Ab heute und bis zum 17. November findet in Zhuhai an der chinesischen Südküste wieder die „China Airshow” statt. Zwar reglementiert Peking den Zugang internationaler Besucher und Presse heuer stärker als in den vergangenen Jahren, dank langjähriger Kontakte ins Reich der Mitte hat Militär Aktuell aber trotzdem schon jetzt die Höhepunkte.

Highlights sind heuer unter anderem das Boden-Luft-Raketensystem HQ-19, Chinas zweites Stealth-Kampfflugzeug J-35A und das überarbeitete trägergestützte Kampfflugzeug J-15T. Dazu sind mehrere bewaffnete Drohnen zu sehen, die zum Beispiel in Gestalt von WZ-7 und WZ-10 nicht vor Ort montiert wurden, sondern selbst eingeflogen sind.

©Militär Aktuell

Zutritt und Fotos

Zhuhai war für an militärischer Luftfahrt interessierte Fachleute und Fotografen in der Vergangenheit ein wichtiges Fenster in eine sonst nur schwer zu fassende und verfolgende Welt, in der sich tatsächliche und offiziell gesteuerte Leaks mit Regierungspropaganda mischen. Heuer wurde der Zugang allerdings eingeschränkt: Laut dem bekannten japanischen Fotografen K. Tokunaga wurden keine extra für die Show anreisenden (Fach)Journalisten akkreditiert, nur Medienvertreter von permanent in China registrierten Medienhäusern (in der Qualität von Reuters oder Sky-News) erhielten Presse-Badges. Ihnen dürften allerdings kaum kleine Abänderungen an chinesischen Geräten auffallen – vielleicht ist das ja die Absicht hinter der Reglementierung. Andererseits – um dem Mysterium China gerecht zu werden – wurde gegenüber der Messe heuer eine extra Fototribüne errichtet, für die es auch Tagestickets geben soll.

Zweiter Stealth-Fighter J-35

Kommen wir zum Programm und da vorweg zu den beiden unter der staatlichen Flugzeugbau-Organisation AVIC etablierten Herstellern von Kampfflugzeugen im Land: Chengdu (CAC) und Shenyang (SAC), beide benannt nach ihren Standorten. Von CAC stammt der größere und ältere Fighter der 5. Generation (in China die 4.), die inzwischen schon mehr als 200 Mal gebaute J-20. Dazu kommt dieses Jahr mit der SAC J-35 offiziell ein zweiter, etwas kleinerer Entwurf. Vor einigen Jahren – angeblich ohne Staatsauftrag begonnen – in einer sehr frühen Version FC-31 mit zwei rußenden MiG-29-Triebwerken in Zhuhai gezeigt, präsentierte ihn die Luftwaffe (PLAAF) nun offiziell als J-35. Es gibt auch eine Marineversion J-35B für die chinesischen Träger – erkennbar an Katapultstange am Bugfahrwerk und Fanghaken. Mock-Ups davon wurden auf den Träger „Liaoning” (Startschanze) und „Fujian” (Katapult, -> China startet Seetests seines Trägers „Funjian”) fotografiert.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Im Vorfeld der China Airshow erläuterte Wang Yongqing als Chefexperte bei SAC bezüglich J-35 einen „Durchbruch in Forschung und Entwicklung bei mehreren Schlüsseltechnologien. Um für den J-35 höhere Tarnwerte zu erreichen, haben wir viele neue technische Maßnahmen und neue Systeme eingeführt”, so Yongqing. „Es gab große Fortschritte und neue innovative Errungenschaften in vielen Bereichen. Wir haben die neueste Technologie genutzt, um die Entwicklung des J-35A abzuschließen. Im Wesentlichen basiert dies auf Laser-3D-Druck für die Hauptstruktur, was zu weniger Materialverschwendung, stärkerer Strukturleistung und geringerem Gesamtgewicht führt.”

Die chinesischen Stealth-Flugzeuge sind sicherlich keine simplen Kopien westlicher Designs, die Entwürfe der 5.-Generation lassen aber – von F-22 über F-35 bis zum türkischen Kaan (-> Türkischer Stealth-Kampfjet Kaan wieder in der Luft), dem südkoreanischen KF-21 und dem indischen Amca-Entwurf – mit Blick auf Schwer-Erkennbarkeit am Radar, Agilität und Sensorausstattung kaum große Unterschiede zu. Nichts desto trotz sollte aber gerade mit Blick auf J-20 und J-35 nicht ausgeklammert werden, dass sich China dabei trotzdem gestohlener US-Technologie bedient haben dürfte.

