veränderungen, abgesehen von der vereinfachten Plane und dem stärkeren Motor waren dies noch ein veränderter Kühlergrill und eine stählerne (statt zuvor hölzerne) Heckklappe. Außerdem wurde der Auspuff verändert, die Beleuchtungseinrichtungen und die Blinker geändert und auf der Ladefläche wurden Vorrichtungen angebracht, um zwei Tragen für Verwundete aufnehmen zu können. Innerhalb der britischen Landstreitkräfte wurden vom Royal Army Ordnance Corps und dem Royal Army Service Corps die meisten Austin Utility Cars verwendet.

Die Länge des Fahrzeugs betrug 3,96 Meter, die Breite 1,52 Meter, die Höhe 1,93 Meter und das Leergewicht 1.514 Kilogramm. Die offizielle Bezeichnung war Car, Light Utility, 4×2.

Zu einer gewissen Berühmtheit brachten es die mit roten Kotflügeln auffällig markierten Tillys der „bomb disposal teams”, der Bombenentschärfer, die während der „Battle of Britain” und danach bei Soldaten und Bevölkerung allerhöchstes Ansehen genossen.

Zwei weitere SARah-Satelliten gestartet

In Nordafrika wurde der Austin Tilly eingesetzt, das beweisen Bilddokumente von 1940/41 aus Libyen und dem Sudan. Beide Fahrzeuge tragen das markante „Caunter”-Dreifarb-Tarnschema. Einen sehr umfangreichen Einsatz des Tillys hat es aber im Wüstenkrieg nicht gegeben, dafür waren die Straßenverhältnisse (oder besser: Nichtstraßenverhältnisse) kaum geeignet. Von den anderen Light Utility Cars gibt es gar keine Bildbelege aus Nordafrika, abgesehen von Fotos, die einen Hillman Tilly des GHQ Middle East zeigen. Für Ende 1942 gibt es Fotodokumente, die Austin Tillys in Tunesien zeigen, allerdings tragen diese Fahrzeuge den seinerzeit in Großbritannien gebräuchlichen Anstrich, sie scheinen direkt aus dem Mutterland nach Tunesien verbracht worden zu sein, was auch gegen eine weite Verbreitung der Tillys im nordafrikanischen Wüstenkrieg (1940 bis 1943) spricht.

Austin Tillys kamen auch bei den britischen Streitkräften im Sizilienfeldzug und bei den Kämpfen auf dem italienischen Festland zum Einsatz. Im Fernen Osten scheinen keine Austin Tillys eingesetzt worden zu sein.

Einen besonderen Stellenwert hatte der Tilly als Fahrschulfahrzeug. Ein Austin Tilly des No. 1 M.T. Training Centre des Auxiliary Training Service in Camberley (Surrey) war der Wagen, auf dem die damalige Prinzessin Elizabeth (als „Second Subaltern Elizabeth Windsor” Mitglied der britischen Streitkräfte) ihren ersten Fahrunterricht erhielt. Laut der Aussage ihrer damaligen Fahrlehrerin Maud MacLellan stellte sich die spätere Königin dabei sehr geschickt an.

@Archiv Seehase
Prinzessin Elizabeth beim Radwechsel.

Neben der fast schon zivilen Verwendung als Fahrschulwagen gab es aber auch eine recht martialische Variante. Es existierte eine Zwillingssockellafette für das leichte Bren-MG, mit Fliegerabwehrvisier und Sitz für den Schützen. Diese „AA Bren twin-mount” genannte Vorrichtung war hauptsächlich zur Fliegerabwehr geeignet und konnte auf die Ladefläche eines Austin Tilly montiert werden. Derartig ausgerüstete Fahrzeuge wurden unter anderem zur Konvoisicherung eingesetzt. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, dass die Royal Air Force den Austin Tilly nur in sehr geringem Umfang und nur auf lokaler Basis (also bezogen von benachbarten Army- oder Home-Guard-Einheiten) einsetzte.

Es gibt keine Fotos von Austin Tillys bei der Royal Air Force. Es existieren auch keine Dokumente, die eine Bestellung durch die RAF belegen. Im Gegenteil: das Dokument „AMO A143” aus dem Jahre 1944 listet alle Fahrzeuge der Royal Air Force auf. Es ist kein Austin Tilly darunter. Die verbreitete Vorstellung, dass augerechnet die RAF Austin Tillys in großem Umfang einsetzte, ist nicht zuletzt Nachkriegsfilmproduktionen wie etwa „Squadron 633” zu verdanken. Allerdings wurde der Austin Tilly bei der Royal Navy eingesetzt.

