Wie sich ein oberösterreichischer Familienbetrieb im globalen Handschuhgeschäft behauptet und den österreichischen Kampfpanzer-Besatzungen bei der „Strong Europe Tank Challenge” zum Weltmeistertitel verhalf – ein Besuch bei der Firma Eska in Thalheim bei Wels.
Wie oft Paul Loos in seinem Leben schon Handschuhe übergezogen hat, weiß er nicht. „Zehntausende Male bestimmt”, sagt er und lächelt. „Vielleicht auch öfter.” Egal, der Seniorchef des in Thalheim bei Wels beheimateten oberösterreichischen Familienbetriebs Eska hat jetzt keine Zeit für Rechenspiele. Der 78-Jährige schlüpft mit seiner rechten Hand gerade in den speziell für die deutsche Bundeswehr entwickelten Scharfschützenhandschuh „Tarius” und beginnt zu erklären. Nein, vielmehr zu schwärmen. Von der exakten Passform, der feinen Naht, den verwendeten Materialien („die Hülle besteht aus einem Spezial-Gestrick mit IR-Remissionsschutz”), der Anziehhilfe aus Digitalleder und dem perforierten Schießfinger mit Bewegungsfalte und Straffvorrichtung, der für sicheres Gefühl am Abzug und damit einen perfekten Waffengebrauch sorgt. „Da ist uns echt was Tolles gelungen”, sagt er irgendwann und man merkt: Der „Tarius” ist für ihn weit mehr als nur ein Handschuh, er ist eine Herzensangelegenheit.
„Natürlich”, sagt der charismatische Oberösterreicher und lächelt schon wieder. „Wir stecken schließlich in die Entwicklung jedes Handschuhs sehr viel Herzblut. Die Ansprüche an Taktilität, Schutz und Funktionalität sind gerade im Militärbereich sehr hoch.” Das beweist auch die ebenfalls für die Bundeswehr ausgearbeitete Handschuhlinie „IdZ”, wie der mit seinem Vater namensgleiche Juniorchef Paul Loos beim Besuch von Militär Aktuell verrät: „Wir haben mit der Entwicklung vor rund zehn Jahren als Teil des deutschen Infanterie- Modernisierungsprogramms ,Infanterist der Zukunft’ (Anm.: daher auch die Abkürzung IdZ) begonnen. Alleine die Produktentwicklung dauerte sechs Jahre und schloss auch zahlreiche Tests unter anderem im Gebirge in Afghanistan ein. Immer wieder nahmen wir Änderungen und Verbesserungen vor.” Ein Aufwand, der sich nun bezahlt macht: Das Set ist schon jetzt in geringen Stückzahlen bei der Bundeswehr eingeführt, in den kommenden Jahren sollen alle deutschen Soldaten damit ausgestattet werden.
Ob Firmengründer Josef Eska 1912 geahnt hat, dass die von ihm im Sudetenland gegründete und heute von Paul Loos Junior in vierter Generation geführte Handschuhmacherei dereinst spezielle Scharfschützenhandschuhe herstellen wird und Produkte Tausende Kilometer entfernt am Hindukusch auf ihre Funktionalität und Einsatztauglichkeit geprüft werden? Wohl eher nicht, obwohl schon damals neben klassischen Lederhandschuhen auch Militärhandschuhe zum Angebot gehörten. Allerdings: So technisch ausgereift und durchdacht wie heute war die Ware damals freilich nicht. Die Militärhandschuhe unterschieden sich von der Straßenware bestenfalls farblich, abhängig vom Kundenwunsch wurden sie gefüttert oder ungefüttert ausgeliefert.
Heute ist die Auswahl mit rund 1.500 (!) unterschiedlichen Modellen eine ganz andere, der Fertigungsprozess viel aufwendiger: Ein Paar Handschuhe besteht aus bis zu 160 Einzelteilen.
