Von 10. bis 16. Mai findet die 63. Internationale Soldatenwallfahrt in Lourdes statt. Militärbischof Werner Freistetter ist Leiter des 289 Mann und Frau starken Kontingents aus Österreich. Wir haben mit dem Geistlichen über die Faszination Lourdes und die Bedeutung der Soldatenwallfahrt in Zeiten großer globaler Unsicherheiten gesprochen.

Herr Bischof, die Militärwallfahrt in Lourdes ist in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg aus einem Friedensgedanken heraus entstanden. Braucht es diesen Gedanken angesichts des Ukraine-Kriegs und vieler Unsicherheiten heute mehr denn je?
Der Krieg in der Ukraine zeigt, wie fragil Friedensordnungen, auf die wir uns jahrzehntelang verlassen haben, sein können und natürlich geht uns der Krieg dort mehr unter die Haut als manch andere Konflikte, die sich anderswo in der Welt abspielen. Ähnlich war es aber auch in den 1990er-Jahren mit den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien. Auch damals hat man gemerkt, dass das Thema die Menschen beschäftigt und vor allem auch unseren Soldaten nahe gegangen ist, die ja zum Teil auch dort im Krisengebiet im Einsatz waren. Aber auch unabhängig davon ist das Friedensanliegen bei Soldaten immer da. Das ergibt sich ganz einfach aus ihrem Beruf heraus, den sie lernen und ausüben. Aus dem Umgang mit Waffen und aus der Vorbereitung für den Extremfall einer bewaffneten Verteidigung.

Kooperation von ÖBH und Bundesfeuerwehrverband

Warum lässt sich dieser Friedensgedanke gerade im Rahmen einer Soldatenwallfahrt so gut transportieren? Was macht Lourdes so speziell?
Ich weiß nicht, warum die Soldaten damals Lourdes als Ort für die Soldatenwallfahrt gewählt haben. Möglicherweise deshalb, weil es sich dabei um den größten französischen Wallfahrtsort handelt und möglicherweise auch, weil das Setting hier sehr stimmig ist. Mit der Grotte und der Quelle, dem heiligen Bezirk und der ganzen Umgebung wirkt Lourdes schon ganz von selbst. Dazu kommt die Geschichte mit dem jungen Mädchen Bernadette, das hier eine Begegnung hat, davon berichtet und anschließend von allen Seiten bedrängt und in die Ecke gestellt wird. Wie sie aber trotzdem durchhält, was ihr aufgetragen wird, ist beeindruckend und in Summe wirkt all das unter dem Strich mehr, als würde man die Wallfahrt einfach an einem x-beliebigen Ort machen.

Warum ist gerade in Österreich die Begeisterung für die Soldatenwallfahrt so groß? Österreich stellt ja im internationalen Vergleich eines der größten Kontingente.
Wir stellen traditionell ein sehr großes Kontingent und daran hat sicher die Militärseelsorge einen großen Anteil. Für uns ist das ein sehr wichtiges Ereignis im Jahresablauf, das möglicherweise auch deshalb so gut ankommt, weil in Österreich die Tradition der Marienwallfahrt noch sehr gelebt wird. Dabei handelt es sich fast schon um ein kollektiv verankertes Brauchtum, das gewisse Parallelen zur Wallfahrt nach Lourdes aufweist.

„Man spürt hier einen friedensstiftenden und verbindenden Charakter über Grenzen hinweg. Das ist am Ende des Tages die ganz große Botschaft hier – und wie der Krieg in der Ukraine zeigt, kann diese Botschaft nicht oft genug betont werden.“

Militärbischof Werner Freistetter

Sie waren 1973 zum ersten Mal hier in Lourdes. Was ist die schönste Erinnerung, die Sie persönlich mit dem Ort und den Wallfahrten verbinden?
Das ist eine gute Frage, weil es natürlich sehr viele schöne Erinnerungen gibt. Die schönsten Momente waren aber eigentlich immer die stillen Momente bei der Grotte, wenn dort die Stimmung gut gepasst hat und ich das Drumherum ausblenden und ganz für mich sein konnte.

Abschließende Frage: Lourdes ist ein Wallfahrtsort, zu dem man hinfährt, zu dem man pilgert. Aber ist Lourdes unter dem Strich nicht auch noch viel mehr? Eine Einstellung, die man im Kopf mitnimmt und die auch im militärischen Alltag weiterwirkt?
Das ist sicher richtig, die Erinnerungen bleiben sehr stark haften. Es können sich die meisten Soldaten, die nach Lourdes gereist sind, auch viele Jahre später noch ganz genau an die Tage hier erinnern und dabei spielt auch die internationale Dimension eine große Rolle. Man ist hier eben nicht „nur” mit den Kameraden von zuhause unterwegs, sondern erlebt auch einen friedensstiftenden und verbindenden Charakter über Grenzen hinweg, den man so anderswo kaum irgendwo erleben kann. Das ist am Ende des Tages die ganz große Botschaft hier – und wie der Krieg in der Ukraine zeigt, kann diese Botschaft nicht oft genug betont werden.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.

Quelle@Bundesheer/Trippolt