Sie sind seit Jahrzehnten das Hauptinstrument der USA um Macht zu demonstrieren und in allen Weltteilen militärische Präsenz zu zeigen: Die Marine-Kampfgruppen rund um die zehn nuklearbetriebenen Flugzeugträger der Nimitz-Klasse, CVN 68 bis CVN 77. Eigentlich sollten die Träger bald in den Ruhestand gehen, nun sieht es aber nach einer Verlängerung ihrer Einsatzzeit aus.

Der erste und somit älteste Nimitz-Träger wurde 1975 in Dienst gestellt und mit der „Gerald R. Ford” (CVN 78) erst 2017 der erste Nachfolger einer neuen Klasse (CVN-X) beauftragt. Nach vielen Schwierigkeiten – beispielsweise durch die nicht mehr Dampf- sondern elektromagnetisch betriebenen Katapulte, Fangeinrichtungen und Aufzüge – verzögerte sich die Indienststellung der „Gerald R. Ford” allerdings erheblich. Eine erste Einsatzfähigkeit wurde daher erst vor zwei Jahren erreicht, der geplante Einsatz von Lockheed Martin F-35C ist trotzdem immer noch nicht möglich. Zudem wurden die budgetierten Kosten von ursprünglich geplanten 9,8 Milliarden Euro deutlich überschritten – der neue Träger kostete letztlich stolze 12,4 Milliarden Euro. Und auch bei der Produktion des zweiten Ford-Klasse-Trägers „USS John F. Kennedy” läuft nicht alles wie geplant. CVN 79 wurde im Dezember 2019 getauft und soll nun 2025 ausgeliefert werden – ein Jahr später als geplant, die „USS Enterprise” (CVN 80) kommt mit 2028 ebenfalls mindestens ein Jahr später als erwartet.

@Georg Mader
Blick auf CVN 75 – auch die „USS Harry S. Truman” könnte vor einer Lebensdauerverlängerung stehen.

Angesichts der Verzögerungen und Kostenüberschreitung und dem durch die unsichere globale Sicherheitslage zuletzt gestiegenen Bedarf an Trägergeschwadern ist es äußerst unwahrscheinlich geworden, dass das älteste Nimitz-Klasse-Schiff – die „USS Nimitz” (CVN 68) bald wie geplant in den Ruhestand geht. Der aktuelle Plan der US Navy sieht daher für CVN 68 nun Inestitionen von knapp 200 Millionen Euro für Erweiterungsarbeiten im Rahmen eines fünfeinhalbmonatigen Wartungsplans vor, wie aus einem Bericht an den Kongress vom März 2023 hervorgeht. Im Haushaltsplan 2023 der Marine wurde bereits gefordert, die 1975 in Dienst gestellte CVN 68 für einen weiteren Einsatzzyklus zu verlängern, anstatt das Schiff wie ursprünglich geplant im Jahr 2025 außer Dienst zu stellen. Der bevorstehende Budgetantrag dürfte auch eine Entscheidung über die Verlängerung des nächsten Schiffes der Klasse, der „USS Dwight D. Eisenhower” („Ike”), über das geplante Enddatum 2027 hinaus beinhalten.

Name Kennung Auftrag Kiellegung Stapellauf Indienst-
stellung
„USS Nimitz” CVN 68 31. März 1967 22. Juni 1968 13. Mai 1972 3. Mai 1975
„USS Dwight D. Eisenhower” CVN 69 29. Juni 1970 15. Aug. 1970 11. Okt. 1975 18. Okt. 1977
„USS Carl Vinson” CVN 70 5. April 1974 11. Okt. 1975 15. März 1980 13. März 1982
„USS Theodore Roosevelt” CVN 71 30. Sep. 1980 31. Okt. 1981 27. Okt. 1984 25. Okt. 1986
„USS Abraham Lincoln” CVN 72 27. Nov. 1982 3. Nov. 1984 13. Feb. 1988 11. Nov. 1989
„USS George Washington” CVN 73 27. Dez. 1982 25. Aug. 1986 21. Juli 1990 4. Juli 1992
„USS John C. Stennis” CVN 74 30. Juni 1988 13. März 1991 13. Nov. 1993 9. Dez. 1995
„USS Harry S. Truman” CVN 75 30. Juni 1988 29. Nov. 1993 7. Sep. 1996 25. Juli 1998
„USS Ronald Reagan” CVN 76 12. Aug. 1994 12. Feb. 1998 10. März 2001 12. Juli 2003
„USS George H. W. Bush” CVN 77 26. Feb. 2001 19. Mai 2003 9. Okt. 2006 10. Jän. 2009

