Das Eurofighter-Konsortium beziehungsweise die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH hat am 7. August eine Reihe von Verträgen mit Partnerunternehmen unterzeichnet, um zukünftige Verbesserungen des multinationalen Kampfflugzeugs sicherzustellen. Der Deal mit dem etwas sperrigen Namen „Stage Two and Three Consolidation Package, Phase 1”, hat ein Volumen von fast 300 Millionen Euro und wurde zwischen dem Konsortium und der NETMA-Behörde (NATO Eurofighter & Tornado Management Agency) unterzeichnet. Der Vertrag sieht die nächsten Schritte in der Entwicklung der Kapazitäten des Kampfflugzeugs vor soll verschiedene „Stränge‘ zum verwendbaren Endprodukt konsolidieren.

„Die Zusammenführung dieses Vertrags war eine wirklich erfolgreiche Teamleistung zwischen Eurofighter, Eurofighter-Partnerunternehmen, NETMA und wichtigen Nationen. Es ist ein weiterer wichtiger Schritt bei der Entwicklung von Europas erfolgreichstem Luft- und Raumfahrtprogramm”, sagte Rüdiger Knoepfel, Direktor von NETMA. Er ist dem Militär Aktuell-Redakteur seit vielen Jahren bekannt, beispielsweise als Testpilot der deutschen Wehrtechnischen Dienststelle (Luft) WTD61, davor auch – in „einschlägigen Kreisen” – seit 2002/2003 als jener Mann mit den höchsten Anstellwinkeln, als Pilot des Experimentalflugzeuges EADS-Boeing (beziehungsweise MBB-Rockwell) X-31 Vector (siehe Bericht).

@Georg Mader
NETMA-Direktor Rüdiger Knöpfel wurde vor Jahren unter Insidern für seinen extrem hohen Anstellwinkel bekannt.

„Es handelt sich um eine umfassende Reihe von individuellen Fähigkeiten, hauptsächlich im Bereich der Avionik, aber auch einige Erweiterungen der Flugzeugstrukturen. Daher nutzt die Entwicklung Fähigkeiten aus dem gesamten Engineering- und Support-Spektrum. Es ist die natürliche Fortsetzung der konsequenten Kapazitätsfreigaben für Eurofighter-Kunden”, so Knöpfel ergänzend.

Neues Cockpit
Zu den sichtbaren Upgrades, die der Eurofighter Typhoon erhalten wird, gehört ein berührungsempfindliches (Touchscreen) Panorama-Display, ähnlich dem von Saab Gripen-E, F-15EX/QA (Katar), Super-Hornet Block III und F-35 Lightning II. Das neue interaktive Anzeigegerät wird von BAE Systems entwickelt. BAE-Systems- und ex-RAF-Pilot Andrew Mallery-Blythe sagte bei der ersten Demonstration in Finnland, das Display werde das größte auf dem Markt sein.

Ein wichtiges Element des Vertrags befasst sich mit den Verbesserungen der Fähigkeit, den Typhoon mit dem Meteor-Langstrecken-Luft-Luft-Flugkörper zu betreiben (jüngst in Deutschland begonnen), wobei dessen Integration vom derzeitigen mechanisch scannenden M-Scan Radar auf das E-Scan mit aktiver elektronischer Strahlschwenkung (AESA) übertragen wird. Der Vertrag umfasst auch Verbesserungen in der Art und Weise, wie der Typhoon den Brimstone-Präzisions-Luft-Boden-Lenkflugkörper (eine britische Weiterentwicklung/Abart der amerikanischen Hellfire) betreibt, Funk/Kommunikations-Upgrades, den NATO-Standard-Datalink Link 16 (MIDS) und Eigenschutz Verbesserungen am Defensive-Aid-Subsystem (DASS).

@HX Blog
CAPTOR-E und PIRATE-Sensor spielen im Airbus-Angebot für die finnischen Luftstreitkräfte eine große Rolle.

Eine Anmerkung: Auf einigen offiziellen Fotos der Präsentation im Hinblick auf die finnische Typenentscheidung, war der vor dem Cockpit fest eingebaute IRST-Sensor PIRATE sehr wohl prominent (immer noch) als offenbar optional verfügbar zu erkennen. Vor einigen Jahren noch hieß es zum Autor, jener (sechs Stück waren – Stichwort Nachtsichtfähigkeit – im ursprünglichen heimischen Vertrag) würde auslaufen und durch eine Behälterlösung plus Helmdisplay ersetzt werden.

