Überraschender Exporterfolg für die militärisch-chinesische Luftfahrttechnik: Das Verteidigungsministerium der Vereinigten Arabischen Emirate bestätigte der staatlichen Nachrichtenagentur WAM vor wenigen Tagen dass es beabsichtigt, zwölf Trainingsjets vom Typ Hongdu L-15 zu kaufen, mit der Option auf 36 weitere Flugzeuge des gleichen Typs.
Laut WAM wird ein Vertrag mit der China National Aero-Technology Import & Export Corporation (CATIC) über den Kauf der Flugzeuge unterzeichnet. Tareq Abdulraheem al-Hosani, Chief Executive Officer der staatlichen Beschaffungsagentur Tawazun der VAE, sagte: „Wir haben die Endphase der Verhandlungen mit dem chinesischen Unternehmen erreicht, und eine endgültige Vereinbarung wird bald besiegelt. Das Abkommen ist Teil der Bemühungen, unsere Rüstungsressourcen weiter zu diversifizieren und die Luftwaffe und die Streitkräfte mit den besten Fähigkeiten auszustatten, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen und sie zu modernisieren.”
Unerwartete Diversifikation
Gerade die Golfstaaten haben bekanntlich sehr tiefe Taschen und können sich das Allerbeste ohne Abstriche leisten. Es stimmt, dass die Streitkräfte der VAE ein gutes Beispiel von Diversifizierung ihrer Rüstungsquellen sind, wie die amerikanische F-16 Block 60, die Mirage-2009 und der jüngste „Mega-Deal” von vergangenem Dezember über 80 französische Rafále oder früher die russischen Flugabwehrsysteme Pantsir oder die Beschaffung der Schützenpanzer BMP beweisen. Chinas „Eindringen” in diese Liga – wenngleich nicht mit Hochleistungs-Kampfflugzeugen – ist trotzdem erwähnenswert. Al-Hosani dazu: „Wir vertrauen darauf, dass CATIC über fortschrittliche Technologie verfügt, die globale Wettbewerbsvorteile genießt.”
Kampftrainer-Jets aus China gab es in den VAE sowie in der Region Mittelost/Nordafrika (MENA) bislang nur in Gestalt der veralteten K-8 Karakorum beispielsweise in Ägypten (120 in Lizenz gefertigt), Sudan, Namibia, Pakistan und Ghana. Inzwischen aber stellt China das in der Region traditionell potent auftretende Russland sowohl technologisch als auch wirtschaftlich zunehmend in den Schatten. Unter Xi Jinping versucht das Reich der Mitte seinen verbreiterten Einfluss zu exportieren und sich durch verschiedene Formen der Zusammenarbeit – einschließlich militärischer Hilfe und Waffenverkäufe – als Supermacht zu etablieren. Mit der L-15-Beschaffung, einem vereinbarten chinesisch-arabischen Flugzeug-Logistikzentrum in Abu Dhabi und dem Festhalten der VAE an Huawei 5G ist der ursprünglich geplante Kauf von F-35 für die Emirate noch ein Stück unwahrscheinlicher geworden.
Jedenfalls hat es sich ausgezahlt, dass CATIC und AVIC (Aviation Industries of China) zwei Hongdu L-15 Mitte November zur Dubai Airshow gebracht haben, wo eine Maschine sogar täglich im – einigermaßen agilen – Flugprogramm war. Ein Sprecher von CATIC erklärte Militär Aktuell – immer noch in sehr holprigem Englisch –, dass dies „eine verbesserte Version ist, als Teil der Bemühungen den Einfluss im Nahen Osten und in Nordafrika auszuweiten. Die Fähigkeit, sowohl Trainer als auch leichte Angriffsplattform zu sein, entspräche den Bedürfnissen der Länder in der Region. Die Präsenz der L-15 auf der Dubai Airshow soll potenzielle langfristige Kunden für China anziehen.” Damit lag man wohl richtig, wenn der Mann auch eher von Pakistan, Uruguay oder Bolivien sprach.
