Es war die zweite Militärübung auf ukrainischem Boden innerhalb von wenigen Wochen. Nur weinige Tage nachdem das multinationale Manöver „Sea Breeze” im Schwarzen Meer endete (Militär Aktuell berichtete), begann „Three Swords 2021” – eine Übung der Brigade LITPOLUKRBRIG, die aus Einheiten litauischer polnischer und ukrainischer Streitkräfte gebildet wird. Geübt wurde vom 17. bis 30. Juli in der Nähe des Internationalen Friedens- und Sicherheitszentrums in der ukrainischen Stadt Jaworiw im Oblast Lwiw. US-amerikanische Soldaten waren als Beobachter dabei.
Ziel der Übung war es, die Fähigkeiten der Militäreinheiten während eines gemeinsamen Verteidigungseinsatzes zu testen, ihre Interoperabilität zu verbessern, einen Wissens- und Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, und sie auf die Veränderungen des globalen Sicherheitsumfeldes vorzubereiten. Langfristig soll dadurch die militärische Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den teilnehmenden Staaten gestärkt werden. Auch die Möglichkeit, die Brigade künftig bei militärischen Operationen in einem internationalen Umfeld einzusetzen, ist vorgesehen.
Viel ist über die Übung nicht bekannt. Die Einzelheiten zur Planung und den Ergebnissen der durchspielten Szenarien würden nicht veröffentlicht, heißt es auf der Webseite von LITPOLUKRBRIG. Bekannt ist lediglich, dass mehr als 1.200 Militärangehörige und 200 Kampffahrzeuge beteiligt waren, dass das „gesamte Spektrum militärischer Fähigkeiten” genutzt wurde, und dass die Übung auf einem modifizierten OCCASUS-Szenario basierte. Das Setting beim OCCASUS-Szenario ist folgendes: Ein fiktiver Gegner erhöht in der Nachbarschaft des Gebietes der teilnehmenden Staaten seine Militärpräsenz und greift einen der Staaten mit Mitteln hybrider Kriegsführung an. Jenes Szenario wird auch im Rahmen von NATO-Manövern durchgespielt, etwa bei „Trident Juncture”, „Trident Jupiter” oder „Defender Europe”. Dass mit dem fiktiven Gegner Russland gemeint ist, versteht sich von selbst.
Die etwa 4.000 Mann starke LITPOLUKRBRIG hat ihren Sitz in Lublin, Polen. Die Brigade setzt sich aus einem internationalen Stab, drei Bataillonen und Spezialeinheiten zusammen. Die drei teilnehmenden Staaten stellen jeweils ein Infanteriebataillon sowie die Spezialeinheiten und das Personal für das Hauptquartier in Polen zur Verfügung. Die Manöverbataillone bestehen aus dem litauischen Bataillon Großherzogin Birute Uhlan, dem polnischen Schützenbataillon 5 Podhale und dem ukrainischen 1. Luftangrifftsbataillons der 80. Luftlandebrigade. Hinzu kommt eine Reihe von Gefechtsunterstützungs- und Logistikeinheiten. Die Kosten sind auf alle teilnehmenden Staaten verteilt, wobei Polen als Gastgeber den größten Beitrag stellt. Die Führung wechselt im Rotationsprinzip.
Die Idee zur Bildung der Brigade wurde bereits 2007 bei einem Treffen der litauischen, polnischen und ukrainischen Verteidigungsminister geboren. Bis zu ihrer Umsetzung vergingen jedoch einige Jahre. Aufwind erhielt die Idee erst durch Russlands Annexion der Krim und den Ausbruch des Konfliktes in der Ostukraine. Im Juni 2014 wurde schließlich ein Abkommen zur Gründung der Brigade durch die Verteidigungsminister der drei Ländern unterzeichnet; 2015 wurde sie gebildet. Die Benennung der LITPOLUKRBRIG nach dem Großhetman von Litauen Konstantin Ostroschski, der im 16. Jahrhundert als Anführer der polnisch-litauischen Streitkräfte in Schlachten gegen die Krimtataren und das Großfürstentum Moskau siegte, verleiht ihr eine symbolische Kraft.
Die gemeinsamen Übungen, die im Rahmen der trilateralen Brigade seit 2019 durchgeführt werden, sind besonders Kiew ein wichtiges Anliegen, zumal die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine immer weniger realistisch erscheint (Militär Aktuell berichtete). Eine Stärkung der militärischen Zusammenarbeit mit einzelnen Mitgliedern der Allianz hat aus diesem Grund für die ukrainische Führung, aber auch für Polen und Litauen angesichts der geografischen Nähe zur Ukraine einen hohen Stellenwert.
Die Bedeutung von LITPOLUKRBRIG ergibt sich für die Ukraine auch daraus, dass die Brigade an zahlreichen internationalen Militärmanövern beteiligt ist. Seit 2015 nimmt sie etwa an dem „Rapid Trident Manöver” der NATO unter der Führung der US-Armee teil, sowie an dem Training Maple Arch, das jedes Jahr von Kanada zur Schulung von NATO-Partnern organisiert wird. Ein anderes Beispiel ist das von den georgischen, den US-amerikanischen und anderen alliierten Streitkräften organisierte Manöver „Agile Spirit”, das in Georgien abgehalten wird. Darüber hinaus beteiligt sich LITPOLUKRBRIG seit 2019 im Rahmen der Joint Multinational Training Group – Ukraine (JMTG-U) – einer US-geführten multinationalen Task Force – an der Ausbildung ukrainischer Streitkräfte.