Polen hat sich bereits vor vier Jahren für den Ankauf von F-35 von Lockheed Martin entschieden, nun beschloss das Land dem Kampfjet einen nationalen Namen zu geben: Die israelische Luftwaffe bezeichnet ihre F-35I-Variante mit dem hebräischen Namen Adir („Mächtiger”), Großbritannien und die USA nennen die Maschinen Lightning-II und in Polen werden die F-35 fortan als Husarz bezeichnet werden.

Der gewählte polnische Name wurde im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbs mit insgesamt rund 800 Vorschlägen (die beliebtesten fünf Namen wurden kürzlich zur Abstimmung gestellt) ausgewählt und bezieht sich auf ein konkretes Kapitel der Militärgeschichte des Landes. Der Name bezeichnete im 16. und 17. Jahrhundert die schwere Kavallerie des polnisch-litauischen Reiches. In der Abstimmung zogen gegen Husarz zuletzt Halny (ein Föhnwind), Harpia (halb menschlich halb vogelartiges Wesen aus der antiken griechischen und römischen Mythologie), Dracarys (Drachenfeuer) und Duch (Geist) den Kürzeren.

Polens erster F-35-Kampfjet in Bau – ©Lockheed Martin
Noch sind die ersten polnischen Maschinen in Bau, Ende 2024 sollen die ersten Jets aber bereits übergeben werden.

Geflügelter Stealth-Husar
Die Husarz waren im deutschsprachigen Raum als „Flügelhusaren” bekannt. Sie wurden ab 1503 vom polnischen Sojm aufgestellt und galten als der elitärste Zweig der Streitkräfte des Landes, wobei viele aus dem polnischen Adel ausgewählt wurden. Zwischen der Schlacht von Lubiszewo (1577) und dem Entsatz der Belagerung von Wien (1683) war ihr „Goldene Zeitalter”. Die Husarz gewannen in dieser Zeit 16 Schlachten sowohl gegen osmanische als auch russische Truppen. 1709 von den Schweden besiegt, wurden sie zu zeremoniellen Rollen degradiert, bevor sie 1776 aufgelöst wurden.

Flügelhusaren greifen an – ©HGM
Die sogenannten „Flügelhusaren” waren in Österreich lange Zeit legendär, im Jahr 1683 halfen sie mit, die türkischen Belagerer von vor den Toren Wiens zu vertreiben.

Dennoch sind sie seither ein wichtiger und Identität stiftender Teil des militärischen Erbes Polens. Charakteristisch und weithin sichtbar waren eben jene „Flügel”, zwei am Rücken oder Sattel – hier sind sich die Historiker uneins – befestigte Bügel aus Holz oder Metall, auf denen in dichter Reihe Adlerfedern angebracht waren. Diese machten aus den auf den letzten 100 Metern eng an eng mit rund 40 km/h anstürmenden Reitern gleichsam eine „himmlische Heerschar”, die auf den Gegner furchteinflößend und demoralisierend gewirkt haben muss. Jedenfalls dürfte das auch am 12. September 1683 beim von den Osmanen nicht gesicherten Kahlenberg, zwischen Währung und Hernals, so gewesen sein. Andererseits wird bis heute in Fachkreisen gestritten, ob die Flügel danach nicht als viel zu groß dargestellt wurden oder real eher nur für Zeremonien gedacht waren. Jedenfalls waren nur einige Tausend des vom Polenkönig Jan III. Sobieski befehligten Entsatzheeres von dieser speziellen und in Aufstellung und Unterhalt (Spezialpferde und andere kostspielige Ausrüstung) teuren Formation.

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Zahlreiche Militär-Video-Youtuber haben sich mit dem auch oft mystifizierten Phänomen der „Flügelhusaren” beschäftigt, siehe Video oben, aber auch hier, hier und hier. Und am 10. September 2016 demonstrierte anlässlich des 333. Jahrestages der „Schlacht am Kahlenberge” (die eigentlich eher von diesem herab geführt wurde) eine polnische Re-Enactment Reitergruppe in historischer Ausstattung im Rahmen des „Gedenkritts 1683” die Kampfkunst der legendären Truppe im Heeresgeschichtlichen Museum.

