Ende September hat Militär Aktuell einen Tag im Flugzeugwerk von Leonardo in Venegono in Norditalien verbracht. Dort herrscht rund um die beiden Jet-Trainer M-345 und M-346 auffällige Betriebsamkeit – und auch Österreich war beim Besuch ein Thema.

@Leonardo
Montageband: Im Produktionswerk wird fleißig an den neuen T-345A der italienischen Luftstreitkräfte gebaut.

Geht es nach Leonardo, dann sollen die beiden neuen Jet-Trainer M-345 und M-346 schon bald bei zahlreichen Luftstreitkräften der Welt in Dienst stehen. Tatsächlich scheint der Markt riesig und die Nachfrage hoch: Einen ersten Exportauftrag für die leichte Fighter-Version des M-346 hat Leonardo jedenfalls bereits abgeschlossen, weitere Auslandsaufträge sind in Arbeit. Die italienische Luftwaffe hat zudem kürzlich damit begonnen, in Lecce-Galatina die ersten 18 Stück ihrer neuen T-345 (italienische Bezeichnung der M-345) einzuführen, welche am Ende auch die „Frecce Tricolori” ausrüsten werden.

Für den Vertriebsleiter der Flugzeugsparte Eduardo Munhos de Campos – ein gebürtiger Brasilianer, den Militär Aktuell seit Jahren gut kennt – kommen mittlerweile 102 verkaufte Maschinen und der hohe Zuspruch nicht überraschend. Potenzielle Kunden würden neben den Vorteilen und Verbesserungen für das Pilotentraining vor allem die Möglichkeit des budgetschonenden „Downloads” echter Kampfflugzeugstunden auf die beiden Leonardo-Trainer sehen, so de Campos. Das Feedback der ersten Nutzer bestätige die hohe Erwartungshaltung – und zwar sowohl bezüglich Flugleistung, Spezifikationen, Funktionen und Treibstoffeinsparungen als auch in Bezug auf die Redundanz in fast allen Systemen und mit Blick auf die höhere Sicherheit des M-346 aufgrund seiner zwei Triebwerke.

@Georg Mader
Leonardo-Manager Eduardo Munos de Campos im Gespräch mit MIlitär Aktuell-Autor Georg Mader.

Dazu kommt laut de Campos ein weiterer großer Vorteil: „Beide Modelle sind nicht nur als Flugzeug zu sehen, sondern als Teil eines revolutionären integrierten Systems.” Für das IPTS (Integrated Pilot Training System) werden am Boden moderne, hauseigen entwickelte Simulationssysteme verwendet, die – mit derselben Architektur und Darstellung wie im Flugzeug – einen großen Teil der Typeneinschulung (OCU – Operational Conversion Unit) in Doppelsitzern des Einsatzmusters obsolet machen. Die italienische Luftwaffe konnte dadurch ihre Stunden am Eurofighter-Doppelsitzer um 50 Prozent reduzieren und bei der israelischen Luftwaffe geht es für die Piloten nun nach der letzten Fortgeschrittenen-Phase IV von den 30 neuen M-346 Lavi gleich ohne Zwischenstation auf die Einsatzmuster.

Ähnlich soll es bald auch in Griechenland ablaufen, wo die Piloten von den zehn neuen M-346 direkt auf Rafale umsteigen werden. Der kleinere und einstrahlige M-345HET (High Efficieny Trainer) ist ein vom Modell S.211 aus den 1980er-Jahren (damals gingen 60 Stück an Haiti, die Philippinen und an Singapur) inspirierte Neuauflage, kommt allerdings mit mehr Verbundwerkstoffen und einem neuen ökonomischen Triebwerk daher. Konkurrent Aero setzt bei seinem L-39NG auf den gleichen Antrieb, der gegenüber der kürzlich in Österreich abgestellten Saab-105Ö allerdings etwas schwächer ausfällt. Sechs der ersten 18 von insgesamt 45 für die italienische Luftwaffe bestimmten T-345 sind bereits fertig und zwei Maschinen auch schon ausgeliefert. Dank bis zu 1,2 Tonnen Außenlasten und bereits zertifizierten Zusatztank- und Sensorbehältern ist der Typ auch als Waffentrainer einsetzbar.

