Amelie Eichinger-Noll ist in den sozialen Medien als „Amy9x19” bekannt – und der Name ist Programm: Die Österreicherin hat sich seit Kindheitstagen ganz dem Schießsport verschrieben und gilt aktuell als die einzige weibliche, zertifizierte Schießtrainerin auf dem zivilen Sektor des Verteidigungsschießens im deutschsprachigen Raum.

Frau Noll, im deutschsprachigen Raum sind Sie die erste weibliche Schießtrainerin am zivilen Sektor des Verteidigungsschießens. Woran denken Sie liegt es, dass in diesem Bereich keine weiteren Frauen tätig sind?
Auf anderen Sektoren wie zum Beispiel dem IPSC (International Practical Shooting Confederation) oder im Exekutivbereich gibt es bereits einige professionelle weibliche Ausbilderinnen. Ich denke, der Schießsektor wird immer moderner und offener, weg von einer eher vorurteilsbehafteten, überwiegend von Männern dominierten Thematik, hin zu einer offeneren und gesellschaftlich mehr anerkannten Freizeit-Beschäftigung. Ich denke nicht, dass es generell keine weiteren Frauen in diesem Arbeitssegment gibt, sondern vielleicht einfach noch nicht. Ich selbst hatte das große Glück, eine sehr intensive und professionelle Ausbildung genießen zu dürfen. Im Lehrgang, zu dem ich damals als einzige Frau in der Gruppe angetreten bin, habe ich mir alle notwendigen Kompetenzen, von Schießfertigkeit bis hin zur Didaktik, angeeignet und mir mit vielen, vielen Trainingsstunden, Lerneinheiten, Schweiß, Ehrgeiz und einer Prüfung in Theorie und Praxis den Titel „Trainerin” erarbeitet. Ich hoffe hier als positives Vorbild voranzugehen und noch viele verantwortungsvolle und motivierte Frauen zum Schießtrainerinnen-Dasein motivieren zu können.

„Ich hoffe hier als positives Vorbild voranzugehen und noch viele verantwortungsvolle und motivierte Frauen zum Schießtrainerinnen-Dasein motivieren zu können.“

Wie sind Sie zum Schießen gekommen und seit wann Schießen Sie beruflich?
Eigentlich war dieser Schritt familiär bedingt, da meine Eltern begeisterte Schützen sind und über Jahre einen eigenen Schießverein betrieben haben. Dadurch, dass mein Vater, Heinz Eichinger, selbst behördlicher Schießausbilder und aktiv im Dienst einer österreichischen Spezialeinheit ist, war das Thema Sicherheit und Schießsport nie ein Tabu, sondern ein ganz positiv besetzter Bestandteil meines Alltags. Ich hatte das Glück, bereits früh Pulverschmauch inhalieren zu dürfen, und so habe ich aus eigenem Interesse heraus im Alter von zwölf Jahren – in sicherem Rahmen und unter Anleitung meiner Eltern – meinen ersten Schuss abgegeben. Seither bin ich vom Thema Schießen absolut fasziniert. Beruflich verfolge ich meine Passion seit 2020 und bin jeden Tag dankbar für das Privileg, meine größte Leidenschaft auch meinen Hauptberuf nennen zu dürfen.

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Welchen Reiz hat das Schießen für Sie?
Da ich ein sehr zielstrebiger Mensch bin und mir immer wieder neue Ziele setze, habe ich in meinem Leben bereits mehrere Sportarten durchprobiert, um die passende für mich zu finden. Von Tennis über Wing-Tsun oder Jazzdance. Das Schießen allerdings hat mich sofort gefesselt, weil ich einerseits meine eigenen Kompetenzen immer weiter verbessern und mich mit mir selbst oder bei Wettbewerben messen kann, aber auch weil ich andererseits eine wundervolle Community um mich habe, die diese Passion mit mir teilt. Vom Solo-Training bis hin zum Trainieren in der Gruppe kann ich beim Schießen einfach ganz wunderbar abschalten. Da gibt es nur noch mich, meine Waffe und das Ziel – mit vollem Fokus auf die Momente auf der Schießanlage. Es hat fast schon meditative Züge.

