Am 5. März brachte Dassault Aviation-Chef Eric Trappier im Rahmen der virtuellen Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Dassault-Finanzergebnisse 2020 erneut (Militär Aktuell berichtete) seine Ernüchterung über die Anlaufschwierigkeiten des trinationalen 6.-Generation-Kampfjet-Projekts mit Deutschland und Spanien zum Ausdruck. Der CEO sprach sogar von einem „Plan B”, nötigenfalls könne man das sogenannte Future Combat Air System (FCAS) und dessen Hauptbestandteil New Generation Fighter (NGF) französischerseits auch alleine realisieren. Damit erinnert die Situation frappant an das Ausscheiden Frankreichs in der EFA-Konzeptphase zum späteren Eurofighter im August 1985.

@Georg Mader
Dassault-Chef Eric Trappier scheint nicht mehr zu 100 Prozent an eine deutsch-französische Zusammenarbeit beim FCAS zu glauben.

Der CEO von Dassault Aviation gab ganz offen zu, dass es bei der Umsetzung des größten europäischen Rüstungsprogramms – 2019 wurde in Le Bourget über eine Einführung ab dem Jahr 2035 gesprochen – einige Grundsatzprobleme gibt. Zurzeit werde Spanien in die Generalplanung integriert und gilt es künftige Zulieferer an Bord zu holen. Das Mandat die spanische Industrie einzubeziehen bedeutet allerdings, dass der Arbeitsanteil zwischen Dassault und Airbus Defence & Space künftig nicht mehr bei je 50 Prozent liegt, sondern Airbus 66 Prozent bekommt, da es Deutschland und Spanien repräsentiert.

„Ich habe das akzeptiert, aber es ist komplizierter geworden, die Arbeit in allen Paketen, einschließlich der strategischen, zu teilen. In diesen gemeinsamen Arbeitspaketen trägt aber niemand die Verantwortung”, so Trappier. Als Beispiel führte er das strategische Arbeitspaket zur Flugsteuerung an. „Es gibt keinen Chef, aber wir sind die Hauptstütze in diesem SCAF-Programm (so die französische Abkürzung) und als solche unserer Regierung gegenüber verantwortlich. Dassault muss die Hebel haben, um unsere Verantwortung sowie die Sicherstellung unseres geistigen Eigentums wahrzunehmen.” Trappier konkretisierte, dass damit keine französische „Black Box” gemeint sei, alle Teilnehmer und künftigen Nutzer werden Zugang zu allen „Boxen” haben. Ungeachtet dessen ist es aber der Konstrukteur beziehungsweise „Schöpfer”, welcher Eigentümer des geistigen Eigentums bleibt. „Wir haben 70 Jahre Erfahrung. Niemand kann mich zwingen, unser geistiges Eigentum zu verschenken”, so Trappier.

Der Dassault-Chef weiter: „Wir glauben immer noch an dieses Programm, weil es für die drei Nationen eine effiziente Möglichkeit war (!), ein Flugzeugsystem der sechsten Generation zu angemessenen Kosten zu entwickeln. Jeder verantwortungsbewusste Geschäftsführer hat stets sein Bestes versucht, um den Plan A zum Laufen zu bringen. Aber er hat immer auch einen Plan B gehabt.” Auf Nachfrage verwies Trappier darauf, dass „Dassault technologisch weiß, wie man Flugzeuge alleine baut. Safran weiß, wie man Triebwerke für Kampfflugzeuge herstellt. Thales kennt sich mit Elektronik und MBDA mit Raketen aus. Die französische Industrie verfügt also über das erforderliche Know-how!”

@Archiv
Luftfahrt-Experten machen sich im Web bereits über die langsamen Fortschritte des Projekts lustig und könnten sich auch einen Einstieg Frankreichs ins britisch-italienisch-schwedische Tempest-Projekt vorstellen.

In Bezug auf die Forderung der deutschen Gewerkschaften auf einen zweiten (deutschen) NGF-Demonstrator um dort die „Designfähigkeit” zu erhalten, wies Trappier darauf hin, dass dies ein zwischenstaatliches politisches Problem oder Thema wäre, da es „nicht geplant ist und von den Regierungen nicht gefordert wurde. Aber wenn ein zweiter Demonstrator gebaut werden soll, dann nur unter identischen Bedingungen wie der erste. Und noch eins: Unabhängig davon, wie das Programm abläuft, muss Frankreichs Flugzeug der sechsten Generation mit einem Flugzeugträger kompatibel sein.” Auch das dürfte wohl die Entscheidungen mit den Deutschen belasten.

Mittlerweile gibt es in den USA in einer Vertragsnotiz des Pentagon vom 4. März Hinweise, dass ein entsprechendes US-Design dort möglichweise bereits Ende dieses Jahrzehnts erwartet werde (siehe auch Bericht). Es geht um Raytheon’s AIM-120D AMRAAM und deren Integrations-Requirements (für F-16/70, F-15EX, F-18E/F-III, F-22 und F-35) „und um künftige Next Generation-Plattformen, die vor Ende des Finanzjahres 2029 bei USAF oder USN ins Inventar kommen.” Das wäre deutlich früher, als der FCAS, aber wohl auch früher als das konkurrierende europäische Tempest-Programm von Großbritannien, Italien und Schweden (Militär Aktuell berichtete).

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Quelle@Archiv, Georg Mader