Hirtenberger Defence Systems ist ein traditionsreicher Hersteller von Mörsern in den Kalibern 60, 81 sowie 120 Millimeter samt dazugehöriger Munition und Richtmittel. Die Firma mit Sitz in Hirtenberg erwirtschaftete im vergangenen Jahr mit knapp 100 Mitarbeitern 34 Millionen Euro. 2019 verkaufte die Hirtenberger Unternehmensgruppe die Defence-Sparte an das ungarische Unternehmen HDT Kft. Wir haben mit den beiden Geschäftsführern Éva Stein & Peter Pichler über aktuelle Entwicklungen am Mörsermarkt, die Digitalisierung des Waffensystems und Absatzchancen beim Bundesheer gesprochen.
Herr Pichler, wir haben einen Krieg in Europa und die Rüstungsbudgets gehen in vielen Armeen nach oben. Wie wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Pichler: Global gesehen ist der Mörsermarkt wachsend, aber nicht für uns. Denn aufgrund des Kriegsmaterialgesetzes dürfen wir an keine Staaten liefern, die Krieg führen. Die vielfach auch in den Medien berichtete Aufrüstungs-und Nachbeschaffungsoffensiven von Armeen spüren wir in unserem Unternehmen noch nicht, da gerade die Beschaffung von Mörsersystemen mehrere Jahre dauern kann. Vermutlich kommt dies etwas zeitverzögert zu uns.
Frau Stein, gibt es im Bereich Mörser Trends?
Stein: Wir gehen bei unseren Aufträgen jeweils auf spezielle Kundenwünsche ein, wie etwa mehr Reichweite oder geringeres Gewicht. Hinsichtlich Kaliber verkaufen wir ungefähr gleich viele Anteile in allen drei angebotenen Kalibern. Hier kann man also von keinem wirklichen Trend sprechen. Aber definitiv ein großes Thema ist die Digitalisierung.
Wie sieht die Digitalisierung bei einer doch recht „klassischen” Waffe wie dem Mörser aus?
Pichler: Granatwerferelemente waren bisher für die höheren Kommanden nicht „sichtbar”, da sie nicht wie andere Waffensysteme in ein digitales Feuerleitsystem eingebunden waren. Mit unserem digitalen Richtmittel MDAS (Mortar Digital Aiming System) ist das aber nun möglich. Es versteht sich als Add-On, mit dem sich bestehende Werfer – egal welcher Hersteller – nachrüsten lassen. Es misst die Lage des Rohrs und damit lässt sich der Mörser präziser justieren.
Stein: Ein wichtiger erster Kunde für das digitale Richtmittel ist die Schweizer Armee, die es für ihren 81-Millimeter-Mörser einsetzt. Für den 60-Millimeter-Kommandomörser gibt es ebenso ein digitales Richtmittel für die Höhen- und Seitenkorrekturen, so dass man damit sogar aus Vollunterdeckungen feuern kann.
Viele Industriebetriebe klagen aktuell über Personalmangel und Probleme in den Lieferketten. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Stein: Wir sind mit unseren knapp 100 Mitarbeitern gut aufgestellt und viele davon sind schon sehr lange bei uns tätig. Allerdings gibt es derzeit aufgrund des Ukraine-Krieges einen Engpass an Explosivstoffen in Europa.
Wie sieht es eigentlich am Heimatmarkt mit dem Bundesheer (–> hier geht es zu aktuellen Bundesheer-Meldungen) aus?
Pichler: Das Österreichische Bundesheer hat mehr als 40 Jahre alte Mörser, die noch aus den Fabriken der VEW (Voest-Edelstahl-Werke) stammt, und kauft teils die Munition dafür bei uns. Unsere Armee verfügt über den mittleren Granatwerfer mit 81-Millimeter sowie schwere Granatwerfer mit 120 Millimeter. Somit „fehlt” dem Bundesheer eigentlich der 60-Millimeter-Mörser, der in vielen Armeen besonders bei den Spezialeinsatzkräften verwendet wird. Hier gebe es also noch eine Möglichkeit, die Einsatzfähigkeit unserer Einsatzkräfte auszubauen und zu verbessern.
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