Kommandoübergabe beim Jägerbataillon NÖ

Erste Maschine Ende des Jahres
Zurück zum F-35: Läuft alles nach Plan, darf die polnische Luftwaffe noch Ende dieses Jahres in den USA ihre erste Husarz in Empfang nehmen, voraussichtlich mit der Low Viz-Version des Schach- beziehungsweise Damenbrett-Hoheitszeichens. Die Fertigung der ersten polnischen F-35A, AZ-1, begann im Frühjahr 2023 mit der Herstellung eines Teils der Flügelbaugruppe an der F-35-Mittelflügelmontagelinie von Lockheed Martin in Marietta/Georgia. Und dieser Tage hat der Hersteller ein Video veröffentlicht, in dem die erste polnische Maschine zum ersten Mal mit „Gewicht auf den Rädern” im Endmontagewerk in Fort Worth/Texas steht. Darin und auf ebenfalls veröffentlichten Fotos sind allerdings alle Einblicke ins Innere der Maschine aufwändig unkenntlich gemacht.

©Militär Aktuell
Polens Flotte wird mit dem Technology Refresh 3 (TR-3) und später mit Block 4-Fähigkeiten ausgestattet sein. Wie berichtet, bildet TR-3 das Hardware-Computer-Rückgrat des Block-4 der F-35, um dessen künftig gesteigerten Waffen- und Sensor-Fähigkeiten zu ermöglichen. Eine humoristische Anmerkung: Der polnische F-35 wird deshalb keine zweistrahlige Variante, wie – irrtümlich oder im Überschwang der Namensnennung – auf einem neuen Sujet des polnischen Generalstabs suggeriert wird.

Polnische Grafik mit zweistrahligem F-35 – ©Sztab Generalny WP
In dieser Grafik des polnischen Generalstabs kommt der F-35 zweistrahlig daher.

Mehr als vier Prozent für Verteidigung
Sobald die F-35 in Polen in Dienst gestellt sind, werden sie mit den Block 52+ F-16C/D Viper- und MiG-29 Kampfflugzeugen der polnischen Luftwaffe sowie – deren Ende ist aber absehbar – den unikaten Schwenkflügel-JaBos Su-22 Fitter-K operieren. Daneben führt die WLP auch südkoreanische leichte Kampfflugzeuge FA-50GF ein und hat sie zuletzt auch Interesse an der Beschaffung von F-15EX Eagle-II zur reinen Luftüberlegenheit bekundet.

Polnischer Su-22-Kampfjet – ©Georg Mader
Noch versehen die polnischen Su-22 Dienst, ihre Zeit dürfte aber schon bald ablaufen.

Polen ist NATO-Frontstaat und hat wie mit den Deutschen auch mit Blick auf die Russen eine lange historische Leidensgeschichte und verschwand deshalb in der Vergangenheit auch einige Zeit von der Europakarte. Angesichts des russischen Angriffskriegs in der benachbarten Ukraine seit Anfang 2022 (deren westlicher Waffennachschub läuft über polnische Flugplätze und Grenzübergänge) gibt Warschau – auch unter der neuen EU-freundlicheren Regierung – aktuell 4,23 Prozent seines BIP für seine Streitkräfte aus. Das ist mehr als doppelt so viel wie das NATO-Ziel von zwei Prozent. Seitens der Staatsführung wäre man sogar bereit, im Sinne der nuklearen Teilhabe der NATO, zur Abschreckung auch Atomwaffen im Land zu beherbergen.

Hier geht es zu weiteren Berichten rund um Lockheed Martin.

Quelle©Lockheed Martin, HGM, Georg Mader