Seit Mai verfügt mit der Aaronia AG der deutsche Weltmarktführer im Bereich Drohnendetektion und -abwehr über eine Österreich-Tochter. Wir haben der Niederlassung am Flugplatz Bad Vöslau einen Besuch abgestattet und mit Geschäftsführer Stephan Kraschansky über das Leistungsspektrum des Aartos-Systems von Aaronia, Lehren aus dem Ukraine-Krieg und aktuelle Entwicklungen im Bereich der Drohnendetektion und -abwehr gesprochen.

Wer durch die Tür des unauffälligen Bürogebäudes am Flugplatz Bad Vöslau südlich von Wien tritt, der findet sich in einem Wunderland der Drohnenabwehr wieder. Stephan Kraschansky, Ex-Bundesheer-Offizier und Geschäftsführer des Unternehmens, steht inmitten seiner – auf NATO Niveau abgesicherten – Ausbildungs- und Trainingsanlage. Und das Umfeld des kleinen Flugplatzes, mit seinen zahlreichen zivilen Sendern und Flugbewegungen, ist seine Spielwiese. Seinem Werkzeug, der mittlerweile sechsten Technikgeneration des Aartos-Systems, entgeht nichts, was im näheren und weiteren Umfeld Funksignale emittiert.

@Martin Rosenkranz
Die Aaronia-Räumlichkeiten konnten wir nur leer besuchen. Wer hier Schulungen absolviert, behandelt die Firma streng vertraulich.

Der 32jährige Oberösterreicher hat als Offizier mit ELDRO (-> siehe Militär Aktuell Reportage) das Spezialelement für „elektronische Kampfführung zur Drohnenabwehr” des Bundesheeres (-> hier geht es zu aktuellen Bundesheer-Meldungen) aufgebaut. Auch sein Personal rekrutiert sich aus ehemaligen Bundesheer-Soldaten – und das hat einen guten Grund: Sie alle verfügen nämlich über die notwendigen Sicherheitsfreigaben, um ihrer Arbeit in sicherheitskritischen und Sperr-Bereichen nachgehen zu können.

Primär fokussiert das Aartos-System auf Streitkräfte und den Defencebereich, zur Zielgruppe gehören aber auch zivile öffentliche Sicherheitsdienste, Betreiber kritischer Infrastukturen sowie die Veranstalter politischer und sonstiger Großveranstaltungen. Optimaler Schutz vor unbefugten Drohneneinsätzen lautet das Ausbildungsziel für hunderte Azubis, die diese Ausbildungsanlage jährlich durchlaufen sollen.

Der Ukraine-Krieg als erster „War of Drones“

Mit den Entwicklungen im Ukraine-Krieg, in dem kleine Drohnen eine zunehmend bedeutsame Rolle spielen, beschäftigt sich Kraschansky intensiv. Und er erkennt Entwicklungen, die Aartos bereits vorweg genommen hat. So zum Beispiel, dass Drohnen immer seltener in ihren „üblichen” Frequenzbereichen bleiben, Soft- und Hardware  unentwegt anpassen, um Lücken in der elektronischen Verteidigung des Gegners zu nutzen.

Aartos hat laut Kraschansky hingegen keine Lücken, das System decke die komplette Bandbreite an Frequenzen ab, die Drohne theoretisch nutzen könnten. Allerlängstens eine halbe Sekunde, nachdem jemand einen Sender aktiviert hat, um seine Drohne zu verbinden und zum Start vorzubereiten, schlägt das Erkennungssystem Alarm. Sowohl der Standort des Senders als auch der Drohne werden permanent eingepeilt und angezeigt. Aartos kann ausserdem mit elektrooptischen- und Infrarot-Kameras sowie mit 3D-Radar zur Drohnendetektion ausgestattet werden.

@Martin Rosenkranz
Drohnendetektion und -abwehr im Kofferformat: Aaronia bietet von den ganz großen bis zu den ganz kompakten Systemen eine große Bandbreite an Produktvariationen.