Das kommende Upgrade soll – wie betont wird – nicht nur den vier Mitgliedsländern des Eurofighter-Konsortiums zur Verfügung stehen, sondern allen Exportnutzern des Delta-Canard-Jägers. Zusätzlich zu den „Core Nations” ist der Taifun auch in Österreich, Saudi-Arabien und Oman im Einsatz und wurde von Katar und Kuwait beschafft (Lieferung ab 2023). Der Eurofighter Tranche-3 tritt außerdem gegen Super Hornet, Rafále F4, Gripen-E und F-35A an, um die F/A-18C/D der finnischen Luftwaffe zu ersetzen – der Typenentscheid soll noch heuer getroffen werden. In der Schweiz ist er – Vertragsverhandlungen mit den USA beginnen erst – zusammen mit zwei der genannten Jets jüngst jedoch dem F-35 unterlegen.

@BAE-Systems
Eurofighter-Grafik mit neuem Bewaffnungsmix.

Im Rahmen der erwähnten 300 Millionen Euro, hat BAE Systems in Warton einen neuen Auftrag über knapp 160 Millionen Euro erhalten, um seinen Teil der nächsten Phase der Leistungssteigerung der Typhoon-Jets voranzutreiben. Neben Waffenintegration geht es auch daraum, die Datenverbindungen von Typhoon weiter zu verbessern, wodurch der sichere Hochgeschwindigkeits-Datenaustausch verbessert wird. Laut dem Direktor des Typhoon-Programms bei BAE Systems Air, Richard Hamilton, beschäftigt das Typhoon-Programm allein bei BAE Systems direkt mehr als 5.000 Mitarbeiter und unterstützt zusätzliche 10.000 Arbeitsplätze in der gesamten britischen Wirtschaft: „Der Vertrag wird 100 hochqualifizierte Ingenieursstellen im Nordwesten in Lancashire erhalten und ist nur ein Beispiel für eine Reihe von technologieorientierten Innovationen, die für den Taifun entwickelt werden.”

Neben BAE werden die Modernisierungsarbeiten, aber auch von den Waffen, von Leonardo und Airbus in Deutschland und Spanien durchgeführt, wobei wichtige Aspekte – insbesondere bezüglich EuroRadar und EuroDASS (Selbstschutz) – innerhalb einer breiteren Lieferbasis durchgeführt werden können.

@Eurofighter
In Zukunft soll auch der Eurofighter – wie bereits einige Konkurrenz-Produkte – über einen Touchscreen im Cockpit verfügen.

Und hierzulande? Neuer Begriff: „Systemvergreisung”
Es ist allen Involvierten klar, dass die 2007 technisch „abgeräumten” (DASS, IRST, BVR etc.) und auf Tranche-1 (2R/5) beschränkten 15 Maschinen des Erstkunden Österreich schon längst ein Fähigkeits- und Lebensdauer-Upgrade benötigen würden – so wie das nach fast 15 Jahren Betrieb auch bei anderen Mustern der Fall wäre. Keine „Täuschung”, sondern Technologiegenerationen! 2017 wurden dann im Kommissionsbericht Doskozil/Gruber all die fehlenden Fähigkeiten beklagt, eine erschöpfende Leidenschronik der heimischen Beschaffung findet sich übrigens hier (englischsprachig).

Die Plattform express.at von Richard Schmitt thematisierte jüngst das notwendige Upgrade der heimischen Eurofighter (Stichwort „Systemvergreisung”) und brachte als potenziellen Nachfolger den am 9. April vorgestellten und rechnerisch als halb so teuer bezeichneten südkoreanischen Fighter der 5. Generation, KF-21 (siehe Bericht) ins Spiel. Von jenem „Boromae” (= „Junger Jagdfalke”) soll es freilich bis Ende 2021 erst drei Prototypen geben, nächstes Jahr soll er erstmals abheben (Militär Aktuell berichtete). Fazit: Technologisch durchaus interessant – aber da liegen Jahre zwischen Bedarf und Verfügbarkeit – und mit der inheränten Gefahr, dass eine etwaige „Überbrückung” dann unter späteren Regierungskonstellationen die finale (Nicht)Lösung bleibt. Zudem wurde Militär Aktuell aus Airbus-Kreisen das finanzielle Volumen zur „Linderung der dringendsten Nöte” an den heimischen Plattformen als deutlich niedriger (als von express.at genannt) kommuniziert.

Hier geht es zu weiteren Eurofighter-Meldungen.

Quelle@BAE-Systems, Georg Mader, Eurofighter, HX Blog, Airbus