Zu den bereits im Dezember 2019 von den damaligen Verteidigungsministern der Tschechischen Republik und der USA, Lubomír Metnar und Mark Esper, unterzeichneten zwölf neuen Bell-Hubschraubern, kommen nun weitere acht gebrauchte Maschinen der gleichen Typen als Spende der US-Regierung hinzu. Dies bestätigte Verteidigungsministerin Jana Černochová vor wenigen Tagen im Rahmen eines Besuchs der 24. Luft-Transportbasis Praha-Kbely.
„Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir mit den Vereinigten Staaten von Amerika zusätzlich zu den ursprünglich bestellten acht Venom-Mehrzweckhubschraubern und vier Viper-Kampfhubschraubern eine Vereinbarung über weitere sechs Viper und zwei Venom als Geschenk treffen konnten”, sagte Jana Černochová bei einem Besuch der Basis der Transport- und Regierungsflieger am alten Prager Airport im Stadtteil Kbely. Anlass waren Auszeichnungen für Besatzungen, die sich bei kürzlichen Löscheinsätzen ausgezeichnet hatten.
Die Ministerin erläuterte, dass es sich bei den zusätzlichen Maschinen um Exemplare handelt, die bereits beim US-Marinekorps im Einsatz standen, aber voll einsatzfähig sind. „Es ist eine Spende, wir bezahlen nur den Preis für Überholung, etwaige Reparaturen und Umbauten nach unseren Anforderungen sowie für den Transport in die Tschechische Republik und andere damit verbundene Kosten. Jene lassen sich derzeit nicht genau beziffern, aber im Vergleich zum Neupreis von Helikoptern sind das vernachlässigbare Beträge.”
Zwölf Stück reichen nicht (mehr)
Černochová hat in den vergangenen Monaten immer wieder öffentlich angemerkt, dass die ursprünglich vereinbarten zwölf Helikopter nicht (mehr) ausreichen würden. Der Krieg in der Ukraine habe deutlich gezeigt, dass angesichts des konventionellen Konflikts der Fokus wieder verstärkt auf die Luftunterstützung gelegt werden müsse. Insgesamt erhält die tschechische Luftwaffe nun 20 amerikanische Maschinen: Zehn Mehrzweckhelikopter UH-1Y Venom (davon zwei gebraucht) und zehn AH-1Z Viper (sechs gebraucht). Ab 2023 sollen damit die 15 veralteten Mi-24V/Mi-35 in der tschechischen Armee ersetzt werden, sieben Stück der älteren Mi-24V wurden bereits an die Ukraine abgegeben. Ebenso wurde wiederholt erklärt, dass die aus sowjetischen Zeiten stammenden Hubschrauber (die Exportversion Mi-35 wurde aber erst nach Ende des Warschauer Pakts gegen Schuldenerlass geliefert) der tschechischen Luftwaffe künftig kaum mehr zu warten und instand zu halten sein werden, weil aus Russland wegen des Ukraine-Kriegs und der EU-Sanktionen keine Ersatzteile bezogen werden können und von Russland auch nicht mehr an NATO-Länder geliefert würden. „Die abgestellten Mi-24-Hubschrauber können bei Bedarf als Ersatzteilquelle für gewisse Baugruppen der weiter betriebenen Mi-171Š-Transporthelikopter verwendet oder auch zum Verkauf angeboten werden”, ergänzte Brigadegeneral Petr Čepelka, Direktor der Abteilung Streitkräfteentwicklung des Prager Verteidigungsministeriums. Interessant in diesem Zusammenhang die verwendete Formulierung „auch moralisch veraltet”.
Angemerkt sei hier, dass auch in Ungarn und Polen aktuell russische Typen durch westliche Muster ersetzt werden, die Wahl Tschechiens ist aber überraschend auf die sonst in Europa nur bei den türkischen Heeresfliegern betriebenen Bell-Marinehubschraubern gefallen. Militär Aktuell hat ältere AH-1E/P in Bahrain gesehen (auch dort läuft Ersatz durch AH-1Z).
Neue Waffen, Ausbildung und tschechische Wertschöpfung
Laut Oberst des Generalstabsdienstes Miroslav Šajban als Leiter der Abteilung für Hubschrauber und Transportluftfahrt, wird „die tschechische Armee durch den Wechsel neue Technologien für das 21. Jahrhundert erwerben und gleichzeitig ihre Abhängigkeit von Russland verringern. Auch die Tatsache, dass wir zwei verschiedene Typen von Maschinen erhalten werden, ist nicht zu vernachlässigen. Das Mehrzweckgerät UH-1Y kann für den Transport kleiner Luftlandeinfanterieeinheiten oder Spezialkräfte verwendet werden, aber auch gegen Bodenziele vorgehen. Und der AH-1Z wird im Kampfeinsatz eingesetzt werden.”
Mit den neuen US-Hubschraubern erhält die tschechische Armee auch die entsprechende Bewaffnung, wie die Luft-Boden-Flugkörper Hellfire sowie Sidewinder für Luft-Luft-Operationen (in den USA ist für den Viper bereits AIM-9X projektiert) und mit der Venom die letzte und leistungsfähigste Version der UIH-1N/212/412-Serie.
Seit Juli werden zwei Gruppen von Piloten und Technikern von der tschechischen Hubschrauberbasis Náměšt nad Oslavou in den USA auf die neue Hubschraubertypen umgeschult. Zudem ist im Kaufpaket inkludiert, dass das mobile Schulungsteam von Bell (am Flughafen Kbely ist deren Europazentrale) lokales Personal in der Tschechischen Republik zwei Jahre lang schulen wird, bevor es das Betriebs- und Wartungssystem vollständig beherrscht.
Ein weiterer Aspekt: Die tschechische Verteidigungsindustrie – darunter die Staatsunternehmen LOM Praha (auch mit Sitz in Kbely) und VTÚ, sowie die Unternehmen Ray Service, Aero Vodochody und die Simulationsspezialisten der VR Group – wird sich mit mehr als einem Drittel an dem Auftrag beteiligen. LOM Praha wird den Lebenszyklus der Hubschrauber unterstützen, die Arbeiten werden in der dortigen neuen H1-Anlage stattfinden. In Náměšt nad Oslavou wird zudem ein Simulationszentrum für Ausbildung und Fähigkeitserhalt des Bord- und Bodenpersonals errichtet.
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