„Ich hatte das Glück, bereits früh Pulverschmauch inhalieren zu dürfen.“

Sie betonen regelmäßig, wie wichtig beim Schießen „sicheres Handling” ist. Worauf kommt es denn beim Schießen besonders an?
Meiner Meinung nach sollte Sicherheit immer an oberster Stelle stehen, wenn es um das Thema Waffenhandhabung geht. Ich finde, dass es der persönliche Anspruch eines Schützen oder einer Schützin sein sollte, über den sicheren Umgang am eigenen Sport- oder Arbeitsgerät Bescheid zu wissen – ganz gleich, ob im rein sportlichen, jagdlichen oder Verteidigungs-Bereich. Hierzu zählen nicht nur die grundlegenden Basics, wie beispielsweise Finger- und Mündungsdisziplin, sondern auch Themen wie das sichere Laden und Entladen, bis hin zum Erkennen von Störungen und deren sichere Behebung. Nur die Anschaffung einer Waffe macht noch keinen begnadeten Schützen aus. Hier spielen Trockentraining, Ausbildung im scharfen Schuss, fachlicher Austausch und vieles mehr eine Rolle und nicht nur die Pistole, welche sicher im Safe verstaut zu Hause liegt. Die Thematik „Sicherheit” versuche ich auch auf meinen Social-Media-Kanälen unter dem Handle „Amy9x19” mit dem Motto „Safe handling & having fun” mit Fotobeiträgen, Trainingstipps oder kurzen Videos zu vermitteln. Der Schießsport darf und soll Spaß machen, das Training gefallen – und man kann Freude am Hobby empfinden, aber ebenso sollte man den verantwortungsvollen und vor allem sicheren Umgang am Gerät beherrschen. Also gerade zu Beginn eine gute Ausbildung, und dann Training, Training, Training.

„Wir sind keine Möchtegerns, sondern Profis, bei denen es wirklich für den blutigen Anfänger bis hin zur absoluten Profi-Schützin genug Angebote gibt, zu lernen und sich fortzubilden.“

Wer kommt zu Ihnen in die Schießausbildung? Und erkennen Sie einen Trend zu mehr oder weniger Schusswaffen beziehungsweise Schießtrainings?
Das Klientel in meinen Kursen ist wirklich bunt gemischt – im besten Sinne gesprochen sind das ganz „normale” Leute, die sich im Bereich Schießen fortbilden wollen. Vom Chirurgen hin zur Studentin, die mit ihrer Großmutter die Kurse besucht, haben wir in der Ausbildung wirklich alle Gesellschaftsgruppen vertreten. Gemeinsam mit mir steht hinter der Ausbildung ein großartiges Trainerteam. Die Trainer sind unter anderem Schießausbilder bei den österreichischen Militär-Spezialkräften sowie bei der Polizei, kommen aber auch aus dem zivilen Bereich. Wir sind Gründer der HESA (Heinz Eichinger Schießausbildung) und bieten das Verteidigungsschießen (Kurz- und Langwaffe) sowohl für Zivilpersonen vom Anfänger bis hin zu Fortgeschrittenen, als auch für Behörden in Spezialseminaren an. Auch unsere Events und Bewerbe sind inzwischen über die Landesgrenze hinweg bekannt. Wir kommen übrigens auch gerne direkt auf die jeweilige Heimatrange und Eventlocation, wenn gewünscht und möglich. Wer allerdings beim Begriff „Verteidigungsschießen” direkt an Helm, Plattenträger und Camouflage denkt, hat ein vollkommen falsches Bild im Kopf. Ich lade jeden herzlich ein, auf die Homepage hesa.amy9x19.com zu klicken oder einfach mal einen unserer Kurse oder eine Veranstaltung zu besuchen und uns kennenzulernen. Wir sind keine Möchtegerns, sondern Profis, bei denen es wirklich für den blutigen Anfänger bis hin zur absoluten Profi-Schützin genug Angebote gibt, zu lernen und sich fortzubilden. Bezüglich einer Tendenz zu mehr Schusswaffen im Allgemeinen bin ich wahrscheinlich die falsche Ansprechpartnerin – hier müsste eher der Waffenhandel befragt werden. Was ich allerdings schon feststellen kann – und das mit Freude – ist das zunehmende Interesse der Waffenbesitzer und Waffenbesitzerinnen, sich fortzubilden und den sicheren Umgang an der Waffe zu erlernen. Und genau dafür bin ich da.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.

Quelle@Amy9x19