Militär Aktuell hat bereits von der erfolgreichen Abfangjagd ukrainischer FPV-Piloten gegen russische Aufklärungsdrohnen berichtet. Auf diesem offenbar erfolgreichen Feldversuch dürfte nun das neue „Dronopad”-Projekt aufbauen – erklärtes und nicht gerade bescheidenes Ziel ist es, 1.000 russische Aufklärungsdrohnen abzuschießen. Und das nicht mit Millionen Euro teuren Flugabwehrraketen, sondern durch den Einsatz spezieller, mobiler FPV Gruppen.
Die als „Deckungsgruppen” bezeichneten „Dronopad”-Einheiten werden für ihre komplexe Aufgabe mit einer bereiten Palette an Ausrüstung ausgestattet. Im Zentrum steht ein Pickup, der als mobile Einsatzbasis dient. Dazu kommt Kommunikationsausrüstung vom Funkgerät bis zum Starlink-Terminal, ein Generator zur Stromversorgung sowie speziell für diesen Einsatz angepasste FPV-Drohnen.
Starten die Abfangdrohnen von einer Trägerdrohne?
Nicht erwähnt, aber aus den vorliegenden kurzen Videos durchaus ableitbar, ist ein fliegendes Trägersystem für die FPV-Drohnen. Denn es fällt auf, dass fast alle Abfang-Videos den Sturzflug einer FPV-Drohne aus teils stark überhöhter Position auf eine bereits hoch fliegende Aufklärungsdrohne zeigen. Ein Trägersystem wäre die naheliegende Erklärung für diese Wahrnehmung.
Unklar ist auch, wie die russischen Aufklärungsdrohnen erfasst und verfolgt werden. Einpeilen, sobald diese mit einer Übertragung beginnen, ist natürlich eine naheliegende Option. Aber auch Lösungen, die mit optischer Erfassung im sichtbaren und/oder Infrarot-Band arbeiten, sind denkbar. Ebenso natürlich Radar.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist das derzeit aktuellste Video, das einen Abfangeinsatz bei Nacht mit IR-Kamera auf einer FPV-Drohne zeigt. Ein derartiges Szenario erfordert bereits ein bemerkenswertes Zusammenspiel von nicht mehr ganz so simplen Mitteln.
Die bislang meisten Abschüsse meldet eine Angriffsdrohnenkompanie des Signum Batallions der 93. mechanisierten Brigade. Der Verband steht rund 15 Kilometer südwestlich der Stadt Bachmut, die ab August 2022 und bis Mai 2023 im Fokus der Kampfhandlungen stand (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) und seit Mai des vergangenen Jahres völlig zerstört von russischen Verbänden gehalten wird.
45 Kilometer weiter südwestlich dieser Position ist der Frontbogen, der sich seit Beginn der russischen Großoffensive auf die Stadt Awdijiwka ab Oktober 2023 und deren Einnahme im Februar 2024 entwickelt hat. Die erwähnte Drohnenkompanie hat in diesem hart umkämpften Raum binnen kurzer Zeit laut eigenen Angaben 49 russische Aufklärungsdrohnen abgefangen.
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Die „Anti-Drohnen”-Drohnen Strategie der Ukraine
Die Bedeutung dieser Entwicklung ist für die Regierung in Kiew nicht hoch genug einzuschätzen. Das Abfangen der Aufklärungsdrohnen ist der erste von drei geplanten Schritten im Drohnenkrieg (-> Der Ukraine-Krieg als erster „War of Dornes”), an dem die Ukraine mit Hochdruck arbeitet.
Der ebenfalls in Umsetzung befindliche zweite Schritt ist eine Starrflügel-Abfangdrohne, die russische Drohnen in mehreren Kilometern Höhe bei Bedarf bis zu 60 Kilometer weit folgen und zerstören kann. Der Einsatzradius der „Dronopad”-Deckungsgruppen würde sich dadurch dramatisch erhöhen.
Dritter und wichtigster Schritt, weil zum Schutz der kritischen Infrastruktur von immenser Bedeutung, ist eine Abfangdrohne, die Russlands-Langstreckendrohnen vom Typ Geran (Kopie der iranischen Shahed) vernichten soll. Mindestens 200 km/h schnell soll sie mindestens über 200 Kilometer und besser noch 500 Kilometer Reichweite verfügen und deutlich günstiger und besser verfügbar sein als Flugabwehr-Raketen.
Die eher ungeplanten, deswegen nicht minder bemerkenswerten, vereinzelten Drohnenluftkämpfen der ersten beiden Kriegsjahre, dürften mit dem neuen Projekt jedenfalls zusehends systematisiert werden. Das Konzept scheint jedenfalls in der Lage, großflächig ausgerollt zu werden und eine wichtige Rolle am gesamten Gefechtsfeld zu spielen.
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