Am Tag der kroatischen Armee zum 30. Jahrestag der Musterung des Nationalgardekorps (ZNG) im NK-Stadion in Zagreb wurde von Ministerpräsident Andrej Plenkovic kürzlich bestätigt, dass die alten und kaum mehr einsatzbereiten (einst wohl ex-ukrainischen) MiG-21 in einem G2G-Regierungsgeschäft durch zwölf gebrauchte Dassault Rafale F3-R von der französischen Luftwaffe ersetzt werden (siehe Bericht). Die Rede ist von zehn Einsitzern und – wie überall außer in Österreich – zwei Zweisitzern.

Nach langem Hin-und-Her und dem – trotz Trump-Bemühungen – wegen der US-Legislation gescheiterten Versuch, gebrauchte israelisch-modifizierte F-16A/B zu erwerben, hat man sich in Zagreb nun für das französische Paket und gegen erneuerte Vorschläge aus Israel, Schweden und den USA entschieden.

Speziell für Saab ist damit auch der letzte Campaign in Mittel-Osteuropa verloren gegangen, ursprünglich war man sich bezüglich Slowakei, Rumänien, Bulgarien und eben Kroatien punkto Gripen ziemlich sicher. Nun rechnet man in Zagreb damit, mit der Ankunft der ersten Flugzeuge aus Frankreich Anfang 2024 bereits ausgebildete Piloten haben. Alle zwölf Maschinen sollen 2025 operationell sein. Das französische Angebot beinhaltet einen Flugsimulator, ein Basis-Waffenpaket (Meteor-BVR wurde nicht explizit erwähnt), Boden- und Testausrüstung, Ersatzteile, Ausbildung der Fluglehrer, eine umfassende Unterstützung durch autorisierte Vertreter des Herstellers über einen Zeitraum von drei Jahren und eine Garantie von zwölf Monaten für jedes Flugzeug, Triebwerk und andere Ausrüstung und Ersatzteile. Die Maschinen dürften vor Auslieferung eine Lebensdauerverlängerung um weitere 2.000 Stunden erhalten, was für Kroatien wohl rund 20 weitere Jahre Betrieb bedeuten dürfte.

©Dassault Aviation
Aktuell betreiben neben der französischen Luftwaffe auch Ägypten, Indien, Katar und Griechenland Rafale-Flotten, Kroatien wird nun das insgesamt fünfte Exportland.

Auf innenpolitische Kritik, dass die Regierung ihre Anstrengungen darauf konzentrieren sollte, der pandemiegeplagten Wirtschaft zu helfen, anstatt viel Geld für Waffen auszugeben, sagte Ministerpräsident Andrej Plenkovic: „Das französische Angebot, die Flugzeuge für 999 Millionen Euro zu liefern, ist das beste Angebot gewesen. Zu einem günstigsten Preis erhält Kroatien das von unseren Experten am besten bewertete und am besten ausgestattete Flugzeug. Die zweimotorige Rafale ist mit fortschrittlichen Angriffs- und Navigationssystemen, einem Radar der neuesten Generation, einer hohen Integration von Sensoren und Selbstschutzsystemen sowie der Fähigkeit, eine breite Palette von Waffen zu verwenden, ausgestattet und ist damit einer der besten multifunktionalen Kampfjets unserer Zeit. Die gewählte Lösung hat auch den Vorteil, dass alle Waffen und Behälter von Frankreich selbst hergestellt werden, so dass es nicht vom gutem Willen eines ,Dritten’ abhängt, uns die Waffen beizustellen, die dieses Flugzeug tragen kann. Der Jet wird Kroatiens Fähigkeiten hoch halten und die Luftwaffe in einem Niveau stärken, das wir nie hatten. Dies war besonders wichtig, da die Betriebszeit unserer MiGs 2024 ausläuft. Und nein, es ging auch nicht darum, dem Militär ‚neues Spielzeug’ zu geben – diese Flugzeuge sind einfach die Grundlage unserer Sicherheit!”

Kroatien trat 2009 der NATO und vier Jahre später der Europäischen Union bei. Das Land gibt – laut NATO-Angaben – jährlich etwas weniger als eine Milliarde US-Dollar (rund 800 Millionen Euro) für Verteidigung aus und bleibt damit knapp hinter der Empfehlung des Bündnisses zurück, wonach die Mitglieder 2 Prozent des BIP in ihre Streitkräfte investieren sollen. Plenkovic sagte dazu auch, der in nicht spezifizierten Raten bis 2025 angelegte Ankauf der französischen Jets würde Kroatiens Ausgaben nun über die 2-Prozent-Marke bringen.

Natürlich sind nicht alle in Kroatien mit dieser doch recht „sportlichen” Typenwahl einverstanden. Eine kroatische Zeitung zitiert einen namentlich nicht genannten Militärpiloten, der die Maschinen gar als „ordentlichen Overkill” bezeichnet und eine politische, aber keine militärische Entscheidung vermutet. Kroatien mit seiner QRA-Luftpolizeirolle würde das Mehrrollen-Potenzial der Rafale nie ausnützen, so sein Argument. Jenes haben aber alle heute am Markt verfügbaren Muster, der klassische Luftpolizei-Abfangjäger mit Sichtbereichs-Lenkwaffen (wie eben MiG-21 oder unser früherer Saab Draken) ist längst passé und am Markt nicht mehr erhältlich. Auch sein Argument, dass man in Zagreb-Pleso für die Rafale viel Geld in neue Infrastruktur investieren müsse, trifft graduell auf alle neuen Muster zu – siehe die Erweckung Zeltwegs aus der „Ära Vietnamkrieg” durch die Eurofighter. Zudem hat Kroatien eine Nord-Süd-Auslegung mit 1.800 Kilometer Küstenlinie und mit seinem östlichen „Antagonisten” Serbien einen russisch luftgerüsteten Nachbarn, der kürzlich die letzten seiner 14 MiG-29 erhalten hat – aus Weißrussland übrigens.

Der Westbalkanstaat wird nun – relativ spät in der Karriere der Rafale – fünfter Exportkunde des Mirage-Nachfolgers, nach Ägypten (24), Katar (36) Indien (36) und Griechenland (18, teils ebenfalls gebraucht). Immerhin erfolgte der Erstflug des Typs bereits 1986, der seriennahe Testflugbetrieb ab 1991. Seit Ende 2000 beziehungsweise Ende 2004 wird die Serienversion an die eigene Aviation Navale und die Armée de l’Air ausgeliefert, die die Beschaffung von insgesamt 286 Maschinen planen. 180 Stück wurden bislang fix bestellt, wobei die Auslieferung der 100. Maschine im dritten Quartal 2011 erfolgte.

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Quelle©Dassault Aviation, Georg Mader