Herbert Empl entwickelte den Tiroler Fahrzeugaufbauer Empl (-> Firmenportrait: Dem Lkw aufs Chassis gebaut) zu internationaler Größe. Als stellvertretender Präsident der Arbeitsgemeinschaft Sicherheit & Wirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich bemüht er sich nun darum, dass andere rot-weiß-rote Unternehmen ähnliche Erfolgswege gehen.
Herr Empl, Ihr Unternehmen liefert an Streitkräfte und Armeen weltweit. Wenn Sie mit Branchenvertretern aus anderen Ländern in Kontakt kommen – wie sehen diese Österreich? Was verbinden sie mit „Made in Austria”?
Die Reaktion ist immer sehr positiv. Die Menschen verbinden mit Österreich Gastfreundschaft, schöne Natur und Kultur. Aber auch Zuverlässigkeit, Flexibilität, Qualität und hochwertige Produkte. Das hilft beim Einstieg in ein Gespräch. Will man einen Markt erfolgreich bearbeiten, braucht es aber mehr als diese Vorschusslorbeeren.
Nämlich?
Die Akzeptanz des Kunden.
Und die bekommt man wie?
Indem man hochwertige Produkte liefert und Termintreue beweist. Aber auch indem man im Kundenland Präsenz zeigt, vor Ort für Gespräche zur Verfügung steht und auch vor kreativen Lösungen nicht zurückschreckt. Die großen Hersteller in anderen Ländern können vielleicht größere Stückzahlen liefern und sie haben mehr Produkte im Angebot. Aber sie bieten meist nur Stangenware. Bei der österreichischen Industrie bekommen Kunden hingegen hochwertige und genau angepasste individuelle Lösungen.
Was ist das eigentlich, die „österreichische Industrie”? Empl hat mittlerweile mehr als 600 Mitarbeiter, produziert neben dem Stammwerk im Tiroler Zillertal auch in der Nähe der deutschen Großstadt Leipzig. Wie repräsentativ ist Ihr Unternehmen für die österreichische Sicherheits- und Verteidigungsindustrie?
Wir haben in Österreich einige wenige größere Player wie Rheinmetall MAN Military Vehicles, Frequentis und Pandur-Hersteller General Dynamics European Land Systems-Steyr in Wien, Steyr Arms oder Glock. Der Rest ist deutlich kleinteiliger aufgestellt, wobei unsere Betriebe stets mit hochwertigen Produkten auch im Hightech-Bereich überzeugen. Wir haben in vielen Bereichen Weltmarktführer vorzuweisen. Dabei sehe ich auch Empl in einer sehr guten und starken Position. Wir liefern seit Jahren von Brasilien bis Südostasien, von Norwegen bis Afrika und natürlich auch an die deutsche Bundeswehr und das Österreichische Bundesheer.
Die Stückzahlen beim Bundesheer waren angesichts der Budgetknappheit in den vergangenen Jahrzehnten aber wohl überschaubar, oder?
Natürlich waren das nie die ganz großen Aufträge, aber doch immer wieder kleinere Bestellungen, bei denen dann meist Fahrzeuge gefragt waren, die gleich mehrere Einsatzmöglichkeiten abdecken können. Das auch liefern zu können, ist im ersten Moment oft eine Herausforderung, kommt uns am Ende des Tages aber heute zugute.
Inwiefern?
Das Österreichische Bundesheer konnte es sich lange Zeit nicht leisten, so wie andere Armeen für jeden Einsatzzweck eigene Fahrzeuge zu kaufen. Die wenigen Geräte, die beschafft werden konnten, waren zwar hochwertig und gut ausgestattet, mussten aber meist mehrere Aufgaben abdecken. Flexibilität wurde großgeschrieben. Um dem Kundenwunsch zu entsprechen, haben wir unsere Produkte erfolgreich angepasst und bald schon bemerkt: Multifunktionalität ist auch auf anderen Märkten gefragt.
Die Anpassungen sind also ein Erfolgsrezept?
Ja, auf sehr vielen Märkten. Die für das Bundesheer entwickelten Wechselaufbauten beispielsweise sind weltweit gefragt. Bei einem kürzlich für das Bundesheer aufgebauten Löschcontainer (-> Empl liefert Löschcontainer an das Bundesheer) ist es ähnlich – da hat sich nun auch die slowenische Armee dafür entschieden (-> Fünf Wassertank Flats für Slowenien). Und unser automatisches Nivelliersystem, bei dem das Fahrzeug mithilfe von Sensoren schnell und variabel an die unterschiedlichsten Geländebedingungen angepasst werden kann, exportieren wir sogar nach Frankreich, obwohl die Franzosen nicht gerade bekannt dafür sind, Aufträge ins Ausland zu vergeben. Ähnliche Beispiele finden sich auch bei vielen anderen österreichischen Betrieben. Sie sind Meister darin, Produkte an Kundenbedürfnisse anzupassen, Sonderlösungen zu entwickeln und damit am Markt erfolgreich zu sein.
Wir haben jetzt viel über den Fahrzeug- und Mobilitätsbereich gesprochen. Sehen Sie abseits davon auch noch andere Stärkefelder der rot-weiß-roten Industrie?
