Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate freunden sich mit Erzfeind Israel an, während der neue US-Präsident Joe Biden Saudi-Arabien die weitere Kriegsunterstützung im Jemen versagt. Zudem scheint sich in der Region eine Allianz gegen den Iran zu formieren, deren Folgen noch nicht absehbar sind.

Die jüngst erfolgte Annäherung zwischen Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Sudan sowie Marokko und Israel kam überraschend. Auf die Fahnen heften darf sich diesen „Coup” der vormalige US-Präsident Donald Trump, die Unterzeichnung des sogenannten „Abraham Accords” bedeutet nichts weniger als eine sicherheitspolitische Kehrtwende im Nahen Osten. Israel ist nicht länger „Staatsfeind Nr. 1”, die Lösung der Palästinenserfrage nicht mehr eine „conditio sine qua non”.

Erklärung dafür könnte der steigende Einfluss des Iran sein – vom Libanon über Syrien und Irak bis in den Jemen. Zehn Jahre Krieg und Terror haben das Machtgefüge im Nahen Osten erschüttert. Teheran war trotz aller Verhandlungen, Sanktionen und Boykotte nicht zu beugen. Nachdem auch das 2015 in Wien unterzeichnete Atomabkommen (JCPOA) durch den einseitigen Rückzug der USA 2018 de facto zum Erliegen kam, dürften sich die Befürchtungen in der Region verstärkt haben. Vor allem Saudi-Arabien, das einen aussichtslosen Krieg im Jemen führt, sieht sich angesichts schmerzhafter Anschläge im eigenen Land zunehmend in Bedrängnis.

Dazu kommt: Auf die USA scheint aus Perspektive Israels und der Staaten der arabischen Halbinsel nicht unbedingt mehr Verlass zu sein. Israel war von Anbeginn ein vehementer Gegner des Atom­abkommens und befürwortet einen Militärschlag gegen Irans Atomprogramm. Saudi-Arabien gerät zusätzlich unter Druck, weil US-Präsident Biden den Krieg im Jemen nicht mehr unterstützen will. Es entsteht daher der Eindruck, dass die Gegner des Iran das Heft in die eigene Hand nehmen möchten und die USA eher als Unterstützer, aber nicht als Führer einer Phalanx gegen den Iran sehen.

Große Bedeutung kommt somit dem Vorgehen Bidens im Zusammenhang mit dem JCPOA zu. Gelingt es ihm, Teheran wieder an den Verhandlungstisch zu bringen und zu weiteren Zugeständnissen zu bewegen? Allerdings ist es äußerst fraglich, ob sich die Führung in Teheran angesichts der bevorstehenden Präsidentenwahl darauf einlassen wird – zumal die bisherigen Erfahrungen mit dem Abkommen keine Erfolgsgeschichte sind. Daher werden eher die Hardliner den Ton angeben – ungünstige Voraussetzungen für eine rasche Wiederaufnahme von Gesprächen. Das wird auch Washington bekannt sein.

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Andere Prioritäten: Neo-US Präsident Joe Biden verfolgt im Nahen Osten andere Zielsetzungen als sein Vorgänger Donald Trump.

Präsident Biden befindet sich somit in einer misslichen Situation. Er wird die Erwartungen Israels und der arabischen Verbündeten nicht erfüllen können, darf sie aber nicht verlieren, um nicht Russland und China die Tür zu weit zu öffnen. Ein völliger Rückzug ist ebenso unmöglich, weil eine militärische Eskalation verhindert werden muss, in die die USA nolens volens hingezogen würden. Er muss deshalb eine Linie gegenüber dem Iran finden, die einerseits den regionalen Partnern die eigene Verlässlichkeit demonstriert und andererseits in Teheran Vertrauen in die Verhandlungsbereitschaft der USA schafft.

Die USA könnten daher versuchen, Zeit zu gewinnen, denn vor der Wahl im Iran sind keine großen Abschlüsse zu erwarten. Somit gilt es, entsprechende Signale an alle involvierten Akteure zu senden. Abgesehen davon haben die USA mit der Positionierung gegenüber China und der Entwicklung im Indo-Pazifik dringlichere Probleme auf der außenpolitischen Tagesordnung.

Angesichts bisheriger Erfahrungen wäre es aber verwegen, kühles Denken und rationales Agieren aller involvierten Akteure zu erwarten. Daher kann sich in den nächsten Monaten eine Sturmfront aufbauen, ein Gewitter entladen oder auch „nur” der Frühling ins Land ziehen.

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