Am Sonntagabend rückte eine aktuelle Meldung aus dem Ukraine-Krieg ins Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit: Ukrainischen Streitkräften soll es demnach gelungen sein, über dem Asowschen Meer gleich zwei russische Überwachungsflugzeuge abzuschießen. Während der Abschuss einer Beriew A-50 (NATO-Code: Mainstay) inzwischen bestätigt wurde, scheint es die Iljuschin Il-22M11 (Coot B) schwer beschädigt zurück zum Heimatflughafen geschafft zu haben.

Die A-50 soll sich laut aktuellen Quellen auf Höhe Berdjansk befunden haben, die Il-22M11 weiter westlich auf Höhe Melitopol. In jedem Fall wurde ein Funkspruch der Il-22M11 abgefangen, in dem es um eine geplante Notlandung in Anapa ging. Darin fordert der Pilot die Flughafenfeuerwehr sowie Rettungsdienste an und kündigt eine Evakuierung des Flugzeugs an. Später wurde berichtet, dass eine IL-22 mit Schäden und mehreren verletzten Besatzungsmitgliedern auf einem russischen Zivilflugplatz gelandet sei. Es gab mehrere Beiträge in sozialen Medien, die von einer Meisterleistung des Piloten schreiben und eine entsprechende militärische Ehrung fordern.

Berichtet wird auch von einem Funkspruch einer Su-30SM – mutmaßlich der Jagdschutz für die Hochwertziele A-50 und IL-22M – die ein Flugzeug „wie eine Kerze vom Himmel fallen sah”.

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Die Berijew A-50 Schmel ist ein in der Sowjetunion entwickeltes vierstrahliges Frühwarnflugzeug, das auf dem Transportflugzeug Iljuschin Il-76 basiert.

Ein Beitrag auf dem russischen Telegramkanal „Fighterbomber”, der mit „eine Tragödie ist immer eine Tragödie, vor allem, wenn es in dieser Größenordnung ist” beginnt, lässt darauf schließen, dass die Beriew A-50 wirklich abgestürzt ist. Es handelt sich dabei aktuellen Meldungen zufolge um ein modernisiertes Langstreckenradar-Erkennungs- und Kontrollflugzeug A-50U mit der Seriennummer 93966. Die Maschine identifiziert Objekte in der Luft, bestimmt ihre Koordinaten und Flugbahndaten und übermittelt die Informationen an die Gefechtsstände. Die A-50 fungiert zudem als Kontrollzentrum, das Abfangjäger und taktische Flugzeuge der Luftwaffe in Kampfgebiete lenkt, um Bodenziele in geringer Höhe anzugreifen. An Bord befinden sich üblicherweise 15 Soldaten, fünf Mitglieder der Flugcrew sowie zehn Missionsspezialisten.

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Ein Bild der abgeschossenen A-50U mit der Seriennummer 93966.

Die Basis der A-50 bildet ein Militärtransportflugzeug des Typs Il-76, welches ein Radargerät vom Typ Shmel am Rücken trägt. Die Funktion der Maschine ist ident mit jener der in der NATO als AWACS bekannten Flugzeugtype. Russland verfügt nach offenen Quellen über drei A-50 sowie sechs A-50U. Die Kosten pro Flugzeug werden auf rund 300 Millionen Euro geschätzt.

Generalmajor Dorfer und Brigadier Promberger bestätigt

Die A-50 wäre das erste abgeschossene luftgestützte Frühwarnsystem in der Militärgeschichte und gleichzeitig das teuerste je abgeschossene Militärluftfahrzeug. Im Westen wird der versuchte Angriff auf eine AEW&C Maschine gemeinhin als Selbstmordmission ohne Chance auf Erfolg eingestuft.

