Noch sind es – allerdings ziemlich dichte – Gerüchte, die zu Pfingsten zuerst in „Il Fatto Quotidiano” aufkamen und seither von der Fachpresse fleißig diskutiert werden. Demnach steht – nach dreijährigen Verhandlungen – die Unterzeichnung eines großen Vertrages über italienische Rüstungsgüter mit Ägypten unmittelbar bevor.
„Il Fatto Quotidiano” zitierte einen italienischen Regierungsbeamten mit den Worten, dass der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi auf die Bestätigung des italienischen Premierministers Mario Dargi warte, um den Deal abzuschließen. Es wird erwartet, dass das Abkommen 24 Eurofighter Typhoon-Flugzeuge beinhalten wird und Teil eines umfassenderen Abkommens im Wert von etwa zehn bis zwölf Milliarden Euro wäre, das auch vier FREMM-Fregatten, 20 bewaffnete Patrouillenboote, 20 M-346-Trainingsflugzeuge und einen militärischen Beobachtungssatelliten umfassen soll.
Leonardo ist mit 21 Prozent Teil des Eurofighter-Konsortiums, liefert aber beispielsweise 60 Prozent der Avionik des Typhoon. Man ist seit drei Jahren in Gesprächen mit Ägypten für den Verkauf. Eine offizielle Bestätigung wäre der größte Waffenkauf in der jüngeren Geschichte Ägyptens und der größte Deal für die italienische Verteidigungsindustrie seit dem Zweiten Weltkrieg. Denn das gesamte Angebotsverfahren wurde von Leonardo geleitet, das Unternehmen soll auch etwa 60 Prozent des finanziellen Volumens erhalten – sofern der Vertrag tatsächlich in Kraft tritt. Vor diesem Hintergrund hat die Banca Akros geschätzt, dass ein Vertrag mit diesen Eckdaten einen Vorschuss von rund zehn bis 15 Prozent (280 bis 420 Millionen Euro) vorsehen kann. Internationale Aerospace-Journalistenkollegen erwarten allerdings noch eine mögliche Intervention Frankreichs, um in Kairo seine Rafále-Jets ins Spiel zu bringen.
Gut für M-346 – und für Österreich?
In Italien werden zurzeit bereits die 28 Eurofighter T3 mit der Erstversion des E-Scan-Radars für Ägypten gebaut. Was die – auch in Österreich bezüglich Re-Nationalisierung des Trainings und des Personal-Wiederaufwuchs sowie Substitut für die zu wenigen T1-Eurofighter wiederholt thematisierten – M-346-Trainer betrifft (sie gäbe es auch mit Radar), wäre eine Kontinuität der Produktion (zur Zeit für Katar und Griechenland) begrüßenswert, bis jene eventuell – nach den AW-169-Hubschraubern – auch im „Korb” des Ende des vergangenen Jahres geschlossenen G2G-Rahmenvertrags mit Italien landen könnten. Die heimische Luftwaffe ist ja diesmal wieder – auch im Flight Display – ein Teilnehmer am kommenden RIAT in Fairford, gut möglich dass es dort Hintergrundgespräche zu dem Thema geben wird.
Warum diese Diversifizierung?
Militär Aktuell hat einen Kontakt in Ägypten aktiviert und gefragt, warum sich Kairo – Katar macht das auch, aber das Land ist finanziell ungleich besser aufgestellt – so viele verschiedene westliche und östliche Kampflugzeugmuster und deren Logistik „antue”? Neben den – wenn die Tinte trocken ist – neuen Eurofighter-Jets gehören dazu immer auch noch Su-35, von denen Ägypten offenbar trotz US-CAATSA-Sanktionsdrohungen und dem Ukraine-Krieg nicht die Finger lassen möchte. Einige Vertreter Ägyptens sollen deshalb zuletzt wieder in Komsomolsk und Krasnodar gewesen sein.
Die Replik war schnell und sehr bestimmt: „Unsere Luftwaffe braucht moderne Jagdflugzeuge. Unsere große Flotte von F-16 Block 52 ist ziemlich nutzlos, denn wir haben keine BVR-Flugkörper und wir können besagte Jäger nicht ohne US-Aufsicht/Erlaubnis einsetzen. Ironischerweise sind unsere alten Mig-29M2 unser wertvollstes Gut, da wir sie benutzen können, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen, und die Russen uns moderne Bewaffnung verkauften. Leider ist das nun nicht mehr der Fall, da sie aktuell keine Waffen mehr verkaufen können und diese niemand möchte. Die ägytische Luftwaffe (EAF) will damit eine Diversifizierung ihres Arsenals erreichen, um sicherzustellen, dass sie nicht von einer einzelnen Nation abhängig ist. Wir haben überteuerte aber heruntergestufte ,Schrott-Jets’ aus den USA und wir haben Jäger aus Russland ohne oder mit fragwürdiger Versorgung. Aber wir haben fortschrittliche Rafále-Jets und Mistral-Hubschrauberträger aus Frankreich, wir haben U-Boote aus Deutschland und wir haben im Inland APCs gebaut. Der Deal mit Italien ist ein weiterer Schritt für Ägypten, um sein Arsenal zu verbreitern. Außerdem ist der Eurofighter ein wirklich guter Jet, viel besser als unsere herabgestuften F-16. Der Eurofighter stellt sicher, dass wir von unseren Feinden nicht übertroffen werden. Zur Verdeutlichung: Mit Feinden meine ich nicht Israel, ich meine die Türkei, den Iran und libysche/syrische/palästinensische/sudanesische Terroristen. Hinzu kommt, dass die EU und der Osten ihre modernsten Waffen verkaufen und dazu Munition und alles zu einem guten Preis. Im Gegensatz zu den USA, die uns keine modernen Raketen wie die AMRAAM C7/9 verkaufen – außer wir nehnem nur deshalb F-15 ab, aber dieses Spiel werden wir nicht spielen.”
Hier geht es zu weiteren Meldungen rund um Leonardo.