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Der M-346AJT (Advanced Jet Trainer) setzt auf mehr Power und überhaupt in einer gänzlich anderen Liga spielt diesbezüglich die leichte Fighter-Version des M-346, die dank großer Schubkraft und Rollrate bei mehreren Übungen in Italien und Spanien auch bereits erfolgreich „Red Air”-Feinddarsteller spielte. Das große Plus des M-346 ist sicherlich das ETTS, die integrierte Simulationsplattform, an der zahlreiche Sensoren wie etwa das Bordradar oder Zielbeleuchtungsbehälter sowie eine Reihe von elektronischen Gegenmaßnahmen durchgespielt werden können. Alle diese Sensoren können auch mit anderen Fluggeräten des gleichen Typs so verwendet werden, als ob sie real wären und gleichzeitig auch mit Bodensimulatoren interagieren, um ein für die neueste Generation von Kampfjets typisches Umfeld zu schaffen und darzustellen.

Im Vergleich zu früheren Besuchen – Militär Aktuell hat dabei etwa die Jets mit den polnischen oder sogar israelischen Produktionskürzeln in der Fertigung fotografieren können – waren Kameras nun bei unserem aktuellen Besuch in Venegono ein „No-Go”. Uniformiertes Sicherheitspersonal begleitet Gäste und Gastgeber auf Schritt und Tritt und behält dabei auch die Mobiltelefone im Auge. Ein Laptop muss mit Seriennummer bei der Wache registriert, kann dann aber in einen Briefing-Raum mitgenommen werden – aber dort bleibt er auch. Laut Auskunft der Gastgeber haben die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen primär mit zwei aktuellen Aufträgen zu tun, die auf Kundenwunsch nicht kommentiert werden sollen. Daran ändert auch nichts, dass in Turkmenistan der Staatschef selbst seinen Flug in einer von zwei neuen „346ern“ (die Teil eines größeren Auftrags sein sollen) dokumentiert hat und dass die Buchstabenkürzel auf Rumpfteilen auf andere künftige Nutzer schließen lassen. Aufgrund des in Fachkreisen kolportieren Interesses aus Aserbaidschan, Nigeria und Katar kommt das Vorgehen der Italiener aber auch nicht überraschend.

@AMI
Zwei Typen – ein gemeinsamer Nenner: Mit dem M-345 (rechts) und dem M-346 (oben) deckt Leonardo eine große Bandbreite an Jet-Trainingsmöglichkeiten bis hin zu möglichen Einsätzen als Sensor- und Waffenträger sowie als leichte Kampfflugzeuge ab.

Aus Sicht von Leonardo überraschend ist hingegen das nach wie vor verhaltene Interesse Österreichs an den Jet-Trainern, die dem Bundesheer – da sind die dortigen Entscheidungsträger überzeugt – dabei helfen könnten, die Kosten für die als sehr teuer kolportierte Auslandsausbildung heimischer Piloten zu senken. Mögliche Synergien könnten sich zudem auch beim Weiterbetrieb oder Upgrade der Tranche-1-Eurofighter des Bundesheeres ergeben. Beides lasse sich ebenso wie der beabsichtigte Kauf der vor einem Jahr gewählten 18 AW169M-Hubschrauber im Rahmen eines Government-to-Government-Geschäfts abwickeln. Bei den Drehflüglern sollen übrigens die von der italienischen Version abweichenden Details mittlerweile ausverhandelt sein. Einen Vertrag zum Ersatz der heimischen Alouette III-Flotte – die geplantermaßen ab 2023 ausphasen soll – gibt es bei Redaktionsschluss aber trotzdem noch keinen.

Was es aber gibt, ist – zumindest für die nähere Zukunft – ein Training von immer zwei heimischen Pilotenschülern in Lecce-Galatina. Künftig dort aber nur auf M-345, der M-346-Betrieb wird 2022 zusammen mit Leonardos neuer und international orientierter Pilotenschule IFTS nach Decimomannu auf Sardinien umziehen. Mit uns bilden dann dort Argentinien, Frankreich, Griechenland, Kuwait, die Niederlande, Polen, Singapur, Spanien, teils die USAF, Katar und Deutschland sowie – ganz aktuell – Japan Jet-Nachwuchs der Phase IV auf insgesamt 22 Stück T-346A (italienische Bezeichnung der M-346) aus.

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Quelle@AMI, Leonardo, Georg Mader