Langsamer, weniger geländefähig und zu wenig Zuladung, das alles waren Merkmale des 2CV im Vergleich zu damaligen Standardgeländewagen. Aber der Wagen hatte einen großen Vorteil: Er wog nur knapp 550 Kilogramm, während die anderen Wagen fast das Doppelte auf die Waage brachten. Durch eine unkonventionelle Testreihe wurde der 2CV schließlich sogar im Eliteverband der britischen Marine, den Royal Navy Commandos, eingesetzt.

Eine niederländische Zeitung berichtete Ende der 1950er-Jahre etwas enthusiastisch: „An einem schönen Tag im Jahre 1959 kreuzt ein 27.000 Tonnen Flugzeugträger vor der englischen Küste. Es ist die ,Bulwark’, der Stolz der Marine Ihrer Majestät. An Bord sind Hunderte von Männern beschäftigt, sie trainieren geleitet durch Pfeifensignale. Die britische Admiralität übt das Ausschiffen per Luft. Das Ziel ist, Zielpunkte 150 Kilometer inland von den Flugzeugträgern zu erreichen. Solch eine Operation verlangt Material, das leicht und gleichzeitig sehr stark ist. In einer Reihe, am Ende des Flugdecks, nicht weit vom Startpunkt der Helikopter und der Marines im Kampfanzug warten 16 2CVs. Einer nach dem anderen werden sie an Helikopter untergehängt und auf ein Signal hebt jeder Hubschrauber seinen 2CV in die Luft … Am Ende der Luftreise, manchmal nach einer harten Landung, startet der harte Teil der Prüfung: der Landweg zum Ziel. Die Royal Navy testete den 2CV und erprobte die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs und seine Haltbarkeit. Und der 2CV bestand den Test. So verdiente sich der 2CV einen Platz im Eliteverband der britischen Marine: den Royal Navy Commandos.”

Natürlich gab und gibt es in fast allen Armeen Fahrzeuge, die für den harten Feldeinsatz weder tauglich noch ursprünglich gedacht sind, wie der selbstfahrenden Rasenmäher oder auch die Müllwagen. Diese nur am Rande zu den Militärfahrzeugen zählenden Vehikel sind zur Aufrechterhaltung des täglichen Dienstbetriebes in Friedens-, aber auch in Kriegszeiten notwendig (und vor allem billiger als wirklich geländegängige Fahrzeuge). Militärisch wirken sie eigentlich nur durch die Lackierung und die taktischen Zeichen.

@Alf van Beem
Ein 2CV mit einem Geschütz auf der Ladefläche.

Daneben gab es aber auch Militärversionen von echten Kultautos, deren Existenz einigen spezifischen technischen Details zu verdanken ist: Die im Jahre 1957 aufgestellte GHAN-1 (Groupement d´Hélicoptères de l´Aéronavale No 1) verwendete auf Initiative ihres Kommandeurs Korvettenkapitän Eugène-Pierre Babot im Algerienkrieg ab 1959 2CV-Pickups mit auf der Ladefläche montierten 57-Millimeter- beziehungsweise 75-Millimeter-Leichtgeschützen, später sogar mit 20-Millimeter-Maschinenkanone – der bei Matra gebauten Kopie des alten deutschen MG 151. Wie viele dieser Fahrzeuge es gab ist nicht bekannt, auf Fotos ist nur eines zu sehen (an dem Namen des Fahrzeugs zu erkennen, „Jules”).

Der Grund, warum man nicht auf den Standardgeländewagen der französischen Armee (den Willys Jeep, beziehungsweise dessen französischen Lizenzbau, den Hotchkiss-Jeep) zurückgriff, war einfach: die Jeeps waren zwar wesentlich geländegängiger, schneller und hatten eine größere Zuladung, aber sie waren zu schwer: Der Willys Jeep wog 1.040 Kilogramm, der Hochtkiss-Jeep sogar 1.160 Kilogramm. Der 2CV hatte in der damaligen Version nur rund 560 Kilogramm Leergewicht. Die Helikopter der GHAN-1 (hauptsächlich Sikorsky HSS-1) konnten Jeeps nicht als untergehängte Last tragen, dafür waren sie nicht leistungsfähig genug. Ein ähnliches Problem hatten auch andere Alliierte.

Interview: „Wir sind nicht nur in der Nische gut“

Im Jahre 1957 rüstete die Royal Navy zwei ihrer Flugzeugträger, die „HMS Albion” und „HMS Bulwark”, so aus, dass diese jeweils ein Detachement der Royal Marines an Bord nehmen konnten. Die Landungstruppen sollten während der Malaya-Unruhen eingesetzt werden. Die Marines benötigten ein Fahrzeug, das einerseits robust genug war, um mit den Straßenverhältnissen auf der malaysischen Halbinsel fertigzuwerden, andererseits leicht genug, um als Anhängelast von einem Whirlwind-Helikopter (der britischen Lizenzversion des amerikanischen Sikorsky S-55/H-19) transportiert zu werden. Der Land Rover Series I war mit seinen rund 1.200 Kilogramm zu schwer.

