Das Heereslogistikzentrum Wels deckt die Sparten Technik, Lagerlogistik, Transportlogistik und Lehrlingsausbildung ab. Die Oberösterreicher sind außerdem technisches Prüf- und Systemzentrum für das Waffensystem Leopard 2A4 und den Bergepanzer M88A1.
Der Ernstfall mag im Tschad stattfinden, in Afghanistan, in der Ukraine, in Niederösterreich, in Salzburg, in Kärnten oder an einem anderen Ort, den wir aktuell noch nicht auf dem Radar haben; die Vorbereitung und Durchführung der Folgeversorgung als Gütersammelbasis dafür läuft aber in jedem Fall über die Heereslogistikzentren (kurz HLogZ) des Bundesheeres und damit in Oberösterreich über den Schreibtisch von Oberst Alfred Kaser.
Der Kommandant des HLogZ Wels sitzt in seinem Arbeitszimmer in der Hessenkaserne und blättert mit erkennbarem Stolz durch eine 80 Seiten starke Festschrift zum 10-jährigen Jubiläum seiner Dienststelle am 1. April. Darin sind Bilder und Informationen zur Gründung der Kfz-Anstalt Wels im Jahr 1955 und der Heereszeuganstalt (HZA) 13 Jahre später zu finden. Aber auch zur Umbenennung des Heeresfeldzeuglagers Hörsching 1977 in Heeresfeldzeuglager (HFzL), zur Bildung der Heeresversorgungsanstalt (kurz HVA) aus Fusion der HFzL und der Heereswirtschaftsanstalten (HWiA) im Jahr 1997 und schließlich auch zur Zusammenführung von HVA und HZA 2005 zum HLogZ Wels. „Wir haben damit einen 50-jährigen Evolutionsprozess abgeschlossen und einen modernen Dienstleister auf Heeresebene geschaffen, der sowohl lagerseitige als auch technische Kompetenzen abdeckt”, blickt Oberst Kaser im Gespräch mit Militär Aktuell zurück.
Wie die fünf anderen Logistikzentren des Bundesheeres ist das HLogZ Wels für die Lagerung, Bereitstellung und Verteilung von fast allen Versorgungsgütern (das Lager umfasst 6.000 Paletten-Stellplätze und mehr als 30.000 verschiedene Güter!) für den täglichen Betrieb, Übungen sowie Einsätze im In- und Ausland verantwortlich. „Wir sind auch Gütersammelbasis für Auslandseinsätze und das Containerzentrum des Bundesheeres. Darüber hinaus ist die Transportlogistik mit Hakenladern, Großraumbussen und Lkw ein zentrales Standbein, das HLogZ Wels ist auch das technische Prüf- und Systemzentrum für den Kampfpanzer Leopard 2A4 und den schweren Bergepanzer M88A1”, sagt Oberst Kaser. „Unsere Leute prüfen Motoren, Einzelkomponenten und Materialien; auch die Materialerhaltung von schweren Motoren, Generatoren, Startern, Einspritzpumen und Turmdrehlagern fällt in unseren Aufgabenbereich.” Wie komplex die Thematik ist, wird einige Minuten später und mehrere hundert Meter weiter in der modernen Panzerwerkstätte anschaulich.
Während vorne in der riesigen Halle der Turm eines Leo im Testlauf dreht und ein Stück weiter zwei Techniker mit der obligatorischen F4-Fristenarbeit an einem weiteren Kampfpanzer beschäftigt sind (der Turm wurde zu diesem Zweck abgehoben), erhält im hinteren Bereich der Halle ein M88A1 eine modifizierte Nebelwurfanlage. Etwas weiter erinnert eine ausgeschlachtete Wanne entfernt an ihr einstiges Dasein als Kampfpanzer. Irgendwie. Ohne Schwingarme, Ketten und Aufbauten könnte das Ungetüm auch als eiserne Materialreserve eines Stahlkonzerns durchgehen – trotzdem hilft es dem Bundesheer, Geld zu sparen. Die ausgebauten und neben der Leo-Wanne aufgelegten Elemente – Drehstäbe, Munitionshalterung, Tank, Getriebe, Kettenspanner und Kabelbäume – sind kostengünstige Ersatzteile für die bestehende Panzer-Flotte. „Wir prüfen die Teile auf Funktionalität, reinigen und befunden sie und lagern sie ein”, sagt Oberst Kaser. „Bei Bedarf können wir jederzeit auf die eigenen Bestände zurückgreifen und müssen die Ersatzteile nicht teuer zukaufen.”