Da gibt es einige. Wie schon angesprochen ist ein Stärkefeld sicherlich auch die Produktion von Handfeuerwaffen, wichtige Player gibt es zudem im Aerospace-Bereich und in Zukunft sehe ich auch in einem verbreiterten Wartungs- und Serviceangebot gute Chancen für unsere Betriebe.
„Menschen verbinden mit Österreich Gastfreundschaft, Schöne natur und Kultur. Aber auch Zuverlässigkeit, Flexibilität
und Qualität.“Empl-Seniorchef Herbert Empl
Sie meinen die Wartung und Servicierung von Gerät und Fahrzeugen?
Ja, aber auch von Infrastruktur. Viele Armeen kämpfen aktuell mit Personalsorgen, es fehlt an Soldaten – aber auch an Mitarbeitern bei Wartung und Instandhaltung. Das ist ein Problem, denn dort geht es ja nicht nur darum, dass bei einem Fahrzeug dann und wann das Öl zu wechseln ist. Die Thematik ist viel komplexer, und selbst wenn ich aktuell keine Verwendung für ein System habe, muss ich es dennoch regelmäßig bewegen, testen und warten – vom Herumstehen wurde noch kein Fahrzeug besser. Zuerst viel Geld in den Ankauf der Fahrzeuge investieren und hinterher diese nicht richtig zu warten, kann ja auch nicht die Lösung sein.
Sehen Sie auch noch andere interessante Zukunftspotenziale und -märkte für die österreichische Industrie?
Ganz klar im Zulieferbereich, da haben wir Stärken – die gilt es aber noch mehr in konkrete Geschäfte umzumünzen. Wir als Empl beliefern zum Beispiel Kongsberg mit unterschiedlichsten Produkten, vom Hakenladegerät bis zum Puch G, mit entsprechenden Einrichtungen und Ausstattungen. Oder Diehl Defence: Das Unternehmen spielt bei der European Sky Shield Initiative (ESSI) eine große Rolle, die Aufbauten kommen von uns. Und es gibt auch für andere heimische Firmen gute Möglichkeiten, auf ähnliche Art und Weise – oder auch mit ganz anderen Ansätzen – an Großprojekten zu partizipieren. Achleitner (-> Firmenportrait: Sonderschutzfahrzeuge „Made in Tirol”) beispielsweise ist zuletzt eine Kooperation mit dem niederländischen Hersteller Defenture eingegangen. Das Unternehmen liefert GRF-Fahrzeuge an das Jagdkommando des Bundesheeres, Achleitner übernimmt dabei die Systemintegration, aber auch die lebenslange Serviceunterstützung und baut sich damit Know-how auf, das in Zukunft möglicherweise auch für andere Unternehmen interessant sein könnte.
Inwieweit fördert und unterstützt auch die Arbeitsgemeinschaft Sicherheit & Wirtschaft (ASW) der Wirtschaftskammer, deren stellvertretender Präsident Sie sind, die Bemühungen der Unternehmen?
Auf mehreren Ebenen: Die ASW ist einerseits ein Vermittler zwischen Industrie und Bundesheer und hat dabei das Ziel, die Unternehmen über die Beschaffungspläne beim
Heer zu informieren und aufzuzeigen, was davon die nationale Industrie abdecken kann. Andererseits schlägt die ASW für ihre Mitgliedsbetriebe aber auch international Brücken, indem beispielsweise Messeauftritte gefördert und unterstützt werden. Oder indem wir Informationen über die Entwicklungen in einzelnen Märkten teilen, Ansprechpartner vermitteln und auch internationale Betriebe mit heimischen Unternehmen in Kontakt bringen.
Nach Russlands Überfall auf die Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) haben viele europäische Länder ihre Verteidigungsetats teils deutlich angehoben und Erhöhungen beschlossen. Kommt bei der Industrie diese „Zeitenwende” bereits an?
Schon mit Beginn des Ukraine-Krieges und spätestens jetzt nach Ausbruch des Krieges im Nahen Osten sind die meisten europäischen Länder aufgewacht. Sie haben bemerkt, dass sie mehr für ihre Sicherheit tun müssen. Und wie Sie richtig sagen, drückt sich das auch in höheren Verteidigungsbudgets aus. Und ja, das kommt bei uns auch an – nicht zuletzt auch, weil beim Bundesheer kräftig investiert wird. Wir haben unter dem Strich einen so hohen Auftragsbestand wie noch nie in unserer Unternehmensgeschichte.
Empl wirbt gerne mit „Made in Austria”. Inwiefern werden auch die zugekauften Bauteile, Baugruppen und Produkte in Österreich hergestellt?
Wir haben glücklicherweise eine über Jahrzehnte gewachsene Struktur an klein- und mittelständischen Zulieferern, auf die wir uns verlassen können und die hochwertige Produkte für die unterschiedlichsten Bereiche liefern. Bei unseren Aufbauten beispielsweise liegt die nationale Wertschöpfung – abhängig vom konkreten Produkt – bei zumindest 60 Prozent, in manchen Fällen sogar bei 90 bis 95 Prozent. Wo „Made in Austria” draufsteht, ist bei uns also immer auch „Made in Austria” drinnen.
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