Griechenland hat nun seine schon länger bekannte Absicht verbindlich realisiert und beschafft F-35-Jets. Das offizielle Interesse Athens an dem von Lockheed Martin produzierten Kampfjet reicht mindestens bis Ende 2020 zurück. Damals hat die Regierung erstmals formell Informationen über den Erwerb von 18 bis 24 Jets beim Pentagon angefragt. Der formelle Letter of Request (LOR) wurde im November 2020 vom griechischen Verteidigungsministerium an das US-Verteidigungsministerium geschickt.
Lockheed Martin bestätigte nun, dass die Griechen die Angebots- und Annahmeerklärung (Letter of Offer and Acceptance, LOA) unterzeichnet haben, in der man die Absicht dokumentiert, eine erste Charge von 20 konventionellen Start- und Landeversionen (CTOL) des F-35A im Rahmen eines Foreign Military Sale der US-Regierung zu einem Preis von rund 3,5 Milliarden Euro zu kaufen. Am letzten Tag der Farnborough Airshow (das Bundesheer fixierte dort den Kauf seiner vier neuen Embraer C-390M-Transportflugzeuge) haben das auch die US-Amtsseite und das F-35-Programmbüro bestätigt.
Die Jets werden ab 2028 ausgeliefert. Obwohl es also länger dauern wird, bis sie ankommen (aber schneller als zum Beispiel bei den Tschechen), werden sie in der neuesten Block-4-Konfiguration kommen oder zumindest das Potenzial haben, diese Fortschritte voll auszuschöpfen. Die LOA beinhaltet übrigens auch eine Option für 20 weitere Flugzeuge, was den Gesamtwert des Deals nach Angaben des griechischen Verteidigungsministeriums auf rund 8,6 Milliarden Euro erhöhen würde.
Die Entscheidung ist ein wichtiger Schritt in der Modernisierung der griechischen Luftwaffe (PA), die kürzlich weitere neue Rafale-Kampfjets von Dassault (insgesamt 24, weitere zehn Maschinen in Planung) eingeführt hat, während auch Pläne für die Ausmusterung älterer F-16 Jets laufen.
Die F-35 sollen in Andravida im Nordwesten der griechischen Halbinsel Peloponnes beim 117 Combat Wing stationiert werden, das aktuell noch die auslaufende F-4E Phantom – übrigens eines der Highlights am heurigen RIAT Air Tattoo – fliegt. Die griechischen F-16 (und auch Mirage-2000) könnten auf dem Gebrauchtmarkt attraktiv sein, laut griechischen Medien plant man, den Restbestand von 34 einsitzigen F-16C und sechs zweisitzigen F-16D Block 30-Jets (die nicht auf Viper-Standard modernisiert werden), in Abstimmung mit der NATO und den USA zur Überführung in die Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) anzubieten.
Qualitative Überlegenheit über der Ägäis
Der Schritt hat auch eine besondere Resonanz in Bezug auf die seit Jahrzehnten wechselseitig angespannten Beziehungen Griechenlands zum regionalen Rivalen und NATO-Mitglied Türkei, das aus dem F-35-Programm ausgeschlossen wurde, nachdem es in Russland hergestellte S-400-Luftverteidigungssysteme gekauft hatte. Und bereits im Oktober 2020 berichtete die griechische Zeitung Estia sogar, dass Athen zuerst die von der Türkei bestellten F-35 erhalten könnte, von denen mindestens 14 gebaut und anschließend zurückgehalten wurden, bevor sie schließlich an die US-Luftwaffe (-> aktuelle Meldungen von den US-Streitkräften) übergeben werden.
Die türkische Luftwaffe (THK) behält zwar (mit mehr als 200 F-16 und der US-Zusage für neue F-16 Block-70) die numerische Überlegenheit, die Kombination von Rafales und F-35 der griechischen Luftwaffe stellt aber eine ausgewogene und qualitativ stärkere Flotte dar, die zudem auch nicht vollständig an ein einziges Herkunftsland gebunden ist. Sollte es – wonach es nach einer kürzlichen Freundschaftserklärung aber aktuell nicht aussieht – wegen der jahrzehntelangen territorialen Unstimmigkeiten doch zu einem Konflikt zwischen den NATO-Partnern Griechenland und Türkei kommen, wäre zu erwarten, dass die Rafales und F-35 – unterstützt von aufgerüsteten F-16 – die Luftüberlegenheit über der Ägäis erlangen würden. Einschließlich der zumindest teilweisen Operation von verstreuten Inselbasen aus sowie der Durchführung von Langstrecken-Landangriffsmissionen und Angriffen gegen die gegnerische Marine.
Aktuelles Rechenbeispiel anhand des F-35
Erstes Interesse der Griechen 2020, Auslieferung ab 2028 also. Tschechien hat heuer im Jänner die Beschaffung fixiert, erhält seine ersten F-35 im Jahr 2029 (in den USA) und im Land dann zwei Jahre später 2031. Es handelt sich bei beiden Nationen um NATO-Länder, bei denen vermutlich einiges schneller geht als für uns. Hierzulande wird wiederholt seitens der Ressortspitze betont, man hätte mit dem Eurofighter-Vertrag über 30 Jahre bis zu einer operationellen Übernahme durch einen Nachfolgetyp bis 2037 Zeit. Das bedeutet, dass ab 2033/34 die ersten Maschinen eines Eurofighter-Nachfolgers in Österreich eintreffen sollten, damit die neue Flotte FOC erreicht, bevor die Militärmusik den letzten bunten Typhoon verabschiedet.
Um diesen Zeitplan halten zu können, bräuchte es spätestens im ersten Halbjahr 2030 einen unterschriebenen Vertrag. Also Anfang 2029 den RFP mit Antwort bis Mitte/Ende 2029. Dafür zuvor den RFI in 2028. Und folglich etwa 2026/27 – also mitten in der nächsten Legislaturperiode – die politische Grundsatzentscheidung „was wir wollen” und was das kosten darf, zusammen mit einem Budgetpfad für 2033 bis mindestens 2037 (Ende des Eurofighter). Thema war das in den vergangenen Tagen auch bei den Flugshows in Fairford und Farnborough.
Zur Erinnerung: Von ersten inofiziellen Informationseinholungen zur Draken-Nachfolge Ende der 1990er-Jahre, verging von RFI über RFP und die Typenentscheidung 2002 mit Vertrag im Sommer 2003 bis zur Erstladung des ersten rot-weiß-roten Eurofighters im Juli 2007 sogar rund ein Jahrzehnt.
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