Nun hat sich also sogar das Gastland der Show für den L-15 entschieden, was bald schon einen weiteren interessanten Aspekt mit sich bringen könnte: Im November war in Dubai zu vernehmen, dass das Kunstflugteam der VAE-Luftwaffe „Al Fursan” (die Ritter) auf der Suche nach einem Ersatz für ihre italienischen MB.339A ist. 2010 mit Hilfe der italienischen „Frecce Tricolori” entstanden, kommen nun aber Leonardo-Flugzeuge nicht mehr in Betracht. Grund ist ein Waffenembargo vom Jänner 2021 der vormaligen römischen Regierung unter Premier Giuseppe Conte, Außenminister Luigi Di Maio und der Fünf-Sterne-Partei, wegen der Rolle Abu Dhabis im Jemen-Krieg. Danach haben die Emirate Italien sozuagen „rausgeworfen”, bis 2. Juli musste das italienische Militär seine Präsenz am Luftwaffenstützpunkt Al-Minhad beenden. Ein weiterer Effekt war einige Monate danach die Einstellung des Projekts der Piaggio HH.1 Hammerhai-Drohne (auf Basis des Geschäftsreiseflugzeugs P.180 mit zwei Pusher-Propellern), welches Abu Dhabi mitfinanzierte und 2016 acht Stück um rund 300 Millionen Euro bestellt hatte. Im Vorjahr waren die „Al Fursan” – wie auch Teamleader Ahmed gegenüber Militär Aktuell bestätigte – daher mehrmals bei Aero Vodochody in Tschechien, um den neuen L-39NG zu evaluieren. Laut Aero sollten weitere Gespräche in den VAE erfolgen. In Betracht kam oder ist auch der koreanische T-50. Ob das nun aber bedeutet, dass – was naheliegend wäre – das Team stattdessen ebenfalls die chinesischen L-15 erhalten wird, ist noch nicht bekannt.
Überarbeitete Variante
Eine ältere Version der L-15 war 2017 mit sechs Stück um rund 90 Millionen Euro nach Sambia gegangen, angeblich sollen dorthin auch 18 weitere Maschinen geliefert werden. Für Chinas Luftwaffe der Volksbefreiungsarmee (PLAAF) sind unter der Bezeichnung JL-10 angeblich 100 Stück geordert, wovon ein Drittel bereits im Dienst sein soll. Die neue Variante des Flugzeugs in Dubai zeichnet sich laut offiziellen Angaben durch hohe Leistung, Zuverlässigkeit und Kosteneffizienz aus. „Seit wir das Flugzeug 2009 zum ersten Mal präsentiert haben, hat sich viel verändert. Mit seinem fortschrittlichen aerodynamischen Layout (in der Draufsicht ein Klon der Jak-130 mit starker Ähnlichkeit zum M-346 von Leonard mit breit vorgezogenen Flügelvorderkanten) und seiner auch in einem Simulator in Dubai präsentiertern modernen Avionik bietet das Flugzeug eine überlegene, in der Ergonomie Kampfflugzeugen ähnliche Kapazität. Der L-15 kann als ‚Lead-in-Fighter-Trainer’ (LIFT) für Kampfjets der 4. und 5. Generation genutzt werden, wobei taktische Missionen wie Luftkampf, Luftangriff, Luftaufklärung und Forward Air Control-Missionen ausgeführt werden können”, so der CATIC-Sprecher. Unterstützt wird das von enem – wie heute international üblich – eingebetteten Trainingssystem (ETS) inklusivie einem Missionsplanungs- und Nachbesprechungssystem. Für Waffentraining können eine 23-mm-Kanone angebaut sowie Bomben mit kleinem Durchmesser, ein Kurzstrecken-Luft-Luft-Flugkörper und lasergelenkte Bomben mit einem Gewicht von 250 oder 500 Kilogramm mitgeführt werden.
Als Problem für weitere größere chinesische Rüstungsexporte in die Golfstaaten könnte allerdings eine kürzlich bekannt gewordene Implementierung einer Vereinbarung Chinas und des Iran aus dem Jahr 2021 über eine militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit für die nächsten 25 Jahre sein. Das macht China – nachdem die Rüstungs-Sanktionen des (alten) Atomabkommens gegen Teheran 2020 ausliefen – zum wichtigsten internationalen Verbündeten und stärksten Unterstützer des Iran. Bei den Golfstaaten kommt das – verständlicherweise – weniger gut an.