Im März 2016 hatte sich jedenfalls ein damals 51-jähriger chinesischer Staatsbürger namens Su Bin (alias Stephen Su) schuldig bekannt im Zusammenhang mit dem, was das amerikanische Justizministerium als „jahrelange Verschwörung” bezeichnet. Um über unbefugtes Eindringen in US-Zulieferfirmen amerikanische Militärgeheimnisse zu stehlen, haben Bin demnach „in Zusammenarbeit mit Dienststellen des chinesischen Militärs” unterschiedliche Aktionen durchgeführt und dabei Terrabytes an Daten vor allem von F-22 und F-35 erbeutet.

Fluglotsen: Herrscher über Rollfeld und Luftraum

Neue Marine-Jets

Bis zu einer Indienststellung des J-35 auf (offenbar beiden) chinesischen Trägertypen (Startschanze und Katapult), setzen die chinesischen Marineflieger weiter auf die SAC J-15. Selbst ein Derivat der (dort noch immer eingesetzten) russischen Marineversion Su-33 der Flanker-Familie, hat SAC aus einem einst aus der Ukraine beschafften, vormals aus der Sowjetunion „übrig gebliebenen” Exemplar die J-15 weiterentwickelt. Anfangs nur – mit dadurch geringerer Nutzlast – für die beiden auf russischen Entwürfen basierenden Träger CV16 „Liaoning” und CV17 „Shandong” mit Ski-Schanze.

Wie nun in Zhuhai und bei einer kürzlichen Übung beider Schiffe aber auch offiziell hergezeigt, hat die „neue” J-15T offenbar ein neues AESA-Radar in einer neuen Nase ohne Pitot sowie die charakteristische Katapultstange für konventionelle Deckoperationen auf der CV18 „Fujian” und den weiteren geplanten (Nuklear)Trägern. Lange waren die chinesischen Spotter auch einer zweisitzigen Version auf der Spur, diese ist nun in Zhuhai als J-15D und dies als spezielle EloKa-Störversion mit mächtigen Jammer-Behältern manifest geworden. Dies nicht zu verwechseln mit der ebenfalls zweisitzigen Spezialversion der landgestützten J-16 – der primären Mehrzweck-Angriffsversion der chinesischen Flanker-Familie. Mit der J-16D gibt es ebenfalls eine Version zur elektronischen Kriegsführung. Erkennbar – in Ähnlichkeit zur EF-18G Growler – an den Antennengruppen auf den EloKa-Behältern an den Flügelspitzen. Auch diese ist nun in Zhuhai zu sehen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Russland zeigt seine Su-57

Eine weitere Premiere kommt – neben gemeinsamen Patrouillen entlang Japans und Alaskas auch ein Zeichen der generellen Nähe der beiden Länder – diesmal aus Russland. Rosoboronexport und das zu ROSTEC gehörende Flugzeugbau-Konglomerat UAC bringen den 2010 erstmals geflogenen einzigen russischen Jäger der 5. Generation in Zhuhai erstmals aktiv ins Ausland. Und zwar gleich zweifach, einmal im Flugprogramm der Prototyp 054 und – zerlegt via Antonow angeliefert – für die statische Schau die etwas jüngere 057. Die beiden Jets zählen nicht zu den bislang rund zehn gefertigten Serienmaschinen, welche übrigens – das galt lange Zeit aber auch für chinesische Jets – immer noch dem endgültigen Triebwerk harren. In chinesischen Videos machte man sich während des Aufbaus bereits über die als „Harnisch” und sicher nicht als Stealth befundene Oberflächengüte der 054 lustig, dieser ist aber ein zwölf Jahre alter Prototyp, 057 sieht vom „Finish” her viel besser aus.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die Russen bezeichnen in Zhuhai die Maschine – offenbar verbunden mit weiteren Exporthoffnungen … als Su-57E, jene wird schon seit der MAKC-Show vor einigen Jahren (erfolglos) angeboten, es dürfte eine solche (vermutlich abgespeckte) Variante aber erst geben, wenn sie jemand bestellt. Die beiden Flugzeuge in Zhuhai sind wie gesagt Prototypen.

Militär Aktuell wird – via Kontakte vor Ort – in den nächsten Tagen und Wochen weiter von der Veranstaltung, über mögliche „Sichtungen” und Interessantes berichten.

Quelle©Archiv