Seit 2012 trägt das Jägerbataillon Niederösterreich den Traditionsnamen „Kopal”, seine Soldaten sind unter dem Namen Kopaljäger bekannt. Die größte Milizübung in Niederösterreich in diesem Jahr trug den Namen „Kopal24” und endete mit der Kommandoübergabe bei den Kopaljägern. Wer aber war der Namenspatron dieser Einheit? Militär Aktuell erzählt die Geschichte eines mutigen Offiziers des alten Österreich, dessen Name bis heute in der Tradition des Bundesheeres fortlebt.
Als Carl von Kopal (heutige Schreibweise: Karl von Kopal) am 3. Februar des Jahres 1788 als Carl Kopal (die Erhebung in den Adelsstand erfolgte erst viele Jahre später) im südmährischen Schidrowitz (Tschechisch: Ctidružice), etwa zehn Kilometer nordwestlich von Znaim (Tschechisch: Znojmo) als Sohn eines Gutsverwalters geboren wurde, existierte Österreich in seiner heutigen Form noch gar nicht als Staat. Joseph II. (Wahlspruch: „Virtute et Exemplo – Durch Tugend und Beispiel”), ein Sohn Maria Theresias, regierte als römisch-deutscher Kaiser de facto mehrere Länder beziehungsweise Regionen Zentraleuropas mit mehr als 50 Millionen Einwohnern, aus denen 1804 das Kaisertum Österreich hervorging, das 1867 wiederum (bis zum Ende 1918) in der k.u.k. Monarchie (auch als Österreich-Ungarn bezeichnet) mündete.
Der junge Carl von Kopal besuchte das Gymnasium in Znaim sowie die Realschule in Nikolsburg (Tschechisch: Mikulov). Im September 1805 trat Kopal im Alter von gerade einmal 17 Jahren – damals durchaus üblich für den Beginn einer Soldatenlaufbahn – in das Infanterieregiment Nr. 22 „Friedrich Josias Prinz Sachsen-Koburg-Saalfeld” ein, mit dem er im Dezember des gleichen Jahres an der Schlacht von Austerlitz am Pratzeberg zwischen Brünn (Tschechisch: Brno) und Austerlitz (Tschechisch: Slavkov u Brna) teilnahm. Die Schlacht endete mit einem Sieg des französischen Kaisers Napoleon, das Kaisertum Österreich bat um einen Waffenstillstand. Über die folgenden Jahre Carl von Kopals ist wenig bekannt.
Fest steht, dass er 1809 in der Kadettenkompanie Theresienstadt, benannt nach Kaiserin Maria Theresia, weiter ausgebildet und zum Unterleutnant beim 6. Jägerbataillon ernannt wurde. Mit dieser Einheit nahm er im April 1809 an Gefechten zwischen napoleonischen und österreichischen Truppen teil, bei denen er sich bewährte. Die außerordentliche Beförderung zum Oberleutnant folgte. Kopal war zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt. Als von 16. bis 19. Oktober 1813 die Völkerschlacht bei Leipzig tobte, bewährte sich Kopal abermals mit Mut und Kampfkraft. Wenig später erfolgte die Beförderung zum Hauptmann.
Die kommenden rund 20 Jahre waren von einer Friedensperiode geprägt, die Kopal in verschiedenen Garnisonen in Böhmen und Mähren verbrachte. 1835 erhielt Kopal die Beförderung zum Major im k.k. Infanterieregiment Nr. 8, 1836 folgte das Kommando über das Feldjägerbataillon 7 in Fiume (die ungarische Bezeichnung für die kroatische Hafenstadt Rijeka). Ein Jahr später adelte das Kaiserhaus den verdienten Offizier, der fortan Carl von Copal hieß.
Im Jahr 1841 dann ein weiterer Karriereschritt: die Beförderung zum Oberstleutnant mit 53 Jahren, einhergehend mit der Versetzung zu den Tiroler Kaiserjägern. Fünf Jahre danach trug Carl von Kopal bereits den Dienstgrad Oberst und kommandierte das Feldjägerbataillon Nummer 10, das zu dieser Zeit in Mailand lag und im Oktober 1847 nach Varese verlegte.