Die Verteidigung beginnt mit einer eher harmlosen Lautsprecherdurchsage in Richtung der Position des Drohnen-Piloten. Damit wird dieser darauf hingewiesen, dass er sich mit seiner Drohne in Sperrbereichen bewegt. Reicht das nicht, wird per Jammer das Steuer- und Videosignal zwischen Sender und Drohne unterbrochen. Damit dieser Eingriff für unbeteilige Dritte möglichst geringe bis keine Auswirkungen hat, kann in der Software von Aartos der Einsatzraum klar eingegrenzt werden. Damit kann auch eventuellen behördlichen Auflagen Genüge getan werden.

Die Aaronia AG hat bisher mehr als 200 Kunden rund um den Globus mit ihren Systemen ausgestattet. Die Bandbreite erstreckt sich dabei von militärischen und Regierungseinrichtungen, über Bildungs- und Wissenstaftsstandorte bis hin zu Industrieunternehmen und deren Infrastruktur.

Welche Aufgaben und Funktionen die Aaronia-Österreich-Tochter konkret wahrnehmen soll? Eine Frage, die wir am besten direkt an den Geschäftsführer richten.

@Martin Rosenkranz
Einst baute er beim Bundesheer ELDRO auf, nun geht Stephan Kraschansky in der Privatwirtschaft auf Drohnenjagd.

Herr Kraschansky, welche Geschäftsfelder und Services bietet Aaronia Österreich im Detail an?
Die Aaronia Österreich GmbH dienst als Spin-Off der deutschen Aaronia AG für den weltweiten Markt im Bereich Drohnendetektion und Abwehr. Das Schwergewicht wird aufgrund der einschlägigen Berufserfahrung unseres Taams hierbei auf polizeiliche und militärische Verbände und Spezialeinheiten gelegt. In diesem Verantwortungsfeld sind wir für die Risikoanalyse, Planung, Konzeption, begleitende Schulung und Ausbildung etwa in Gefechtstechnik und Taktik, Installation vor Ort und die Betreuung der Kunden bei Fragen federführend zuständig.

Können die Systeme auch angemietet werden?
Ja, auch das ist möglich. Wir bieten auch eine Mietlösung für Drohnendetektions- und Abwehrsysteme an, die Rede ist dann von C-UAS (Counter Unmanned Aerial Systems). Dahingehend durften wir bereits den G20-Gipfel 2022 in Indonesien persönlich schützen. Dieses Service richtet sich aber auch an alle anderen Veranstalter von Großevents und Betreiber kritischer Infrastrukturen genauso wie an Polizei und Militäreinheiten weltweit. Grundsätzlich sind rund 90 Prozent unserer Kunden staatlichen Institutionen zuzuordnen, wobei wir größten Wert auf entsprechende Geheimhaltung legen.

Drohnenabwehr ist derzeit in aller Munde. Wie sehen Sie Ihr Unternehmen in dem Bereich aufgstellt?
Wir positionieren uns am obersten Ende der Leiter. Es geht beim funktechnischen Peilen nicht mehr als bei uns. Es geht im Jamming-Bereich nicht mehr und es geht im Aufklärungsbereich nicht mehr. Andere, sehr renommierte Unternehmen, bekommen große Ohren, wenn sie hören, was wir gleichzeitig können.

„Andere, sehr renommierte Unternehmen, bekommen große Ohren, wenn sie hören, was wir gleichzeitig können.“

Aaronia Österreich-CEO Stephan Kraschansky

Inwiefern?
Unser System ist beispielsweise in der Lage, die Einsatzbereiche geografisch ganz konkret einzugrenzen. Und wir scannen egal wo permanent zwischen 400 MHz (Anmerkung: tiefere Frequenzen sind auf Anfrage auch möglich) und 6 GHz das volle Spektrum und der Jammer kann in der benötigten Frequenz frei dem benötigten Sektor zugeweisen werden. Wir haben auch elektroptische und Infrarot-Kameras, mit deren Hilfe wir uns sofort ansehen können was wir gefunden haben. Und das alles mit demselben System, mit demselben Softwareinterface.

