Das Bundesheer bemüht sich aktuell bekanntlich intensiv um einen Ersatz seiner in die Jahre gekommenen C-130K Hercules-Transportflugzeuge und denkt dabei neben der KC-390 des brasilianischen Flugzeugbauers Embraer auch an neue C-130J Super Hercules von Lockheed Martin. Eine Delegation der US-Amerikaner nützte vor wenigen Tagen die Gelegenheit eines Wien-Besuchs, um auf die Vorteile der neuen „Herkys” aufmerksam zu machen.

In den Gesprächen mit diversen Medienvertretern strichen Director Air Mobility Richard Johnston und Kommunikationsmanagerin Stephanie S. Stinn die Vorteile und Einsatzmöglichkeiten sowie die globale Marktpräsenz der viermotorigen Hercules hervor. Johnston betonte dabei vor allem die Verlässlichkeit des US-Musters. Er selbst kann auf mehr als 4.000 Flugstunden auf unterschiedlichsten C-130-Varianten verweisen, darunter auch „haarige” Missionen in Afghanistan und Lateinamerika. Er habe sich dabei in den Maschinen aber „stets sicher gefühlt”, so Johnston.

@Georg Mader
Eine C-130J wie sie aktuell bereits bei der Luftwaffe Kuwaits in Betrieb ist …

Natürlich wisse man, dass die Konkurrenz aus Brasilien schneller steigt und fliegt und über eine größere Reichweite verfüge – dafür benötige die KC-390 aber neben mehr Treibstoff auch längere und besser ausgebaute Start- und Landebahnen. Zudem bewarben die Lockheed-Vertreter die mit FMS (Foreign Military Sales) über Jahrzehnte bestens bewährte Urform des Government-to-Government-Geschäfts als „sichere und bewährte Einkaufsmöglichkeit” im Vergleich zu einem möglichen „Experiment” mit der Konkurrenz.

@Lockheed Martin
… und eine C-130J wie sie in Zukunft Teil der Bundesheer-Flotte sein könnte.

Wie schon beim Kauf der neuen AW169-Mehrzweckhubschrauber sollen auch die neuen Lufttransporter nicht direkt beim Hersteller, sondern über den Umweg einer Regierung erstanden werden. Beim Transporter von Embraer könnte das rot-weiß-rote Verteidigungsministerium allem Anschein nach mit den Niederlanden gemeinsame (Beschaffungs-)Sache machen. Die Regierung in Den Haag hat sich für die Anschaffung von fünf Maschinen entschieden. Neben den Niederlanden wird die User-Group in Europa durch Portugal (fünf Maschinen) und Ungarn (zwei) komplettiert. Der Präsentation war zu entnehmen, dass Lockheed Martin dem Heer offenbar die „gestreckte” Version-30 der C-130J anbietet (siehe Bild oben).

@Georg Mader
Richard Johnston war Teil des Lockheed Martin-Teams, das kürzlich in Wien über die Vorzüge der C-130 Super Hercules informierte.

Von der US-Delegation wurde ebenfalls hervorgehoben, dass die Super Hercules inzwischen ebenso wie der brasilianische Zweistrahler-Jet von Embraer (mit Zulieferern aus Portugal und Tschechien) ein „europäisches Flugzeug” sei. Komponenten kommen demnach von 48 Zulieferern aus 16 Ländern, darunter UK, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien und ebenfalls Portugal, wo als Zulieferer interessanterweise das OGMA-Werk in der Nähe von Lissabon genannt wird, das Militär Aktuell im vergangenen Jahr besuchte – und das seit zehn Jahren zu Embraer gehört.

Alles eine Frage der Einsatzphilosophie
Wie Richard Johnston erklärte, entstehe der grundsätzliche Unterschied zwischen KC-390 und C-130J durch den geraden Flügel, der vom Start weg mehr Auftrieb liefere als der gepfeilte Flügel der KC-390. In Kombination mit dem sofort verfügbaren Propeller-Wash der vier Rolls-Royce Turboprops über den Flügel steige die Super Hercules im Vergleich zu jedem Jet augenblicklich an. Dass sei insbesondere bei beschädigten, verunreinigten oder unbefestigten Pisten beispielsweise in Krisengebieten ein Vorteil. Das Landen und Starten sei dann mit der C-130J sicherer und risikoärmer als mit einem Jet und dessen Hochspul-Charakteristika.

@Lockheed MartinUm das Argument zu entkräften, hat Embraer zwar neben seiner Werkspiste in Gavião Peixoto eine eigene unbefestigte Schotter- und Sandpiste angelegt – aus Sicht der Amerikaner lege man die letzten 100 Meilen zur Front aber nicht mit einem Jet zurück. Dafür sei ein erprobter „Warbird” wie die C-130J besser geeignet und auch bei vielen anderen Missionen habe die Super Hercules Vorteile.

Fest steht, dass beide Muster in ihrem Leistungsvolumen den ex-britischen Veteranen des Bundesheeres (-> hier geht es zu aktuellen Bundesheer-Meldungen) von 1967/68 haushoch überlegen sind und die in Österreich geforderten Vorausseztungen wohl nicht nur abdecken, sondern überdecken. Um die Nutzung zu ermöglichen muss das Heer in jedem Fall kräftig in seine Infrastruktur in Linz-Hörsching investieren.

@Lockheed MartinFazit
Mit aktuellem Stand scheint bei einer zeitnah zu fällenden Entscheidung ein FMS mit den USA und Lockheed Martin die einzige „am Tisch liegende” Government-to-Government-Möglichkeit zu sein. Beim brasilianischen Rivalen dürfte es eine derartige Option aktuell noch nicht geben, was sich bis zur geplanten Bekanntgabe des Typenentscheids in spätestens einem Monat freilich ändern kann. Es werden dahingehend auch laufend Gespräche auf Ebene der Rüstungsdirektionen geführt. Von diesen wird mal positiver und mal reservierter berichtet.

Hier geht es zu weiteren Berichten rund um Lockheed-Martin.

Quelle@Lockheed Martin, Georg Mader