 

@Georg Mader
Wenn es darum geht, global Stärke zu zeigen, bringen die USA ihre Flugzeugträger zum Einsatz.

„Nimitz zu verlängern und auch ,Ike’ (CVN 69) hinauszuschieben wird nicht reichen, das wird für jeden Träger der Nimitz-Klasse passieren, mindestens eine Verlängerung!”, sagte Vizeadmiral Kenneth Whitesell, während des Tailhook-Symposiums Ende August, kurz bevor er aus dem Dienst ausschied. „Flugzeugträger sind der Dreh- und Angelpunkt von allem, was wir in der Marineluftfahrt tun, ihre Anzahl und Verfügbarkeit ist essentiell”, so auch Konteradmiral Michael Donnelly, Director of Naval Air Warfare.

Erschwerend zu den oben genannten Problemen kommt hinzu, dass die Navy aktuell auch Probleme mit der einmaligen Wartung ihrer Schiffe in der Mitte ihrer Lebensdauer hat. Die „USS George Washington” (CVN 73) beendete ihren nuklearen Betankungs- und Komplexüberholungsprozess im Mai, etwa zwei Jahre später als erwartet. „Wir sind da abhängig von Newport News, Virginia”, sagte Whitesell über die Probleme und meinte damit den Huntington Ingalls Industries Newport News Shipbuilding Yard. Um diese Probleme bei der Betankung und komplexen Überholung anzugehen, führt die Navy einen leistungsbasierten Vertrag für die nächste geplante Überholung ein – dabei geht es um die „USS John C. Stennis” (CVN 74).

Großübung „Walgau 2023“ erfolgreich beendet

„Where are the carriers?”
Die Nachfrage nach Flugzeugträgern wird wahrscheinlich nicht so schnell nachlassen, wie die Zusammenarbeit von „Gerald R. Ford” und „USS Dwight D. Eisenhower” aktuell im Mittelmeer zeigt. Hier sei dazu nur die anwachsende Rivalität mit China im Westpazifik zu erwähnen. Die Navy steht dabei aber unter Druck, ihren Plan für eine permanente Trägerpräsenz an drei Drehkreuzen zu erfüllen – dem westlichen Pazifik, dem Nahen Osten und Europa. Um diese Präsenz aufrechtzuerhalten, benötigt die Navy – unter Berücksichtigung der Wartungs- und Bereitstellungsphasen – eigentlich 15 Träger. Dieser Plan wurde bereits 1993 unter dem damaligen Verteidigungsminister Les Aspin skizziert. Die Marinepolitik hat sich indes auf den „Fleet Response Plan” verlagert, der sich darauf konzentriert, Flugzeugträger bei Bedarf vorrücken zu können, wie bei den sechs Trägern, die 1991 für die Operation „Desert Storm” eingesetzt wurden oder den fünf Flugzeugträgern die 2003 für die Operation „Iraqi Freedom” eingesetzt wurden. Die derzeitige Flottengröße von elf Gruppen unterstreicht dieses Modell und da „die Reaktorzeit auf den Schiffen noch ausreicht, sind mehrere Erweiterungen möglich”, so Whitesell.