Auch in anderen Bereichen spart das Bundesheer durch die Arbeit des HLogZ Wels viel Geld. So schweißen Michael Wölfl und Alexander Hödl in der Metallwerkstätte gerade an einem insgesamt 25 Meter langen Doppelponton (besteht aus zwei je 12,5 Meter langen Elementen) für das Pionierbataillon 3 und die Prüfmeister des HLogZ können die im Leopard und Ulan verbauten Antriebskomponenten auf einem eigenen Getriebeprüfstand („der modernste Europas”, so Kaser) und Motorprüfstand („darauf können Motoren bis 2.000 kW geprüft werden”) direkt vor Ort auf Herz und Nieren testen. Zur umfangreichen Ausstattung gehören auch eine Magnetpulverprüfbank, zwei Getriebe-, ein Lenkgetriebe-, ein Generator- und Starterprüfstand. Außerdem wurde vor Ort eine Referenzanlage für die Feuerleitanlage des Leopard 2A4 („etwas Vergleichbares gibt es sonst nirgendwo”, so Kaser) realisiert und erleichtert ein Platinenprüfstand die Fehlersuche an den elektronischen Bauteilen.
Mechatronikerin Elisabeth Brandlmayr, Mitarbeiterin in der Panzerwerkstätte, weiß im Gespräch mit Militär Aktuell um die Vorteile derartiger Systeme: „Dadurch werden Arbeitsabläufe deutlich beschleunigt und wir können uns auf andere Aufgaben konzentrieren.” Im Fall der jungen Technikerin gehört dazu auch die Lehrlingsausbildung. Insgesamt befinden sich beim HLogZ Wels aktuell 20 Lehrlinge in zehn verschiedenen Berufen in Ausbildung, in der Hochphase 2009 waren es sogar 34.
„Das Thema ist uns sehr wichtig”, sagt Oberst Kaser, „wir sind der größte Lehrlingsausbilder des Bundesheeres und übernehmen nach der Ausbildung auch überdurchschnittlich viele unserer Lehrlinge in den Regelbetrieb.” Auch Bernhard Maier, Leiter der IKT-Abteilung des HLogZ Wels, hat seine Ausbildung vor Ort gemacht. Nun ist er mit seinen 20 Mitarbeitern (dazu kommen vier Lehrlinge) für Aufbau, Wartung und Reparatur aller Fernmelde- und Computernetzwerke des Bundesheeres in Oberösterreich verantwortlich. „Wir sind auch für Wartung und Reparatur der Schießanlagen zuständig, zudem warten und betreuen wir die Alarm- und Zutrittsanlagen und zu einem Teil auch die Brandmeldeanlagen.” Die IKT-Werkstätte in Hörsching prüft und repariert das neue Truppenfunkgerät Conrad ebenso wie alle PCs und deren Peripheriegeräte. Ein ähnlich breites Aufgabengebiet deckt Guido Pirklbauer, Kommandant der Lehrwerkstätte, ab. Bei ihm absolvieren alle Lehrlinge („auch Sattler, Tischler und Mechatroniker“) eine 6-wöchige Grundausbildung, die Metalltechniker sind sogar 20 Wochen in der Lehrwerkstätte.
Im Rahmen einer Ausbildungskooperation darf Guido Pirklbauer einmal im Jahr auch Lehrlinge der E-Werke Wels und der Firma Silbergasser (Mercedes-Benz Servicepartner) begrüßen, im Gegenzug können Bundesheer-Lehrlinge bei den beiden Firmen extern Erfahrungen sammeln. „Das ist ganz wichtig”, sagt Oberst Kaser, „durch diese Zusammenarbeit können wir Ausbildungsinhalte abdecken, über die wir selbst nicht verfügen, und unsere Qualifikationen weiter steigern.” Und das – darauf legt Oberst Kaser Wert – sei schließlich oberstes Gebot der Stunde. „Die Herausforderung der Zukunft wird es sein, mit wesentlich weniger Personal die gleichen Leistungen zu bringen wie derzeit, und das vor dem Hintergrund einer bevorstehenden Aufwertung des HLogZ Wels im Zuge des Strukturpakets ÖBH 2018 durch Übernahme von zusätzlichen logistischen Funktionalitäten in und über die Region Oberösterreich hinaus.”
Lesen Sie dazu auch unser Kurzinterview mit Mechatronikerin Elisabeth Brandlmayr, Mitarbeiterin in der Panzerwerkstätte des Heereslogistikzentrums Wels. Hier geht es zu unseren anderen Truppenbesuchen.