Indien macht bei der Entwicklung einer eigenen Stealth-Kampfdrohne große Fortschritte: Das zweistufige Swift-Programm hat mit dem siebenten und erfolgreichen Testflug eines Demonstrators „mittlere Reife” erreicht und wird nun in Richtung eines bewaffnungsfähigen Großsystems mit 13 Tonnen Startgewicht weiterentwickelt.
Die staatliche Defence Research and Development Organisation (DRDO) hat am 15. Dezember auf der Aeronautical Test Range Chitradurga in Karnataka erfolgreich einen Flugversuch mit dem untermaßstäblichen sogenannten Autonomous Flying Wing Technology Demonstrator Swift (Stealth Wing Flying Testbed) unternommen, einem unbemannten Hochgeschwindigkeits-Nurflügler-Luftfahrzeug (UAV). Die erfolgreiche Flugdemonstration gilt als Beleg für den erreichten technologischen Reifegrad der autonomen Tarnkappendrohne. Damit sei Indien in den elitären Club der Länder eingetreten, die die Steuerung für die leitwerkslose Nurflügler-Technologie beherrschen, heißt es in lokalen Medien.
Zuerst Swift …
Das UAV wude von der Aeronautical Development Establishment (ADE) des DRDO entworfen und entwickelt. Der Erstflug erfolgte bereits im kleinen Kreis im Juli 2022, gefolgt von sechs Flugversuchen von zwei Prototypen sowie Demonstratoren in verschiedenen Entwicklungskonfigurationen. Diese Flugtests führten zu Fortschritten bei der Entwicklung eines robusten Aerodynamik- und Steuerungssystems, integrierter Echtzeit- und Hardware-in-Loop-Simulation sowie einer modernen Bodenkontrollstation. Das Team hatte die Avioniksysteme, die Integration und den Flugbetrieb für jenen nun erfolgreichen siebten Flug in der endgültigen Konfiguration optimiert. Die dabei gelungene autonome Landung dieses Hochgeschwindigkeits-UAV, ohne dass Bodenradare, Infrastruktur oder Pilot eingreifen mussten, zeige laut offiziellen Angaben „eine einzigartige Fähigkeitsdemonstration, die das Starten und Landen von jeder Start- und Landebahn mit vermessenen Koordinaten ermöglicht”. Möglich wurde dies durch die Fusion von Onboard-Sensordaten mit indigener satellitengestützter Augmentation unter Verwendung von GAGAN-Empfängern (GPS Aided GEO Augmented Navigation), um die Genauigkeit und Integrität der GPS-Navigation zu verbessern.
Der rund eine Tonne schwere Prototyp besteht aus im Land entwickelten leichtem Carbon-Prepreg-Verbundmaterial, in dessen Struktur Faser-Interrogatoren für die Zustandsüberwachung eingearbeitet sind, was als beispielhaft für die Eigenständigkeit der heimischen Luft- und Raumfahrttechnologie bezeichnet wird. Angetrieben wird das System vom russischen Marschflugkörper-Triebwerk NPO Saturn MT36. Der Sekretär des Verteidigungsministeriums, Forschung und Entwicklung (und Vorsitzender des DRDO) Samir V. Kamat, gratulierten dem DRDO und den Forschungs- und Entwicklungsteams des Indian Institute of Technology (IIT) Bombay und IIT Kanpur zu den erfolgreichen Flugtests und der erreichten Vorstufe.
… dann Ghatak
Vorstufe deswegen, weil der Swift-Demonstrator nun hinsichtlich seiner Fähigkeiten weiter entwickelt werden wird, hin zu einer Plattform mit Bewaffnungsfähigkeit als unbemanntes Kampfflugzeug (UCAV) für die Luftwaffe und sogar schiffsgestützt für die Marine. Dieses Autonomous Unmanned Research Aircraft (AURA) wird dann aber Ghatak heißen und mit 13 Tonnen Startgewicht deutlich größer sein. Es soll Flughöhen bis zu 9.000 Meter erreichen und den Einsatz von Präzisionswaffen über einen Radius von mehr als 1.000 Kilometern bei Supercruise-Geschwindigkeiten von bis zu Mach 1,2 möglich machen.
Ghatak ist in Indien ein klassifiziertes Projekt, daher sind nur wenige Informationen darüber verfügbar. Allerdings haben die Verantwortlichen bei der Entwicklung sicherlich das bereits seit 2013 weiter fortgeschrittene chinesische UCAV-Projekt Shenyang/Hongdu GJ-11 „Scharfes Schwert” (siehe auch Video unten) im Hinterkopf. Ein Ghatak-Modell in Originalgröße wird bereits in einer Anlage in Südindien getestet, um bezüglich Radarquerschnittsreduzierungsmerkmalen (RCS) Technologien zur Ablenkung und Detektion von Radarwellen zu entwickeln, worin auch die Entwicklung radarabsorbierender Farben einfließt. Das Serienmodell wird über Fähigkeiten wie netzwerkzentrierte Datenverbindungen, Führung und Kontrolle, internen Waffentransport und KI-unerstützte Auslösung derselben sowie vollständig autonome unbemannte Flüge auf größere Entfernungen, Satellitenverbindungen, Navigationssysteme und elektrooptische Zielerfassung sowie wahrscheinlich Electronic Warfare (EW)-Suiten verfügen.
Auch eine Schubvektorregelung hinter dem – nachdem es lange das Kampfflugzeug LCA-Tejas verzögerte – offenbar „zurückgekehrten” GTX-35VS Kaveri-Triebwerk mit 48 kN ist ein weiterer Mechanismus, der nach jüngsten Angaben bis zu einem für 2025/2026 beabsichtigtem Flugtestprogramm für Ghatak entwickelt wird.
Wie immer hier die Anmerkung, dass Zeitangaben zu den „byzantinischen Entwicklungsabläufen” (britische Kollegen mit Blick auf die Abfolge der diversen indischen Defence Procurement Prodcedures) indischer Programme und Prozesse immer nur mit Vorbehalt zu genießen sind.