Während die auf maritime Proliferation beschränkte Waffenembargo-Überwachungsmission der EU „Irini” vor Libyen mittlerweile angelaufen ist, haben sich in dem nordafrikanischen Land am Boden die Dinge signifikant weitergedreht.
Der seit einem Jahr mit seiner Libyschen Nationalarmee (LNA) auf Tripolis marschierende ostlibysche „Marschall” Haftar (76) hat jüngst – in erster Linie dank türkischer Militärunterstützung – einen Rückschlag erlitten, als er die Unterstützung der Zintan-Warlords verlor und in Folge die Luftwaffenbasis Woutiya westlich von Tripolis aufgeben musste. Davor hatten türkisch betriebene Bayraktar-Drohnen neun von zehn Pantsir-Flugabwehrsystemen zerstört, welche die LNA von den Vereinigten Arabischen Emiraten gestellt erhielt. Zwar gibt es Berichte wonach Haftar-Unterstützer Ägypten deshalb über ein „Ersetzen” Haftars nachdenke, aber natürlich – wie immer in Konflikten – gibt es erstmal eine Gegenreaktion seiner Unterstützer.
Die Aufregung in einschlägigen Zirkeln war groß, als vor einigen Tagen die Meldung die Runde machte, wonach Russland Haftar mit MiG-29-Kampfjets aktiv gegen die international anerkannte Regierung unterstütze. Das Afrikakommando des US-Militärs (Africom) hatte Luftaufnahmen der libyschen Luftwaffenbasis al-Jufra veröffentlicht, auf denen mehrere MiG-29-Kampfjets zu sehen sind und ordnete diese Maschinen Russland zu. US-Angaben zufolge seien weder die Libysche Nationalarmee (LNA) noch private Militärfirmen in der Lage solche Flugzeuge zu bewaffnen, zu bedienen und zu unterhalten. Die Rede war auch von mindestens zwei Su-24 Bombern. Haftars Luftwaffenchef betonte dazu, dass man „vor einer Luftoffensive steht, wie sie das Land noch nicht gesehen hat.”
Laut aktuellen Informationen aus dem Netzwerk des vielerorts publizierenden und exil-iranischen Military-Aviation-Experten Babak Taghvaee handelt es sich bei den Maschinen allerdings nicht um russische Jets, sondern vielmehr um gebrauchte weißrussische MiG-29 9-13, mit denen die VAE Haftar unterstützen. Diese seien mit „umfassender russischer Unterstützung unter anderem durch russische Su-35” (Anm.: die am 25. Mai einer US-Navy P-8A Poseideon recht nah auf den Pelz rückten, wie diese Bilder und ein Video zeigen) über den Iran nach Syrien gebracht worden und dann weiter nach Libyen, wo die erste Maschine am 19. Mai in Jufra gelandet sein soll. Laut US Africom seien die Markierungen der Jets auf der russischen Basis in Syrien übermalt worden. Das passierte gleichzeitig mit dem gemeldeten vorläufigen Rückzug angeblich von Haftar nicht bezahlter russischer Söldner der „Wagner-Group” von östlich Tripolis auf eben jene Basis Jufra.
Aber bereits 2014 waren den Informationen von Taghvaee zufolge vier Mi-24P-Kampfhubschrauber („P” = 30mm Zwillingskanone) aus Weißrussland über Vermittlung der VAE nach Libyen gelangt. Offiziell seien diese aufgrund des für Libyen geltenden Waffenembargos für Ägypten bestimmt gewesen, auf einem Luftwaffenstützpunkt in der Nähe von Alexandria wurden die Maschinen damals sogar mit ägyptischen Tarnfarben und Markierungen versehen. Später wurden diese wieder entfernt und die Helis der LNA übergeben. Zudem hätten die VAE auch den Verkauf von MiG-21M/MF und zuletzt mindestens zwei MiG-21UM aus Überschussbeständen der ägyptischen Luftwaffe an die LNA finanziert.
„Diese Finanzierungen zeigen einmal mehr die Entschlossenheit der Emirate der Türkei, ihren Verbündeten und Stellvertretern Paroli zu bieten”, sagt Babak Taghvaee. „Und das gilt unabhängig vom Ort. Kürzlich haben die Emirate sogar den syrischen Staatschef Baschar al-Assad ermutigt, die Stadt Idlib anzugreifen, um die Türken von ihrem sich laufend verstärkenden Engagement in Libyen abzulenken. Wir sehen hier also einen Zwei-Fronten-Stellvertreter-Krieg, der von den VAE aber auch Russland per Fernbedienung geführt wird.”
Hier finden Sie weiterführende Informationen. Breaking News: Weitere 300 syrische Söldner mit türkischen Flugzeugen (teils mit kenyanischen Rufzeichen) wurden nach Misrata eingeflogen. Hier gibt es auch bereits erste Bilder der MiG-29S für General Haftar während des Stopps in Syrien, wo die Hoheitszeichen übermalt wurden.