Eine zweite Black Hawk Staffel für das Bundesheer

In welchen Größenordnungen sollen sich die Schulungen und Ausbildungen in Ihren Räumlichkeiten abspielen?
Die Ausbildung zur Drohnenabwehr dauert je nach Vorkenntnissen der Teilnehmer, zwischen ein und zwei Wochen. Da Aaronia Aartos-Systeme aber weit mehr als „bloße” Drohnenabwehrsysteme beherrschen, bieten wir auch Spezialausbildungen zur Funkpeilung und Aufklärung sowie zum Spectrummonitoring im Allgemeinen an.

Sie haben erwähnt, dass ein paar Vorkenntnisse nützlich wären und den Rest bilden Sie aus. Wie lange dauert die Ausbildung an diesen Systemen?
Im Bereich der elektronischen Kampfführung ist man niemals fertig ausgebildet. Die Schulung am Drohnenabwehrsystem als Operator dauert maximal zwei Wochen und auf der Administrator-Ebene etwa vier Wochen. Um jedoch wirklich alle Fähigkeiten eines Aaronia Aartos-Systems voll ausschöpfen zu können, ist es unabdingbar sich Zeit zu nehmen und entsprechende Einsatzerfahrungen zu sammeln. Mein Credo lautet hierzu: Jede Mission ist anders und gerade deshalb bringt jede Mission einen unschätzbaren Erfahrungsgewinn der im Lehrsaal nur eingeschränkt vermittelt werden kann.

„Jede Mission ist anders und gerade deshalb bringt jede Mission einen unschätzbaren Erfahrungsgewinn der im Lehrsaal nur eingeschränkt vermittelt werden kann.“

Aaronia-Österreich CEO Stephan Kraschansky

Ist die Aaronia AG nur im Funkbereich tätig oder bauen sie auch Hardkill Systeme?
Wir bauen keine Waffen, aber es gibt diverse Hersteller, die unser System in ihre Waffensysteme integrieren. Hier gibt es entsprechende Absprachen. Wir haben uns sehr viel angesehen und ausprobiert. Das fängt schon an bei Radargeräten, wo nur sehr spezielle Geräte und die nur auf geringe Entfernungen sicher Drohnen erfassen könne. Es bleiben am Ende des Tages zwei relevante Abwehrsystem über: Das sind Fliegerkanonen mit programmiertem Sprengpunkt und eben Jammer.

@Martin Rosenkranz
Übersichtlich: Mit dem System lassen sich zugleich mehrere Abwehrmaßnahmen setzen.

Ihr System ist als Drohnen-Detektionssystem ausgewiesen, aber sind – da es ja praktisch zeitgleich ein sehr breites Signalspektrum erfasst und vermutlich auch aufzeichnet – konkret auch breitere militärische Sigint-Funktionen möglich, realisiert oder geplant?
Natürlich, Drohnendetektion ist lediglich ein Baustein im Fähigkeitskatalog unserer Produkte. Die Palette der bereits verfügbaren Software- und Hardware-Produkte reicht von komplexen Messmöglichkeiten, über ausgeklügelte Rack Lösungen, die in der Lage sind mehrere GHz an IQ Daten live aufzunehmen, bis hin zur Echtzeitpeilung und Triangulation von ultrakurzen Signalbursts. All das kann dann der entsprechenden Weiterverarbeitung ebenfalls auf unseren Systemen zugeführt werden.

Das System ist bodengestützt oder kann das auch in ein Luftfahrzeug verbaut werden?
Wo ich möchte. Wir haben für alle Anwendungen die geeigneten Antennen. Selbst für Sonderwünsche benötigen wir nur vier bis sechs Monate. Was auch immer der Kunde braucht, bauen wir einfach. Wir haben unsere Standardformfaktoren und passen die den Kundenwünschen an.

Mit so vielen Kunden und Empfängern rund um den Globus haben sie potentiell sehr viele Signale auf den Geräten. Gibt es auch ein Business-Modell, solche Daten zu sammeln und zu verwerten?
Das könnte in Zukunft tatsächlich ein Business Modell im Sinne von „Big Data” sein, kommt für uns aber nicht in Frage. Wir legen ebenso wie alle unsere Kunden höchsten Wert auf Diskretion und Vertraulichkeit. Dazu gehören natürlich auch die mit unseren Systemen erfassten Signale. Diese werden ausschließlich lokal verarbeitet und sind ausschließlich nur durch den Betreiber des Systems einzusehen.