Billiger weiter zu fahren
„In gewisser Weise könnte es einfacher und vielleicht sogar billiger sein, die Träger in Betrieb zu halten, als sie außer Dienst zu stellen”, sagte Bryan Clark, Senior Fellow und Direktor des Center for Defense Concepts and Technology des Hudson Institutes. Einen großen, nuklear betriebenen Flugzeugträger zu zerlegen, sei eine langwierige, teure und schwierige Aufgabe, zu der nur wenige Unternehmen in der Lage sind. Nur drei Konzerne antworteten beispielsweise kürzlich auf eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen, die alte „USS Enterprise” (CVN 65, acht kleine Reaktoren) außer Dienst zu stellen. Dieser Prozess erfordert die Demontage der Reaktoren, bevor sie in ein Atommülllager gebracht werden, während das Schiff lange Zeit einen Platz in einem Trockendock einnimmt.

Neun Flugzeuggeschwader für elf Träger
Während man also über die zukünftige Trägerflottengröße nachdenkt, steht man auch vor mathematischen Problemen mit den Luftgeschwadern. Lange Zeit verfügte man über ein Trägergeschwader mehr als Flugzeugträger, bevor entschieden wurde, dass man nicht so viele Flugzeuge behalten müsse. Die Navy verfügt seitdem nur mehr über neun Geschwader, die auf elf Flugzeugträgern eingesetzt werden, was bedeutet, dass stets mit maximaler Verfügbarkeit kalkuliert wird. Allerdings sind nicht alle Geschwader mit genügend Kampfflugzeugen bestückt. Die derzeitige F-35C-Produktion (jenes dritte Modell mit dem vergrößerten Flügel und Fanghaken) wird durch die Kapazität von Lockheed Martin und der Probleme bei der Entwicklung neuer Fähigkeiten und eines neuen – ob der stärkeren Kühlleistung – Triebwerks im Block-4-Paket begrenzt. Inzwischen erreichen die Super Hornets ihr Lebensdauerende, da sich auch Boeings Block-III-Upgrade-Prozess als zeitaufwändiger erwiesen hat als ursprünglich erwartet – während die Navy die Neuproduktion beenden will. Für den Moment bedeutet all dies, dass die Marine Flugzeuge in ihren Staffeln rotiert, um die unterwegs befindlichen Schiffe zu bevölkern. „Ein praktikabler Ansatz für einige Zeit, aber er ist nicht unbedingt nachhaltig”, so Bryan Clark.

@Georg Mader
Super Hornet beim Abflug – mittel- bis langfristig wird die US Navy das Trägermodell ausscheiden.

Unbemannter Ersatz?
Die Navy plant, den potenziellen Engpässen zu begegnen, indem sie sich stark auf unbemannte Einsatzmittel stützt. Der Navigationsplan 2022, verfasst vom damaligen Chief of Naval Operations, Admiral Mike Gilday, sah vor, dass die Trägergeschwader zu 60 Prozent unbemannt und nur mehr zu 40 Prozent bemannt sein sollten. Nachdem die erfolgreichen Träger-Versuche mit der Stealth-Kampfdrohne X-47B von Northrop-Grumman (Projekt UCLASS) zum Erstaunen und Ärger vieler Marinefachleute nicht zu einer Einsatzrolle weiterverfolgt wurden, hängt dieser Plan vorerst von der Boeing MQ-25 Stingray ab, die der Wegbereiter für unbemannte trägergestützte Operationen sein soll, bevor neue Programme wie Collaborative Combat Aircraft entwickelt werden, an denen die Navy mit der Air Force arbeitet. Es wird erwartet, dass diese unbemannten Flugzeuge vom Typ „Loyal Wingman”, die neben F-35-Flugzeugen und Next-Generation-Air-Dominance-Plattformen fliegen sollen, ab Ende des Jahrzehnts eingesetzt werden. Viel Neues auf den Decks, also.

Quelle@Georg Mader