Regan Patrick ist Chief Learning Officer (CLO) beim global agierenden Trainings- und Missionssystemintegrator CAE Defence & Security. Wir haben mit ihm auf der aktuell laufenden Military Flight Training Conference in London über den Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf den militärischen Trainings- und Ausbildungsbereich gesprochen. „Man kann KI nicht ignorieren, aber sie kann auch eine Gefahr werden”, so Patrick gegenüber Militär Aktuell.

Herr Patrick, Sie haben hier auf der Konferenz in Ihrem Vortrag über die Trainings-DNA und deren Bestandteile erwähnt, dass Sie den Einzug von KI auch kritisch sehen und sogar etwas fürchten. Wie meinten Sie das?
Wir sind aktuell noch in einer Phase, in der es für uns als Gesellschaft insgesamt schwierig ist, die Fähigkeiten und den Einfluss von KI zu erkennen und richtig einzuschätzen. Das gilt natürlich auch für das militärische Training und die Ausbildung, da wird aktuell viel probiert, wie sich KI am besten einsetzen lässt, und wie sich damit auch die gewünschten Resultate erzielen lassen. Vor diesem Hintergrund können wir aktuell aber noch nicht sicher sein, wohin sich das alles entwickeln wird. Ungeachtet dessen wird KI aber in immer mehr Bereichen bereits eingesetzt und das macht durchaus Sorge.

@Georg Mader
Regan Patrick im Gespräch mit Militär Aktuell-Autor Georg Mader.

Welche Rolle spielt dabei, dass es für KI aktuell noch keine Regularien gibt, nur eine Art EU-Entschließung oder Empfehlung?
Das ist natürlich ein Problem und genau deshalb sehen wir in vielen Bereichen momentan auch einen ziemlichen Wildwuchs. Wir müssen als Industrie erst den besten Weg suchen, zusammen mit dem akademischen Bereich und der Wissenschaft, aber auch den Behörden. Die erkennen so wie wir das enorme Potenzial von KI, zugleich haben wir aber alle die Befürchtung, dass das Thema auch problematisch werden könnte. Trotzdem gibt es zu dem Thema momentan noch keine breite Kommunikation und es gibt daher auch noch keine Standards, an die man sich bei Entwicklungen „anhängen” und auf die man aufbauen könnte.

Können Sie ein Beispiel geben, wie sich KI möglicherweise negativ auswirken könnte?
Würde KI noch mehr als ohnehin schon als selbstverständliches Werkzeug angesehen und mit unkontrollierten Inhalten noch breiter oder struktureller genutzt, könnten Auszubildende und Pilotenanwärter, ja sogar Instruktoren, möglicherweise falsche Verhalten oder Prozeduren lernen und verinnerlichen. Sie wären dann im besten Glauben, das Richtige zu tun, ihr Verhalten wäre aber nicht mehr der realen Welt angepasst. Ihre Entscheidungen würden in dem Fall auf falschen Grundlagen und fehlerhaften Informationen beruhen. Das ist natürlich grundsätzlich ein Problem – auch und vor allem aber im Militärbereich mit seinen sensiblen Inhalten.

Amelie Eichinger-Noll aka Amy 9×19 im Gespräch

Könnten falsche Inhalte und fehlerhafte Informationen nicht auch von einem Gegner absichtlich eingebracht werden, um angehenden Militärpiloten oder Technikern falsche Informationen zu vermitteln?
Absolut. Natürlich könnten Akteure versuchen, unsere Inhalte gezielt zu manipulieren und zu „verunreinigen”. Das ist ein Aspekt von „Big Data” und Datensicherheit, den es in jedem Fall zu berücksichtigen gilt. Darauf müssen wir als Trainingsanbieter daher sehr genau schauen und das tun wir auch. Wir investieren daher erhebliche Mittel und Aufwände in unsere Mitarbeiter und die laufende Untersuchung dieses Bereiches, um diese mögliche Hintertür gar nicht erst zu einer Gefahr werden zu lassen.

Aber trotz aller Risiken wird man in Zukunft ganz ohne KI auch nicht mehr zeitgemäß ausbilden können, oder?
Sicher nicht. Im militärischen Umfeld können wir ebenso wie in künftigen Auseinandersetzungen die „Enabler”-Fähigkeiten von KI keinesfalls ignorieren, wir werden daher nicht darum herumkommen, sie zu nutzen. Um das aber möglichst sicher tun zu können, müssen wir gemeinsam mit unseren staatlichen Auftraggebern, mit unseren alliierten Partnern und auch mit unseren Mitbewerbern intelligentere und stabilere Wege finden, als wir sie jetzt beschreiten. Das klingt einfach, ist es aber nicht und wird uns daher sicher noch längere Zeit beschäftigen.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.

Quelle@Georg Mader