Egal ob Gebirgsausbildung, Assistenzeinsatz oder Häuserkampf – das Jägerbataillon 18 im steirischen Sankt Michael ist für alle Eventualitäten gerüstet und beeindruckt mit seiner umfangreichen Einsatzerfahrung.
Mit provokanten Gesten und Grimassen schlendern die Demonstranten auf die angetretenen Soldaten zu, die ihnen mit Schild und Schlagstock den Weg versperren. Als sie näherkommen, stimmen sie höhnisches Gelächter an. Deuten herum. Schreien. Provozieren. Die Uniformierten in der Sperrkette ertragen die Anfeindungen aber mit stoischer Ruhe. Bis ein Demonstrant plötzlich die Soldaten anrempelt und damit das Fass zum Überlaufen bringt. Auf das Kommando „Schild“ erheben die Soldaten ebendiese und schützen sich damit vor den energischen Fußtritten der Angreifer. „Zugriff“, brüllt der Kommandant und die schier undurchdringliche Barrikade aus Schildern öffnet sich für einen Augenblick, um einen der Aggressoren während einer Attacke durchzulassen. Er stolpert, aber noch ehe er sich wieder aufrichten kann, bringen ihn zwei „Fänger“ gekonnt mittels Hebelgriff zu Boden und legen ihm Handschellen an.
Diese Form von Action zählt sicher zu den Highlights des Soldatenalltags in der Landwehr-Kaserne im steirischen Sankt Michael, wo das Jägerbataillon 18 stationiert ist. Gerade trainiert ein Kaderpräsenzzug den Ordnungseinsatz, auch CRC (Crowd and Riot Control) genannt, wo es darum geht, eine aufgebrachte Menschenmenge in Schach zu halten. „Der Puls geht in die Höhe, der Adrenalinpegel steigt an und der Körper ist ständig unter Spannung“, beschreibt Zugsführer Mathias Schöls während einer Verschnaufpause das Gefühl, in der Sperrkette ganz vorne zu stehen. Angesichts der derzeitigen Sicherheitslage an Österreichs Grenzen ist diese Ausbildung aktueller denn je. Erst Ende April ist eine Assistenzkompanie des Jägerbataillon 18 in der Stärke von 125 Mann aus dem zweimonatigen Assistenzeinsatz in Spielfeld zurückgekehrt. „Es war aufgrund der rasch wechselnden Aufgaben – vom Grenzmanagement bis zur Überwachung der grünen Grenze – sehr fordernd“, berichtet Bataillonskommandant Oberst Karl-Heinz Tatschl und betont den hohen Grad an Einsatzerfahrung seiner Kadersoldaten. Viele nehmen regelmäßig an Auslandseinsätzen teil. „Einsatz und Ausbildung kann man nicht getrennt betrachten, es muss ein Kreislauf sein“, so der Kommandant, der flexibel auf mögliche Szenarien reagieren muss. Derzeit ändere sich die Lage sehr schnell und es sei unklar, wo und wann der nächste Einsatz bevorsteht. Ein Fixpunkt ist jedenfalls die Airpower am 2. und 3. September, bei der das Jägerbataillon Steiermark (Miliz), für dessen Formierung und Ausbildung das Jägerbataillon 18 verantwortlich ist, als Sicherungselement eingesetzt wird. „Bis dahin gilt es die Soldaten dahingehend zu trainieren“, sagt Oberst Karl-Heinz Tatschl.
„Haaaabt Acht, Reeeechts um“ hallt es unterdessen im Hof zwischen den weitläufigen Garagengebäuden. 30 der 180 frisch eingerückten Grundwehrdiener, die gerade ihren dritten Tag in Uniform erleben, machen ihre ersten Gehversuche im Exerzieren. Noch hapert es an allen Ecken und Enden, die Ausbildner bringen aber zusehends Ordnung in das Durcheinander und ermahnen jeden Fehltritt. Neben der Ausbildung von Grundwehrdienern ist das Leistungsspektrum der „Achtzehner“ vielfältig. „Jede unserer drei Jägerkompanien hat einen Schwerpunkt: Eine ist auf den Kampf im urbanen Umfeld (Anm.: „Häuserkampf“) spezialisiert, eine auf Gebirgsbeweglichkeit und Lufttransport und eine auf Nahkampf und Ordnungseinsätze“, erklärt Kommandant Tatschl, der sein Bataillon auch aufgrund der geografischen Lage im Alpenvorland als Alleskönner versteht. Diese Aussage unterstreicht auch die Tatsache, dass seine Kaderexperten heuer sogar einen Gebirgsausbilderlehrgang für Teilnehmer aus ganz Österreich abhalten.
Schauplatzwechsel. Die Soldaten des KPE-Zuges sind im „Schießkino“ angetreten, um ihre Schießfertigkeit zu verfeinern. Auf eine große Leinwand werden dort Übungsszenarien projiziert. Heute geht es darum, mit einer Pistole bewaffnete Dummies von Zivilisten zu unterscheiden und zu bekämpfen. Die Schützen müssen binnen kurzer Zeit wechselnde Situationen erfassen und handeln. Die Anspannung steht den Schützen ins Gesicht geschrieben, geht es doch darum, vor den Kameraden Eindruck als guter Schütze zu machen. Jeder Schuss sendet einen Lichtimpuls, der eine detaillierte Auswertung der Ergebnisse möglich macht. „Echtes Scharfschießen ist aber trotzdem viel spannender“, berichtet ein Charge am Rande
Nach dem Mittagessen geht es für die Grundwehrdiener der 2. Kompanie in die Unterkunft. „Handhabung Ausrüstung“ steht am Dienstplan, soll heißen: Spindordnung herstellen und unterschiedliche Kampfanzüge anlegen. „Kampfanzug 03/1 herstellen. Zeit: Fünf Minuten“, befiehlt der Ausbildner. Nach dem Abtreten herrscht hektisches Treiben in den Zimmern. Schuhe werden in Windeseile gebunden, Schnallen klicken. Noch schnell die Feldflasche füllen und an den Hüftgurt stecken. Fertig! Rekrut Dominik Kreuz aus Trofaiach ist mit seinen Zimmerkameraden schweißüberströmt am Gang angetreten und berichtet von den Strapazen des Drills: „Man muss auswendig wissen, was und in welcher Reihenfolge in welche Tasche gehört. Trotz Zeitdruck muss man versuchen, ruhig zu bleiben.“
Wesentlich ruhiger geht es in der Fahrzeugwerkstätte des Bataillons zu. Allerdings sitzt auch dort jeder Handgriff, wenn es darum geht, Lkw, Pinzgauer oder Puch G zu reparieren und das „Pickerl“ zu machen. Werkstättenleiter Vizeleutnant Ernst Pranger hat gerade den Motor eines Pinzgauers in all seine Einzelteile zerlegt, um ihn zu reinigen. „Das schaffen wir innerhalb eines Tages, denn der luftgekühlte Motor mit einzeln liegenden Zylindern ist äußerst praktisch in der Wartung.“ Soll keiner sagen, dass alte Ausrüstung nicht auch Vorteile habe, und womöglich – wer weiß – hat das gut 40 Jahre alte Triebwerk sogar schon die Väter der Grundwehrdiener, die gerade ihre Kampfanzüge anlegen, über Stock und Stein transportiert. Und war ihnen schon ein verlässlicher Partner.
Text: STEFAN TESCH Fotos: MATTHIAS HESCHL