Das letzte Mal, dass sich im Luftraum über Europa militärisch so viel bewegte wie aktuell, war während des Jugoslawienkrieges, die Rede ist von der Operation „Allied Force” im Jahr 1999. Damals war das Internet im Vergleich zu heute aber noch in den Kinderschuhen. Heute kann der geneigte Zivilist zusehen und viele Luftbewegungen nachvollziehen. Plattformen wie globe.adsbexchange.com, radarbox.com, flightradar24.com, Twitter und andere Social Media-Plattformen machen es möglich, sich zumindest einen groben Überblick nicht nur des zivilen Geschehens zu verschaffen.
Kampfflugzeuge
Von den baltischen Staaten über Polen bis nach Rumänien sind an der vordersten Linie primär Jagdflugzeuge stationiert worden. Polnische, dänische und belgische F-16 sowie US F-15C, französische Mirage-2000 und britische Eurofighter in Estland, Lettland und Litauen. In Polen neben den heimischen F-16 auch US F-15C und F-15E sowie holländische F-16. In Rumänien US F-16 aus Aviano/Italien, deutsche Eurofighter aus Neuburg an der Donau sowie italienische und spanische Eurofighter.
In der Reihe dahinter operieren von Deutschland aus auch Eurofighter aus Lage, britische Eurofighter von ihren Heimatflughäfen in England, US F-35 von Spangdahlem in Deutschland sowie deutsche Tornados über Polen.
In Aviano/Italien wurden mittlerweile F/A-18E/F der US Navy stationiert sowie britische Eurofighter in Zypern. Beides offensichtlich Jagdbomberelemente, die den Schutz des Bosporus – der für die Durchfahrt russischer Kriegsschiffe gesperrt wurde – als auch die russische Südflanke und hier insbesondere die Krim mit dem wichtigen Marinehafen Sewastopol im Blickfeld haben.
Die aktuell dicksten Brummer stellen die USA mit B-52-Bombern auf der britischen Airbase Fairford. Sie erinnern sich noch an „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben”. Oder?
Zuletzt hat NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg die Anzahl der in den neun NATO-Ländern Osteuropas stationierten Kampfflugzeuge mit „mehr als 100” beziffert. Weniger werden es seitdem nicht geworden sein.
Kampfunterstützung
Mit etwa 20+ Tankflugzeugen, mindestens fünf unterschiedliche Typen aus USA, England, Holland, Deutschland und Frankreich werden zwei bis fünf permanente „Orbits” über Polen und Rumänien beschickt. Deren Einsatzbasen sind Mildenhall und Brize Norton in England, Eindhoven in Holland, Köln/Bonn, Wunstdorf, Geilenkirchen und Ramstein in Deutschland, Rota oder Moron in Südspanien sowie Akrotiri in Zypern. Deutschland unterhält zeitweilig Tankerbetrieb mit A400M ab Otopeni/Rumänen, die Maschinen sind aber auch im Logistikbetrieb zwischen Deutschland und Rumänien im Einsatz. Die Missionen dauern im Schnitt sechs bis acht Stunden. Diese fliegenden Tankstellen dienen vor allem den Kampfflugzeugen zum Auffüllen ihrer recht kleinen Tanks im Flug und verlängern deren Einsatzzeit von 90 bsi 120 Minuten auf zumindest drei Stunden und mehr.
Deren fliegende Augen sind mindestens sechs luftgestützten Frühwarnsysteme vom Typ AWACS, welche von Geilenkirchen in Deutschland aus fliegen sowie eine weitere Maschine, welches in Konya/Türkei stationiert ist. Diese betreuen mindestens ein, meisten zwei „Orbits” – je einen über Südpolen und Rumänien. Die Maschinen sind jeweils sechs bis neun Stunden in der Luft.
Eine ganz besondere Kategorie sind die elektronischen Aufklärer. Ihre Aufgabe ist es, die Signale von Funk-, Daten- und Radarsendeanlagen zu erfassen, deren Position und Typ zu bestimmen und die gesammelten Signale für weitere Analysen bis hin zur Entschlüsselung aufzuzeichnen. Zwei US Maschinen der Type Boeing RC-135W Rivet Joint kommen von Mildenhall/UK, eine weitere britische von Waddington/UK aus zum Einsatz. Von Sigonella/Sizilien aus operieren zwei RQ-4B Global Hawk Drohnen der USA sowie eine weitere der NATO. Ebenfalls in Sigonella, zwei bemannte Höhenaufklärer der USA vom Typ U-2S Dragon Lady.
Bisher ein Einzelstück ist ein fliegender Gefechtsstand der US Air Force vom Typ Boeing E-8C Joint Stars, der von Ramstein aus fliegt. Eigentlich war mit heuer das Karriereende dieser Maschinen geplant, ob es angesichts der jüngsten Ereignisse auch dabei bleibt, wird sich noch weisen müssen.
Dazwischen wieseln, rund um die Uhr, hin und her, unzählige Transport- und Verbindungsflugzeuge, um Personal und Gerätschaft von A nach B zu bringen.
Was man sieht und was man nicht sieht
Die der Kampfunterstützung dienenden Maschinen haben praktisch permanent ihren zivil erkennbaren Transponder im Betrieb und deren Einsätze sind auf den oben erwähnten Plattformen gut zu verfolgen. Die Kampfflugzeuge haben ihre Transponder nur sehr selten und wenn, dann eher weit westwärts der NATO-Ostgrenze im Betrieb. Und wenn doch, dann hinterlässt man ganz subtil offene Briefe für die „Kollegen” von der anderen Feldpostnummer. So wie der britische Eurofighter Typ FGR.4 mit der Kennung ZJ947 der am 24. Februar ein klassisches Angriffsprofil auf Kaliningrad flog. Mit zwei Luftbetankungen, eine kurz nach dem Start und eine nochmal südlich Bydgoscs/Polen war die Maschine nur mit schweren Lenkbomben beladen und hatte keinen einzigen Zusatztank unter den Flügeln.
Ebenfalls nicht zu sehen und zu hören – man muss aber davon ausgehen, dass sie stattfindet – ist die Einsatzbereitschaft auf den Basen Kleine Brogel in Belgien, Volkel in den Niederlanden, Büchel in Deutschland, Ghedi Torre und Aviano in Italien sowie Incirlik in der Türkei. Dort sind die taktischen Nuklearwaffen der Type B-61 und ihre Trägersysteme F-16, Tornado und F-35 stationiert.
Und Österreich?
Ab und an haben unsere Eurofighter ihre Transponder angelassen. Inzwischen ist auch hier „Funkstille”. Aber es gibt Spotter-Fotos, welche die Maschinen im Anflug/Abflug Zeltweg zeigen – sie sind beladen mit allem was wir haben und tragen können. Zwei Lenkwaffen vom Typ IRIS-T und drei Zusatztanks, macht mehr als vier Stunden Einsatzzeit – ganz ohne Luftbetankung. Aber sein sie beruhigt. Laut Verteidigungsministerium handelt es sich dabei nur um eine Übung. Bitte weiter gehen, es gibt hier nichts zu sehen.