Für die Leistungsschau des Bundesheeres im vergangenen Jahr hat Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky sieben Kurzfilme gedreht, in denen er die Integrations- und Inklusionskraft des Bundesheeres ins Zentrum rückte. An seine eigene Zeit beim Heer denkt er mit gemischten Gefühlen.

Herr Ruzowitzky, wie haben Sie reagiert, als Sie gefragt wurden, ob Sie die Kurzfilme für die Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag (zu sehen auf nationalfeiertag2020.jetzt) drehen möchten?
Ausschlaggebend war, dass ich bei der Entscheidung darüber, welche Themen ich stärker herausarbeiten möchte, relativ frei war. Zu diesen Themen zählt für mich vor allem die große Integrations- und Inklusionskraft des Bundesheeres. Diesen Aspekt zu beleuchten finde ich nicht nur höchst interessant, sondern auch gesellschaftlich wichtig. Als ich gemerkt habe, dass es die Möglichkeit gibt, die Kurzfilme stärker in Richtung Diversität und Inklusion zu lenken, war ich eigentlich sofort dabei. Diese schon angesprochene Vielfalt spiegelt sich nun auch in den Videoporträts wider.

Bei den Kurzfilmen handelt es sich also nicht um klassische Werbefilme?
Natürlich gab es inhaltliche Vorgaben und wir haben uns gut miteinander abgestimmt. Mir war auch klar, in welchem Zusammenhang die Videos gespielt werden und dass es sich dabei nicht um eine rein journalistische Auf­arbeitung einer Fragestellung handelt, sondern ein gewisses patriotisches Pathos für diesen Anlass einfach vorhanden sein muss. Ansonsten war ich in meiner Arbeit aber relativ frei. Wenn ich mit meinem Namen bei so einem Projekt involviert bin, sind mir diese Freiräume auch sehr wichtig.

Welche Beziehung hatten Sie davor zum Bundesheer?
Ich habe den Präsenzdienst absolviert, muss aber sagen, dass diese Zeit für mich keine besonders schöne war. Dafür war sie prägend. Auch in Bezug auf jene Themen, die mich beim Filmen der Videos umgetrieben haben. Ich habe damals als 18-jähriger Maturant verstanden, dass die Welt nicht voller Maturanten ist und es Menschen gibt, die völlig andere Biografien und Weltbilder haben als jene, die ich aus meiner Blase gekannt habe. Es ist definitiv etwas anderes ob du sechs Monate im selben Zimmer wohnst oder du jemandem, der ein völlig anderes Weltbild hat, nur kurz begegnest. In einer so langen Zeit müssen Konflikte ausgetragen werden, da kann man sich nicht einfach aus dem Weg gehen. Das war für mich definitiv eine wichtige und auch eine gute Erfahrung.

Was muss aus Ihrer Sicht ein modernes Heer in Zukunft leisten können?
Es gibt beim Bundesheer einerseits ein traditionelles und in manchen Bereichen etwas überholtes Bild vom Soldaten, andererseits aber auch Ansätze eines modernen Heeres, bei dem es nicht nur um den Dienst an der Waffe, sondern auch um Zivil- und Katastrophenschutz geht. Ich habe bei den Dreharbeiten viele sehr zeitgemäß denkende Menschen kennengelernt und man sieht in den Kurzfilmen junge, verantwortungsvoll denkende Menschen, die über Österreich und die Aufgaben eines modernen Heeres sprechen und den Zusehern damit Möglichkeiten zur Identifikation bieten. Auch aufgrund meiner eigenen Erfahrungen weiß ich, dass die Zeit des Präsenzdienstes für jungen Menschen sehr prägend sein kann und man sollte sich deshalb gut überlegen, wie sie geprägt werden sollen. Dieser Gedanke ist mir wichtig und auch ein Grund dafür, warum ich diesen Auftrag angenommen habe.

Was war für Sie der überraschendste Moment während der Dreharbeiten?
Ich wusste davor beispielsweise nicht, wie groß die Vielfalt an kulturellen Hintergründen beim Bundesheer tatsächlich ist. Spannend fand ich unter anderem, dass Rekruten, die aus patriarchalischen Kulturen kommen, es oft als sehr unangenehm empfinden, von einer Frau kommandiert zu werden. Ich finde solche Reibungen aber gut und wichtig. Wenn sie dabei lernen, dass bei uns Frauen eben auch in Führungspositionen sind, dann ist das eine gute Sache. Anders­herum haben junge Menschen aus eher ländlichen Gegenden, die Menschen mit Migrationshintergrund vielleicht nur aus der Zeitung kennen, beim Bundesheer die Chance, Rekruten mit anderen ethnischen Zugehörigkeiten kennenzulernen. Ich halte das für eine sehr wichtige Funktion des Bundesheeres.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.

Quelle@Bundesheer