Der russische Militärblogger „Rybar” hat Sonntagabend um 23.00 Uhr erstmals die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass es sich bei dem Abschuss um „friendly fire” handeln könnte, dies sei schon mehrmals vorgekommen. Obwohl diese Möglichkeit theoretisch besteht, schimmert hier doch das bekannte russische Narrativ durch, lieber dem eigenen Personal Unfähigkeit und Versagen zu unterstellen als dem Gegner einen Erfolg zuzugestehen. Der Verlust des Kreuzers „Moskva” wird in offizieller russischen Lesart daher immer noch einem Brand an Bord und einem Sturm aus See zugeschrieben, obwohl jeder weiß, dass es an dem Tag und zum Zeitpunkt des Untergangs keinen Sturm gab.

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Die getroffene Iljuschin Il-22M11 soll es – schwer beschädigt – zurück auf einen russischen Zivilflughafen geschafft haben.

Womit diese beiden Flugzeuge abgeschossen und angegriffen wurden ist vorerst noch unklar. Möglich ist natürlich bodengestützte, weitreichende Flugabwehr, von der man weiß, dass sie in der Südukraine tätig ist. Sofort begonnen haben auch Spekulationen, ob eventuell bereits F-16 in der Ukraine im Einsatz sind.

Im jüngsten Interview mit Vizeadmiral Oleksii Neizhpapa, Befehlshaber der ukrainischen Marine, will dieser, eineinhalb Jahre nach Versenkung der Moskva, keine Auskunft darüber geben, wie dies bewerkstelligt wurde. Entsprechende Nachkriegsliteratur wird es geben, jedoch Einbeziehung und Informationsfreigabe durch übergeordnete Dienststellen erfordern.

Als ähnlich gelagert wird man auch Beschuss und Abschuss der A-50 und IL-22M einstufen müssen. Solange die angewandte Technik und Taktik von militärischer Relevanz ist, ist es unwahrscheinlich, dass konkrete und nachweislich harte Fakten darüber an die Öffentlichkeit gelangen.

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Das schwer beschädigte Leitwerk der russischen Il-22M11 – intern dürfte die Maschine als Totalverlust eingestuft werden.

Im Laufe des Montags gelangten dann dennoch Bilder des Leistwerks der Il-22M11 ins Internet. Die Maschine befindet sich demnach aktuell in Anapa. Dem Schaden nach zu urteilen muss es sich um einen größeren Gefechtskopf gehandelt haben, der in einiger Entfernung von der Maschine explodiert ist. Begründung: Die Druckwelle war nicht mehr in der Lage die Struktur zu beschädigen. Es sind auf dem Bild nur Einwirkungen von Splittern erkennbar. Zu sehen ist allerdings nur die linke Seite des Leitwerks, eine vorläufige Analyse muss also unvollständig bleiben. Russische Quellen berichten davon, dass die Maschine als irreparabel beschädigt eingestuft wurde.

Unbestätigen Meldungen zufolge soll sich an Bord der A-50 übrigens Generalmajor Oleg Pchela, stellvertretende Kommandeur der Langstecken Luftfahrt der russischen Luftstreitkräfte und Kommandant des Luftwaffenstützpunktes Engels-2 bei Saratov, befunden haben. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es nicht.

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Gefallen? Angeblich befand sich Generalmajor Oleg Pchela an Bord der abgeschossenen A-50.

Am Montag wurde auch ein weiterer abgefangener Funkspruch eines russischen Su-34 Piloten veröffentlich, welcher einen Angriffsflug mit Kh-59-Abstandslenkflugkörpern durchführte. Der Pilot berichtete davon, dass er zuerst von der Strahlung eines 300-tka-Radars erfasst wurde und in weiterer Folge über dem Asowschen Meer daher ein Ausweichmanöver durchführen musste, um einer abgefeuerten Flugabwehrrakete auszuweichen. Die Ukraine verfügt demnach im Süden über ein Luftverteidigungssystem, dessen Raketen mindestens 150 Kilometer weit reichen. Die Ukraine hat inzwischen mehrere Patriot-Flugabwehrsysteme erhalten sowie Raketen des Typs PAC-2/GEM-T und GEM-C, welche solche Entfernungen erreichen können.

Information: Sämtliche Angaben zu dem hier geschilderten Vorfall sind bislang unbestätigt. Die Angaben und Informationen stammen allerdings allesamt aus offenen Quellen.

Quelle@Archiv, Pchela