Als der erste italienische Unabhängigkeitskrieg ausbrach, führte Carl von Kopal seine Truppen gegen die aufständischen Italiener ins Felde und verdiente sich am 6. Mai 1848 Ruhm und Ehre bei der Verteidigung von Santa Lucia, einem Dorf, das heute zur Stadt Verona gehört. Was kaum jemand weiß: Auch der spätere (ab 2. Dezember 1848) Kaiser Franz Josef I. erlebte bei diesen Kämpfen als 17-jähriger Soldat seine Feuertaufe. Feldmarschall Graf Radetzky berichtete am 9. Mai über diese Schlacht: „Besonders hatte das 10. Jägerbataillon unter seinem braven Oberst Kopal die schwierigste Aufgabe, indem es jenen Teil des Dorfes verteidigte, gegen welchen der Feind seine ganze Kraft entfaltete. Eine Compagnie dieses Bataillons, im Kirchhofe postiert, schlug drei heftige Stürme der piemontesischen Gardegrenadiere ab.” Für seinen heroischen Einsatz verlieh Kaiser Ferdinand I. Carl von Kopal das Ritterkreuz des Leopoldordens.
Rund einen Monat später, am 10. Juni 1848, erfüllte sich das Schicksal von Oberst von Kopal. Obwohl er bereits an der Ruhr erkrankt war und ihm sowohl Ärzte als auch Graf Radetzky davon abgeraten hatten, ließ es sich dieser schneidige österreichische Offizier alter Prägung aus Mähren trotz seines fortgeschrittenen Alters von immerhin 60 Jahren (die durchschnittliche Lebenserwartung lag damals deutlich darunter, nämlich bei 35,6 Jahren!) nicht nehmen, seine Truppen bei der Einnahme von Vicenza persönlich anzuführen.
Zeitgenössischen Berichten zufolge ritt von Kopal vor seinen Männern an der Spitze der angreifenden Verbände, stieg im Laufe der Kämpfe für den Sturmangriff auf den Monte Berico sogar vom Pferd ab und erhielt dabei eine schwere Schussverletzung am rechten Oberarm. Während Oberst von Kopal zum Verbandsplatz gebracht wurde, setzten seine Männer den begonnenen Sturmangriff erfolgreich fort und machten ihrem Obristen alle Ehre. Ihr Kommandant erfuhr davon im Lazarett. Die beim Sturm erlittene Verwundung war so unglücklich, dass dem 60-Jährigen der rechte Arm amputiert werden musste. Trotzdem waren die Ärzte zunächst noch voller Hoffnung auf eine Genesung des rüstigen Offiziers. Noch am Krankenbett erhielt der mutige Soldat den Österreichisch-kaiserlichen Leopold-Orden für seine Verdienste für Kaiser, Volk und Vaterland. Doch in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni setzte plötzlich starkes Fieber ein, der Zustand Carl von Kopals verschlechterte sich und er verstarb schließlich an einer Wundinfektion.
Am 18. Juni wurde Oberst Carl von Kopal mit allen militärischen Ehren und geleitet von seinen Offizieren und Mannschaften auf dem deutschen Friedhof von Vicenza zur letzten Ruhe gebettet. Postum verlieh ihm der Kaiser im November 1848 den Militär-Maria-Theresien-Orden, die höchste militärische Auszeichnung der gesamten k.u.k. Monarchie.
Bei seinem Tod hinterließ Carl von Kopal seine Kinder Karl (1833–1891), Viktorine (1835-etwa 1910), Viktor (1836–1892), Ernestine (1839–1915) und Robert (1842–1866), die 1852 in den Freiherrnstand erhoben wurden. Auch seine Söhne dienten als Offiziere in der k.u.k. Armee.
Bereits ein Jahr nach seinem Tod hatten die Znaimer Bürger Franz Dolezal, Cassa Controlor, Wilhelm Haßenfurter, Oberförster der Stadt Znaim, und Franz Pernitza, Cooperator in Lispitz, eine Initiative ins Leben gerufen, deren Ziel es war, in Kopals Geburtsort Schidrowitz an der Reichsstraße zwischen Wien und Prag ein Denkmal für den gefallenen Helden zu erreichten. Der Großraum Znaim war damals seit Jahrhunderten mehrheitlich von deutschsprachigen Österreichern, den sogenannten Sudetendeutschen, besiedelt.
Das Denkmal sollte ein 4,74 Meter hoher Obelik aus poliertem Granit mit der Inschrift: „Dem Helden von St. Lucia und Vicenza Karl v. Kopal, k.k. obersten des 10. Feld-Jäger-Bataillons, Ritter des Militär Maria Theresien- und des österreichischen Leopold-Ordens, Patricier der freien Städte Fiume und Buccari. Geboren zu Schidrowitz den 3. Februar 1788. Gestorben an den vor dem Feinde erhaltenen Wunden zu Vicenza am 17. Juni 1848” sein. In der „Brünner Landeszeitung” erschien im August 1849 ein Spendenaufruf und die Gemeinde Schidrowitz stellte bereits ein Grundstück zur Verfügung.