Natürlich steht der Kriegseinsatz des Austin Tilly sehr im Schatten des Willys Jeep, der ja ebenfalls für eine Nutzlast von 5 cwt (zirka 250 Kilogramm) ausgelegt war. In der Kampfzone und als Zugfahrzeug war der Jeep mit seiner besseren Geländegängigkeit dem Tilly weit überlegen, es gab aber auch andere Einsatzzwecke, bei denen der Tilly seine Stärken unter Beweis stellen konnte. Bei Transport- und Verbindungsaufgaben auf der Straße erfüllte der Tilly seinen Zweck. Außerdem war der Jeep nicht überall und zu jeder Zeit im Überfluss vorhanden. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Tillys, gerade die mit fester Fahrerkabine, gerade bei widriger Witterung den besseren Fahrkomfort boten.

@Clive Sammut
Austin Tilly mit dem typischen Malta Tarnschema.

Im weiteren Verlauf des Krieges lief der Jeep aber dem Tilly den Rang ab. Das Organigramm eines Feldartillerieregiments von 1944 zum Beispiel zeigt folgende Ausstattung: neben dem Regimentsstab gab es drei Batterien mit jeweils zwei Troops (Troop A und Troop B) mit jeweils vier 25-pdr-Kanonenhaubitzen nebst dazugehörigen Zugmaschinen (Quad Gun Tractors von Ford, Guy oder Morris), dann noch pro Troop zwei zusätzliche Zugmaschinen und dazugehörige vier Protzen (für Munition) und pro Troop einen Bren Carrier für den Kommandanten und zwei 15cwt-Trucks. Bei den Führungs- und Versorgungsteilen der Batterie liefen insgesamt acht Stück 15cwt-Trucks (etwa 760 Kilogramm), sieben Stück 3ton-Trucks (zumeist Bedford QL) und zwölf Jeeps für Verbindungszwecke. Dann gab es noch pro Batterie einen Bren Carrier für den „battery survey officer”.

Für den Batterieführer standen ein Bren Carrier und ein Austin Tilly zur Verfügung. Im Regimentsstab liefen desweiteren Lastwagen und Jeeps, der Regimentskommandeur fuhr standesgemäß in einem Humber FWD Heavy Utility. Natürlich wichen andere Feldartillerieregimenter in der Ausstattung bisweilen etwas von diesem Modell ab. Fotodokumente zeigen den Austin Tilly am Strand der Normandie und auch später in den Niederlanden. Bekannt sind die auf Malta mit dem distinktiven Tarnschema eingesetzten Tillys, die dort in großer Zahl liefen. Das typische Tarnschema imitierte das auf Malta sehr häufig vorzufindende Trockenmauer- beziehungsweise Mörtelmauerwerk und existierte in zwei Varianten. Es erwies sich als ziemlich wirkungsvoll.

@Tom Higgins
Austin Tilly der Czechoslovak Armoured Brigade.

Auch andere Alliierte verwendeten den Austin Tilly, so zum Beispiel die tschechoslowakischen Exilstreitkräfte bei den Westalliierten. Das galt für das „22 Liaison Headquarter” (LHQ), einen britisch-tschechoslowakischen Planungs- und Verbindungsstab, und die 1943 aufgestellte Czechoslovak Independent Armoured Brigade. Die war im Frühjahr 1945 mit der Belagerung von Dünkirchen beschäftigt, dann wurde Anfang April ein Stoßtrupp unter Lieutenant Colonel A. Sítek gebildet, der bis nach Böhmen vorrücken sollte. Mit 139 Mann, sieben Motorrädern und 27 Fahrzeugen rückte diese „Token Force” am 24. April ab. Dazu kamen zwei britische Soldaten vom 22 LHQ, Captain Stephenson und sein Fahrer, mit einem Morris Light Utility Car.

Am 1. Mai 1945 erreichte die Kolonne die alte deutsch-tschechische Grenze, in den nächsten Tagen stieß noch Personal vom 22 LHQ dazu (unter anderem mit einem Austin Light Utility Car). Am 18. Mai 1945 traf das Motor Battalion der Czechoslovak Independent Armoured Brigade (oder auf tschechisch: Československá samostatná obrněná brigáda) in Pilsen ein – mit dabei ein Austin Tilly. Es ist schwer zu sagen, wie viele Tillys die tschechoslowakischen Exilstreitkräfte in ihrem Bestand hatten, in den Unterlagen taucht nur die Bezeichnung „truck, 5cwt” auf, das könnten dann Light Utility Cars aller vier Hersteller sein oder auch der Willys Jeep, während die Bezeichnung „truck, 5cwt, 4×2” immerhin den Jeep ausschließt. Bis 1950 (also auch nach dem kommunistischen Putsch) blieb mindestens ein Austin Tilly im Inventar.

