Das deutsche Nachrichtenmagazin „Focus” hat am 27. Dezember eine recht ernüchternde Bestandsaufnahme des Zustandes der deutschen Bundeswehr gezogen. Fast zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der daraufhin von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende” sowie dem am 16. März verabschiedeten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen seien die deutschen Streitkräfte heute noch blanker als damals.
Zitiert werden im Bericht mehrere – auch medial bekannte – Experten, wie Ralph Thiele, Oberst a.D. und Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft, oder Carlo Masala, Militärexperte und Professor an der Universität der Bundeswehr. Gefragt werden jene auch ob Boris Pistorius der Richtige für das Amt des Verteidigungsministers ist. Glaubt man den Beliebtheitswerten unter den deutschen Politikern, besteht daran kein Zweifel, wird er sogar als potenzieller (Not)Nachfolger für Kanzler Scholz gehandelt.
Aber die von ihm ausgerufene „leistungsfähige, hochmoderne und fortschrittliche Bundeswehr” lässt ebenso auf sich warten wie die die Umstellung auf Kriegswirtschaft beziehungsweise Kriegsbereitschaft. Letzteres gilt aber für ganz Westeuropa. Das öffentliche Bewusstsein, dass man es mit einem neo- oder retro-imperialen Russland zu tun hat, dessen Führung – einmal von den gegenwärtigen schweren Verlusten erholt – in der Ukraine möglicherweise nicht das Ende seiner Ambitionen sieht, existiert in der Breite nicht und wird auch kaum vermittelt.
Jedenfalls sparen die von „Focus” konsultierten Experten nicht mit – fast schon dystopischen – Negativa. Wenn Deutschland oder ein NATO-Land angegriffen würde, so Thiele, würde die Ausrüstung der Bundeswehr nicht lange ausreichen: „Früher waren das drei Tage. Heute sind es eher Stunden.” Und Masala konstatiert: „Letzten Endes hat es noch keine Zeitenwende gegeben.” Und die werde es in der Bundeswehr auch so lange nicht geben, bis es Minister Pistorius gelingt, mehr Personal zu gewinnen.
Denn es nütze wenig, über modernes Gerät zu verfügen, wenn dann aber niemand da sei, der es bedienen könne. Das gilt ähnlich auch für Österreichs Bundesheer, wie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erst kürzlich im Interview mit Militär Aktuell bestätigte: „Der Bedarf ist riesig und daher wird das Thema Personalgewinnung in den kommenden Jahren auch absolut prioritär sein.”
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