Doch dann kam alles anders. Nach dem Eingang der ersten 845 Gulden versiegte der Spendenstrom. Da kam der Wiener Bürger und Kaufmann Matthäus Elsinger bei einem Besuch von Znaim (Südmähren war die Kornkammer der k.u.k. Monarchie) mit dem Komitee in Kontakt. Weitere Spendenaufrufe in der k.u.k. Reichshauptstadt Wien folgten und am Ende wurde der geplante Standort für das Denkmal auf Wunsch vieler Znaimer Bürger und der Stadtverwaltung selbst nach Znaim verlegt. Die Initiative wurde außerdem durch ein Schreiben von Feldmarschall Graf Radetzky unterstützt, wodurch das Spendenkapital sukzessive auf 10.094 Gulden anwuchs. Zu den Architekten, die sich mit Entwürfen für das Denkmal befassten, gehörte auch der bekannte Professor Eduard van der Nüll, nach dem heute eine Gasse in seiner Heimatstadt Wien benannt ist. Der endgültige Entwurf stammte jedoch von Paul Sprenger und Anton Fernkorn, nach dem ebenfalls eine Gasse in Wien benannt ist.
Am 16. Oktober 1853, mittlerweile war Franz Josef österreichischer Kaiser, wurde das Denkmal feierlich enthüllt. Bei diesem pompösen Festakt waren unter anderem Abordnungen des 10. und des 21. Jägerbataillons, ein Ehrenbataillon des Infanterieregiments aus Znaim sowie weitere militärische Verbände der k.u.k. Armee zugegen. Auch das bürgerliche Schützenkorps sowie ranghohe Vertreter der Znaimer Gesellschaft nahmen daran teil. 41 Jahre später, 1894, wurde im 11. Wiener Gemeindebezirk eine Gasse zu Ehren von Carl von Kopal benannt: die Kopalgasse. 1911 folgte die Enthüllung eines prachtvollen Grabmales auf dem deutschen Friedhof in Vicenza.
Sieben Jahre danach, 1918, war die Monarchie mit Österreichs Niederlage im Ersten Weltkrieg Geschichte und Teile des Denkmals in Znaim wurden entfernt. Nach der Vertreibung der verbliebenen sudetendeutschen Bevölkerung aus der Stadt Znaim 1945 wurde das Denkmal zwar nicht zerstört, war jedoch, wie die gesamte Stadt, über 40 Jahre lang dem „real existierenden sozialistischen Verfall” in der Tschechoslowakei preisgegeben. Erst ab 2010 wurde das stark in Mitleidenschaft gezogene Ehrenmal sukzessive restauriert. Der Vertreibung der sudetendeutschen Altösterreicher aus der Tschechoslowakei fielen übrigens auch die Nachkommen von Oberst Carl von Kopal zum Opfer. Der einstige Familiensitz in Kirchenbirk (Tschechisch: Kostelní Bříza) in Nordböhmen, in der Karlsbader Region (Tschechisch: Karlovarský kraj), ist heute weitgehend verfallen.
Als der deutsche Friedhof in Vicenza 1978 aufgelassen wurde, exhumierte man die sterblichen Überreste des Offiziers und überführte sie – samt dem Grabmal – auf den Friedhof der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten. Hier ruht Oberst Carl von Kopal in einem Ehrengrab.
Das Bundesheer ehrte Carl von Kopal gleich mehrfach: Schon in der Ersten Republik führte das Kraftfahrjäger-Bataillon Nr. 3 ab 1920 den Ehrennamen Kopal. In der Zweiten Republik wurde die (seit 2006 nicht mehr existierende) Kaserne in St. Pölten nach ihm benannt. Das Jägerbataillon 11 setzte die Tradition des k.u.k. Jägerbataillons 10 (dessen Soldaten noch zu k.u.k.-Zeiten Kopaljäger genannt wurden) und das Motto „Monte Berico, Kopal ruft” fort. Das Jägerbataillon 11 des Bundesheeres bildete dann auch die Keimzelle des heutigen Jägerbataillons Niederösterreich. Und hier schließt sich der Kreis: Am 10. Juni 2012 fand bei einem Festakt am Grab von Oberst Carl von Kopal in St. Pölten die offizielle Übernahme der Traditionsfolge des Jägerbataillons Niederösterreich als Kopaljäger statt: „Kopal ruft!”