Herr Oberleutnant, welche Zusammenhänge gibt es zwischen Klimawandel und Sicherheitspolitik?
Ich teile dies in fünf Bereiche:

  1. Klimabedingte Migration: Künftig wird es aus dem afrikanischen Raum verstärkt klimabedingte Migration nach Europa geben.
  2. Gefährdung der Stromversorgung: Extremwetterereignisse, aber auch der Umstieg auf erneuerbare Energien, können die Stromversorgung gefährden. Denn Energie aus Wind- und Solarkraft ist nicht, wie etwa ein Kohlekraftwerk, steuerbar. Dies führt zu Schwankungen im Netz. Nicht vergessen dürfen wir dabei die Gefahr eines Blackouts.
  3. Wasser: Hochwasser und Murenabgängen nehmen zu. Paradoxerweise gibt es auf der anderen Seite Wasserknappheiten. Besonders die östlichen Regionen Österreichs werden von der Knappheit verstärkt betroffen sein.
  4. Vulnerabilität von Gütern und Rohstoffen durch Exportabhängigkeit: Auch hier spielen Extremwetterereignisse in die internationalen Logistikketten hinein. Österreich ist beim Rohstoffimport stark abhängig von Sojabohnen und Palmöl. Bei Industrierohstoffen sind es Öl, Gas und seltene Erden.
  5. Infektionskrankheiten: Die fortschreitende Erderwärmung führt zu verstärktem Auftreten von Infektionskrankheiten, speziell von Vektorkrankheiten wie etwa dem West-Nil-Virus. Verbreitet wird dieses Virus von der Tigermücke. Derzeit hält sich die Verbreitung in Europa noch in Grenzen, aber in den nächsten Jahrzehnten wird es mehr.

Das klingt alles sehr düster und bedrohlich. Wie ernst muss man die Bedrohungen nehmen? Welche der genannten Auswirkungen werden uns am ehesten treffen?
Ich beobachte häufig, dass die Gefahren wenig ernst genommen werden. Allerdings: Die Gefahren, die auf uns zukommen, sind nicht aufhaltbar. Es müssen daher Maßnahmen gesetzt werden, und darauf reagiert werden. Als am wahrscheinlichsten schätze ich die Gefährdung der Stromversorgung durch den Umstieg auf erneuerbare Energien ein. Denn die Energiewende bringt Risiken, die sich schwer abschätzen lassen, aber beim Eintreten massive Probleme für Österreich bringen können. Die klimabedingte Migration ist ebenso schwer abzuschätzen, wann und in welcher Intensität sie stattfindet. Aber wenn, dann bringt sie große Veränderungen für Europa und Österreich.

„Als am wahrscheinlichsten schätze ich die Gefährdung der Stromversorgung durch den Umstieg auf erneuerbare Energien ein.“

Wie gut ist aus Ihrer Sicht Österreich vorbereitet? Und da Sie ja auch beim Bundesheer sind: Wie gut vorbereitet schätzen Sie das Bundesheer ein?
Beginnen wir beim Bundesheer. Dazu möchte ich auf zwei Konzepte des Bundesheers verweisen: Das Militärstrategische Konzept 2017 hat damals schon darauf hingewiesen, dass eine Früherkennung wesentlich ist. Der im Herbst des vergangenen Jahres erschienene Aufbauplan 2032 gibt nicht nur Investitionen in die militärische Ausrüstung vor, sondern auch die Resilienzsteigerung im Bereich der Infrastruktur des Bundesheeres. Dies wurde bisher durch die Schaffung von zwölf autarken Sicherheitsinseln umgesetzt. Bis 2025 sollen 100 weitere Liegenschaften autark gemacht werden. 16 Milliarden Euro sind dafür zusätzlich geplant. Im Bereich Hochwasserschutz hat sich in den vergangenen 20 Jahren enorm viel getan. Seit dem Jahrhunderthochwasser 2002 in Niederösterreich wurden viele Präventionsmaßnahmen gesetzt. Was es noch braucht, ist der weitere Ausbau der Schutzeinrichtungen bei Gebirgsbächen im Westen Österreichs und bei der Rohstoffversorgung muss in Richtung Regionalisieren von Vorlieferketten, sowie längerfristigen Lieferverträgen gedacht werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten

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Wie sieht es auf EU-Ebene aus? Gibt es dort Maßnahmen?
Die Maßnahmen der EU sind präventiv. Zwischen 2021 und 2027 werden 80 Milliarden Euro in klimabezogene Projekte investiert. Das sind rund 30 Prozent des Budgets für auswärtige Maßnahmen – also eine beachtliche Menge. Ein Beispiel ist das Green Wall Projekt in Afrika. Durch die Sahelzone wird ein 8.000 Kilometer langer Grünstreifen aufgeforstet. Dies soll das Mikroklima verbessern und dort die Ernährungssicherheit gewährleisten.

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Werfen wir noch einen Blick auf die NATO. Wie beschäftigt sich dieses Militärbündnis mit dem Thema?
Die NATO beschäftigt sich schon seit den 1960er-Jahren mit diesem Thema. In naher Zukunft wird sie ein selbständiges Kompetenzzentrum für Klimasicherheit einrichten, das als Verbindungselement zwischen den Mitgliedsländern fungiert. Es soll Ergebnisse aus Meteorologie, Ozeanografie und Klimawandelforschung zentralisieren. Ziel ist es, dass die Erkenntnisse in die jeweiligen Militärstrategien integriert werden.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.