Ein Admiral, der die „Bulwark” als Flaggschiff nutzte, hatte bei einem Citroen-Händler bei Portsmouth einen 2CV gesehen, entlieh ihn, ließ ihn einer Testreihe unterziehen und gab ihn zurück. Der kommandierende Offizier der Royal Marines auf der „Bulwark” war sehr beeindruckt und orderte vier weitere Fahrzeuge. Die ersten Versuche, die 2CV als Unterhängelast mit einem Whirlwind (von diesem Hubschrauber-Typ setzte die Royal Navy insgesamt 179 Stück ein) zu transportieren, fanden bei Yeovil statt und wurden vom Hubschrauberhersteller Westland durchgeführt. Es war eine normale Standardversion (ein Pickup) des 2CV mit der Registriernummer 33CPP. Der Wagen wurde dann an Bord der „Bulwark” 1957/58 für Tests auf hoher See mitgenommen. Die Whirlwind-Hubschrauber an Bord gehörten zur 845 Squadron RNAS.

@Archiv Seehase
Ein 2CV als Helikopter-Unterhängelast.

Die „HMS Bulwark” wurde wenige Zeit später von einem mit Flächenflugzeugen ausgerüsteten Flottenträger zu einem speziell für den Einsatz (Landeoperationen) der Royal Marines designierten Träger umgerüstet. Dazu gehörte (für das 42 Commando Royal Marines) eine Anzahl von 2CV-Pickups, die Anfang 1959 bei Citroen Cars Ltd in Slough geordert worden waren. Vorausgegangen war die Konstruktion eines Prototyps einer Militärversion, der aus einem handelsüblichen 2CV-Pickup umgebaut worden war. Dieses Fahrzeug hatte das Militärkennzeichen 61RN91 der Royal Navy. Major John Chatfield hatte den speziellen militarisierten 2CV-Pickup für die Royal Marines entwickelt, für den Einbau einer Funkanlage war Major Lamb verantwortlich.

Die erste Lieferung umfasste 35 Pickups, sie wurden 1959/60 auf einem Einsatz der „Bulwark” mitgeführt und waren auf der langen Seereise nach Singapur an Bord. Als die „HMS Albion” 1961 eine ähnliche Umrüstung erfuhr wie die „HMS Bulwark”, erhielt sie 30 2CV-Pickups. Als Waffenplattform war der 2CV den Royal Marines (anders als bei den Franzosen) zu instabil, gelegentlich wurde das Fahrzeug aber als Zugmittel für das 120-Millimeter-Mobat-Leichtgeschütz verwendet. Bis 1964 blieben die 2CVs im Dienste der Royal Marines als Luftlandefahrzeuge, dann verwendete man sie als Kurier- oder leichte Transportfahrzeuge in größeren Stützpunkten.

Zu diesem Zeitpunkt hatten alle britischen Teilstreitkräfte das Interesse an leichten Fahrzeugen mit fragwürdiger Geländegängigkeit verloren, auch der ursprünglich als Militärfahrzeug entwickelte Mini Moke mit seiner schwachen Motorisierung und geringer Bodenfreiheit war vom britischen Heer abgelehnt worden. Auch die Royal Navy verlor schnell das Interesse, nachdem sie sich (angeblich) ein Fahrzeug für den Dienst auf den Flugzeugträgern gewünscht hatte. In sehr kleiner Stückzahl wurde der Mini Moke (von dem es ähnlich wie beim 2CV eine Variante mit zwei Motoren gab) von der US Army, den Streitkräften Australiens (hier immerhin mehrere hundert Stück) und Neuseelands (bei der Navy) und der israelischen Armee (mit MG auf Dreibein) verwendet.

@Archiv Seehase
Eines der Modelle des 2CV, die per Helikopterflug an Land gebracht wurden.

Drei Stück liefen auch beim brasilianischen Heer, genauer gesagt beim „Centro de Instrução de Guerra na Selva” (CIGS), die hatte man guyannischen Rebellen abgenommen, die die Grenze zu Brasilien überschritten hatten. Im Museum des CIGS in Manaus steht heute immer noch einer.

Ein weiteres Militärfahrzeug (mit vielen Konstruktionsmerkmalen des 2CV) wurde auch noch von Citroen entwickelt, der Mehari mit seiner Kunststoffkarosserie. Er wurde von 1968 bis 1988 gebaut. Im Gegensatz zum Mini Moke wurde er in großen Stückzahlen an das Militär geliefert, vor allem an die französische Armee, die die Meharis in der Konfiguration 4×2 und 4×4 verwendete. Der 4×2 war kein echter Geländewagen, konnte aber viele sekundäre Aufgaben übernehmen. Dem harten Truppendienst fielen dann ganz ohne Feindeinwirkung viele Meharis zum Opfer. Der Autor dieser Zeilen sah ihn noch als Dienstwagen der französischen Gendarmerie. Der vierradgetriebene Mehari gelangte aufgrund der einzigartigen Kombination von geringem Bodendruck und Allradantrieb auch im Gelände, in dem andere Fahrzeuge steckenblieben, weiter. Als Interimslösung (die Hotchkiss-Jeeps wurden zugunsten der Peugeot-P4-Geländewagen ausgesondert) hatte er seine Meriten.

Von dem 2CV der Royal Navy existiert eine von Michael John aus Großbritannien angefertigte Replika, die nicht nur sehr um Authentizität bemüht ist, sondern wirklich hervorragend gemacht ist. Auch von „Jules” gibt es eine beeindruckende Replika, die mit ihrer aufmontierten Waffenlast (75-Millimeter-Leichtgeschütz und M1919-Maschinengewehr Kaliber .30-06), jeden Betrachter staunen lässt (ebenfalls von Michael John).

Quelle@Archiv Seehase, Alf van Beem