Bei den polnischen Exilstreitkräften liefen etliche Austin Tillys. Auch die niederländischen Exilstreitkräfte verwendeten Light Utility Cars, so hatte die „Prinses Irene Brigade” einige Austin Tillys in ihrem Bestand. Fotodokumente belegen, dass die niederländischen Truppen in Niederländisch-Ostindien nach 1945 über Austin Tillys verfügten. Auch bei der „Brigade Piron” der belgischen Exilstreitkräfte waren Light Utility Cars im Einsatz. Commandant Georges Houbion nutzte einen solchen.

@Anefo
Niederländischer Militärgeistlicher mit einem Austin Tilly auf Java.

Schon 1941 hatten die griechischen Streitkräfte Austin Tillys erhalten, ab 1944 bekamen sie erneut einige Exemplare. Portugal hatte während des Krieges (ab Anfang 1943) einige Austins (Austin 8HPs) als Stabswagen erworben, später (bis 1946) kamen Austin Tillys hinzu, die noch einige Jahre (vermutlich bis Ende der 1950er) ihren Dienst versahen.

Die australischen Streitkräfte erhielten einige Austin Tillys. Dabei wurden diese Fahrzeuge von England an die australischen Armeeeinheiten im Einsatzgebiet geliefert. Fotodokumente belegen den Einsatz von Austin Tillys bei australischen Einheiten im Nahen Osten. Nebenbei bemerkt: Sehr viel häufiger verwendeten die Australier ähnlich konfigurierte Pickups aus australischer Fertigung: Die schon erwähnten „GS Vans” (offizielle Bezeichnung) oder „Utes” (Armeeslang). Der Großteil der Fahrzeuge wurde von 1939 bis 1942 produziert, aber auch danach verließen noch manche die Produktionsanlagen. Die australischen Utes waren größer als die britischen Tillys: es gab drei Größen, den „12 cwt GS Van” (Nutzlast 610 Kilogramm), den „15 cwt GS Van” und den „1 Ton GS Van”. Anders als die Tillys waren die Utes bei den australischen Streitkräften fast in jedem Einsatzgebiet anzutreffen.

Dänemark erwarb für seine Land- und Luftstreitkräfte (erst ab 1951 war die Luftwaffe eine eigenständige Teilstreitkraft) in den Jahren 1946 und 1947 rund 300 Tillys von den britischen Besatzungstruppen in Deutschland. Eigentlich hatte man Jeeps gewollt, die mochten die Briten aber lieber selbst behalten und lieferten stattdessen Tillys, zum Teil waren die Fahrzeuge in sehr schlechtem Zustand. Bei einer Generalinspektion des Fahrzeugbestands im Jahre 1949/50 waren noch 277 Tillys im Bestand. Als man bei einem zivilen Händler 100 Willys Jeeps ankaufen konnte, gingen die Tage der Tillys bei den dänischen Streitkräften langsam zu Ende. Fast alle dänischen Tillys waren Austins, es gab bei der Fliegertruppe aber einige von der Royal Air Force kurz nach Kriegsende erworbene Standard Tillys der Baureihen BB oder DC.

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Ein Foto zeigt einen Austin Tilly 1945 zusammen mit amerikanischen Fahrzeugen in der Nähe des ehemaligen Führerbunkers in Berlin. In Deutschland blieb der Austin Tilly aber eher ein Exot. Die britischen Streitkräfte in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden auf 200.000 Mann Besatzungstruppen in Deutschland und 60.000 Mann Besatzungstruppen in Österreich reduziert und hatten einen geringeren Fahrzeugbedarf als die 21st Army Group zur Kriegszeit. Die Light Utility Cars erklärte man 1945/46 für obsolet. Die Besatzungsstreitkräfte sollten ihre alle abgeben, vermutlich wegen der Rechtssteuerung, die für den kontinentalen Rechtsverkehr nicht so geeignet war. Was nicht an andere Armeen abgegeben wurde, brachte man nach Großbritannien zurück. Teilweise wurden die Light Utility Cars durch neuproduzierte VW Käfer (die Werke standen unter britischer Kontrolle) ersetzt. Bei den britischen Streitkräften außerhalb Deutschlands (hauptsächlich in Großbritannien) liefen die Tillys bis in die späten 1950er-Jahre, allerdings hauptsächlich die variante „Standard Utility Car”. Danach gelangten etliche auch auf den zivilen Markt, relativ viele auf Malta, wo es heute die stärkste Konzentration an überlebenden Light Utility Cars gibt.

Quelle@Tomas Higgins, Clive Sammut, Archiv Seehase, Anefo