Erst im Juli des vergangenen Jahres wurde vom polnischen Verteidigungsministerium mit dem südkoreanischen Konzern Hyundai Rotem der Rahmenvertrag über den Kauf von insgesamt 1.000 (!) Kampfpanzern K2 Black Panther geschlossen. Und schon am 19. Oktober fand in Südkorea eine Zeremonie statt, bei der die ersten K2 vorgestellt wurden. Die Lieferungen sollten ambitioniert noch vor Ende des Jahres 2022 beginnen und bis 2025 dauern.
Termingerecht sind im Dezember tatsächlich – der K2 gilt als weltweit modernster verfügbarer serienmäßiger Kampfpanzer nach NATO-Standard – die ersten zehn bestellten Fahrzeuge per Seetransport im polnischen Hafen Gdynia angeliefert und dort bei der 20. mechanisierten Brigade der 16. mechanisierten Division (in der Woiwodschaft Warmińsko-Mazurskie) den Medien präsentiert worden. Insgesamt 180 der bestellten Panzer sollen direkt aus Südkorea kommen, der Rest soll gemäß vom polnischen Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak unterzeichneter Verträge in Polen hergestellt und montiert werden. Dabei wird es sich dann um die Variante K2-PL handeln.
Westlicher „Hybrid-Ausreißer”
Der seit 2014 hergestellte K2 ist deutlich moderner und besser ausgerüstet als die Panzer-Modelle aus dem Kalten Krieg, hat aber etwas von der russischen Philosophie mit einem für West-Panzer einmaligen – sich in der Ukraine für die Russen so fatal auswirkendem – Autoloader und nur drei Mann Besatzung ohne Ladeschütze. Andererseits wurde vom deutschen Leopard 2 die 120-Millimeter-Glattrohrkanone übernommen, ebenso wie in Lizenz Motor und Getriebe. 1.500 PS ergeben ein exzellentes PS/Gewichts-Verhältnis, denn mit einem Gewicht von nur 55 Tonnen ähnelt der K2 wiederum eher den russischen Vorbildern und ist wesentlich leichter als vergleichbare westliche Modelle. Zudem kann er durch sein hydropneumatisches Fahrwerk unterschiedliche Bodenfreiheiten herstellen und er hatte von Beginn an Innovationen, die der „Leo” erst jetzt im Zuge von Modernisierungen erhielt. Die Rede ist beispielsweise von aktiven Selbstschutzsystemen gegen angreifende PAL-Raketen.
Letztendlich wird die polnische Armee, die bisher deutsche Leopard 2-Panzer und Derivate auf Basis des sowjetischen Modells T-72 – 200 Stück in der alten Version und 240 in der modernisierten polnischen Version PT-91 Twardy (wurden allesamt bereits an die Ukraine abgetreten) – zwei Arten von Kampfpanzern betrieb, ihre FLotte auf schwere M1A2 Abrams aus US-amerikanischer Produktion und die leichteren koreanischen Kampffahrzeuge umstellen. Zusätzlich zu den 1.000 K2-Panzern erwirbt Warschau 250 neu gebaute M1 Abrams, die zusätzlich zu den bereits im vergangenen Jahr gekauften 116 gebrauchten Abrams zulaufen werden.
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„Die Kooperation mit Südkorea wird zur Weiterentwicklung der polnischen Rüstungsindustrie beitragen, da eine Reihe von Unternehmen aus der polnischen Rüstungsgruppe (Anmerkung: Polska Grupa Zbrojeniowa) in die Verträge eingebunden sind“, betonte Mariusz Błaszczak am 6. Dezember. Das offene Konzept des K2 hilft dabei, es macht Weiterentwicklungen von Baugruppen leicht möglich, ebenso wie kundenspezifische Lösungen für den Export. Das Hyundai-Angebot ist darüber hinaus auch wegen des Technologietransfers und der Schulung der Mitarbeiter attraktiv für Bestellländer – und dabei hat das schiere Volumen der polnischen Bestellung jedenfalls Signalwirkung.
Hunderte Artilleriegeschütze und Raketenwerfer
Die polnische Wertschöpfung gilt auch für die Selbstfahrlafetten-Artillerie K9A1, mit NATO-Kaliber 155 Millimeter und einer Reichweite von 30 oder 40 Kilometer. 212 dieser Haubitzen wurden direkt in Südkorea bestellt und zusammen mit den in Folge in Polen produzierten sollen es insgesamt 672 Stück sein – nicht eingerechnet die ebenfalls in Polen hergestellten Selbstfahrlafetten AHS Krab, die das Verteidigungsministerium zur Aufstockung seiner Truppen bestellt hat, nachdem es seine Fahrzeuge ebenfalls an die Ukraine geliefert hatte.
Ein weiterer Vertrag mit Südkorea beinhaltet den Kauf von 288 Mehrfachraketenwerfern K239 Chunmoo, die je nach verwendeter Munition eine Reichweite von bis zu 300 Kilometer haben können. Das System gilt als koreanischen Äquivalent zu den amerikanischen M270 Himars, welche die Ukrainer jüngst – beispielsweise in der Silvesternacht – mit guten Trefferquoten im Hinterland der russischen Linien zum Einsatz gebracht hat. Im Gegensatz zu den Himars ist das koreanische System jedoch schnell verfügbar und wird ab diesem Jahr (18 Stück) bis 2028 ausgeliefert. Polen hat übrigens schon 2019 ebenfalls 20 Original Himarswerfer bestellt, die aber erst dieses Jahr geliefert werden. Grund dafür: Die Lieferzeiten haben sich aufgrund des Krieges in der Ukraine und deren multipler Unterstützung aus den USA zuletzt deutlich verlängert. Übrigens werden auch die K239 Chunmoo – ebenso wie die Munition – zum Teil in Polen hergestellt, montiert auf polnischen Jelcz-LKWs.