Anstelle von ausschließlich Rehleder wie damals kommen heute robuste Hightech-Materialien wie Nomex, Gore-Tex, Kevlar und hochmoderne Beschichtungsmaterialtechniken zum Einsatz. Sie wirken hydrophob (wasserabweisend) und antistatisch, machen die Handschuhe feuerresistent, wasser- und winddicht, Schnittschutzfutter aus Kevlar sowie anatomisch vorgeformte Hartschalen-Knöchel- und Handballen-Protektoren erhöhen den Schutz. Neben Feuerwehr- und Arbeitsschutzhandschuhen finden sich im Angebot auch Wintersport-, Multifunktions- und Motorradhandschuhe, elegante Lederhandschuhe sowie Spezialhandschuhe für Polizei und Militär. Letztere machen rund die Hälfte der jährlich produzierten 400.000 bis 500.000 Eska-Handschuhpaare aus, die Herstellung erfolgt vornehmlich in Ungarn. In der Zentrale in Thalheim bei Wels mit ihren 30 Mitarbeitern sind die Produktentwicklung, eine Produktion für Kleinserien, die Logistik und das Warenlager angesiedelt. Sämtliche Materialien werden dort vor Verwendung penibel auf mögliche Fehler überprüft, Fehlgriffe könne man sich gerade im Behördenbereich keine erlauben, sagt Seniorchef Paul Loos bei einem Gang durch das Lager. Qualität gehe über alles. „Wir haben praktisch keine Produktrückläufe“, sagt er zwischen großen Rollen mit Futterware und Oberstoffen. „Bei den in den vergangenen Jahrzehnten an das Bundesheer gelieferten mehr als 150.000 Paar Einsatzhandschuhen gab es keine einzige Reklamation.”
Apropos Bundesheer: Neben Einsatzhandschuhen lieferte und liefert Eska auch Piloten- und Alpinhandschuhe an die rot-weiß-roten Streitkräfte. 2017 waren Produkte der Firma sogar Teil des vom Panzerbataillon 14 in der Welser Hessen-Kaserne gestellten erfolgreichen österreichischen Kontingents bei der „Strong Europe Tank Challenge”. Bei dieser von der US-Army jährlich ausgerichteten inoffiziellen Panzer-Weltmeisterschaft am deutschen Übungsplatz Grafenwöhr messen sich Panzerbesatzungen mehrerer Länder in unterschiedlichen einsatznahen Szenarien wie etwa Angriffs- und Verteidigungsschießen, Aufklärung, Präzisionsfahrten oder Versorgung eines Verwundeten. „Wir haben für die österreichischen Soldaten genau auf den Bewerb abgestimmt Spezialhandschuhe mit hoher Taktilität und Atmungsaktivität mit exakten Größen und teils langer Fingerausführung entwickelt”, sagt Seniorchef Paul Loos sichtlich stolz. „Den Ladenschützenhandschuh haben wir an der rechten Handkante beispielsweise Memory-verstärkt, um das Aufschlagen der Munitionshalterung in rascher Folge ohne Leistungsverlust zu ermöglichen.”
Neben Bundeswehr und Bundesheer sind Eska-Handschuhe auch bei anderen Streitkräften sehr beliebt: Kleinere Stückzahlen wurden an zahlreiche Armeen weltweit geliefert, in größerem Stil setzen vor allem die französischen (Paul Loos senior: „Dort geht Qualität über alles.”), slowenischen, deutschen und australischen Streitkräfte auf „Made in Austria”. Der Abschluss in „Down Under” ist den hochwertigen Eska-Feuerwehr-Handschuhen zu verdanken, die dort bei den Florianijüngern seit Jahren stark nachgefragt werden, wie Juniorchef Paul Loos erklärt: „Irgendwann begann sich dann auch die Armee für unsere Produkte zu interessieren und ähnlich verhält es sich nun auch in China, wo unsere Feuerwehr-Handschuhe für uns ebenfalls eine Art Eintrittsticket in den dortigen Markt sind.”
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