Im Spanisch-Amerikanischen Krieg im Jahr 1898 spielte die 1st United States Volunteer Cavalry bei den Kämpfen auf Kuba eine entscheidende Rolle. Mittendrin statt nur dabei war damals auch der aus gutem Hause stammende Soldat Woodbury Kane mit seinem Geburtstagsgeschenk – einem Maschinengewehr des Typs Colt Automatic Gun Model 1895.
Womit könnte man dem kleinen Bruder eine Freude machen? Da war die Wahl für Sybil und Louisa schon etwas knifflig, zumal der Junge eh‘ schon alles hatte. Nützlich sollte es ja schon sein, und dauerhaft und wertbeständig. Für die Auslandsreise, die er sich in den Kopf gesetzt hatte, könnte man etwas besorgen. Da gab es doch so einen Laden in Hartford. Und sowas Profanes wie Geld, na ja, Geld spielte in der Familie Kane keine Rolle.
Der 1859 geborene Woodbury Kane war eines der acht Kinder des überaus wohlhabenden und extravaganten Paares Colonel Delancy Kane und Louisa Kane. 1878 schrieb er sich bei der Harvard University ein, wo er vor allem als vielseitiger Sportler reüssierte: Tennis, Football, Reiten, Boxen, Crickett und Polo taten es ihm an. In Harvard schloss er auch Freundschaft mit Theodore Roosevelt. Nach Abschluss seiner Studien ließ er sich in New York als Rechtsanwalt nieder, er wurde Direktor der Metropolitan Register Company. Sein beträchtliches Vermögen gab ihm die Möglichkeit, im Hochseesegeln mit der größten und feinsten Konkurrenz mitzuhalten, klar, dass Mr. Kane sich außerdem als Großwildjäger einen Namen machte (wie sein ehemaliger Kommilitone Roosevelt auch).
Als im April 1898 der Spanisch-Amerikanische Krieg ausbrach, nahmen beider Biographien eine unvorhergesehene Wendung. Vorherzusehen waren aber einige militärstrategische Umstände: Kuba würde zu einem Hauptkriegsschauplatz werden, die USA waren zur See überlegen und konnten Zeit und Ort der Auseinandersetzungen bestimmen, den spanischen Landstreitkräften auf Kuba wäre aber nicht leicht beizukommen. Weder Personalstärke noch Ausrüstung der US Army waren seinerzeit in guter Verfassung. So ordnete Präsident William McKinley die Aufstellung dreier Freiwilligenregimenter an. Eines, die 1st United States Volunteer Cavalry, sollte sich unsterblichen Ruhm erwerben und mit ihm auch die Studienfreunde Theodore Roosevelt und Woodbury Kane. Der erstere war seinerzeit Staatssekretär im Marineministerium und drängte nach einem militärischen Kommando. Roosevelt setzte sich energisch für die Aufstellung der 1st United States Volunteer Cavalry ein und prägte deren Bild in der Öffentlichkeit. Dabei war er zunächst gar nicht der Kommandeur des Regiments, das Kommando hatte Colonel Leonard Wood, ein verdienter Offizier, ausgezeichnet mit der Medal of Honor. Aber für die Öffentlichkeit und insbesondere die Presse war Roosevelt, der als Lieutenant-Colonel Woods Stellvertreter wurde, das Gesicht des Regiments. Als die Zeitung „Arizona Weekly Star” am 21. April 1898 von „Roosevelt´s Rough Riders” schrieb, hatte das Regiment seinen Spitznamen, der bald zum Ehrentitel werden sollte.
Die ersten Musterungen wurden in Santa Fe (New Mexico), Prescott (Arizona), Guthrie (Oklahoma) und in den Indianerreservationen abgehalten.
Am Ende waren in dem Regiment Freiwillige aus 42 US-Bundesstaaten, vier US-Territorien und aus einigen fremden Ländern vertreten. Von Ausnahmen abgesehen kamen die rund 200 Leute der Troops A, B und C aus Arizona, Troop D bestand im Wesentlichen aus den 83 Freiwilligen aus Oklahoma. In den Troops E, F, G, H und I waren die Leute aus New Mexico, überwiegend Cowboys. Troops L und M mit 170 Leuten bestanden hauptsächlich aus Indianern. Viele davon trugen sich unter falschem Namen ein: manche waren eigentlich zu jung, gegen andere lagen Haftbefehle vor, manche fanden ihre selbstgewählten „Kriegsnamen” ansprechender. Der (zunächst) von dem Berufsoffizier Captain Micah John Jenkins kommandierte Troop K war etwas anders gestrickt: hier fanden sich die Easterners: Leute von der Ostküste, mit Universitätsabschlüssen, oft aus einflussreichen Familien, meist sehr begütert. Einige waren alte Studienfreunde Roosevelts. Man nannte sie die „Fifth Avenue Boys”. Als der Kongress die Sollstärke des Regiments von 778 auf 1.000 aufstockte, kamen vor allem diese Freiwilligen. Einige erschienen mit eigenem Diener, viele mit eigenen Pferden, ein paar mit Poloschlägern, einer sogar mit einer Reisetoilette. Alle brachten sie aber neben einer gehörigen Portion Patriotismus die Überzeugung von den eigenen militärischen Qualitäten und den elitären Glauben an eigenen Führungsanspruch mit.
Da spielte Roosevelt aber nicht mit: keiner der unerprobten Easterners, Universitätsdiplom hin oder her, bekam eine Offizierskommission, alle mussten sich als einfache Freiwillige einschreiben. Das tat dem Enthusiasmus aber keinen Abbruch, die Legende besagt, das nur ein einziger schmollend ablehnte, weil man ihm einen Offfiziersposten versagte. Das soll John Jacob Astor (der 1912 mit der Titanic untergehen sollte) gewesen sein, der gegen einen Posten als Major im Regiment ein halbes Dutzend Maxim-Maschinengewehre spendieren wollte. Darauf ging Roosevelt aber nicht ein. Er wusste, dass die Anwesenheit der „Fifth Avenue Boys” zwar seinem Regiment die Aufmerksamkeit der Presse, den Rückhalt in gehobenen Kreisen und materielle Zuwendungen sicherte, aber die Kohäsion des Regiments war wichtiger. Roosevelt, der sich um die internen Dienstobliegenheiten des Verbandes kümmerte, ordnete an, jeder Freiwillige gleich welchen Standes habe jedwede Aufgabe ohne Diskussion sofort auszuführen. Wer jemanden ob der Ausführung jener Aufgaben kritisiere, habe sie sofort selbst auszuführen.
Volunteer Woodbury Kane bekam so einmal den Befehl, Reis zu kochen. Natürlich erschien er selbst zum Küchendienst perfekt gekleidet und frisiert. Der Reis, aus gleichen Teilen von Wasser, Salz und Reis zubereitet, schmeckte schon etwas eigenartig. Ein anderer Freiwilliger spie den enthusiastisch gesalzenen Brei aus und hob zu einer Schimpfkanonade an, besann sich dann aber Roosevelts Befehls und lobte dann ausdrücklich das vorzügliche Gericht. Es war nämlich ein grundsätzliches Problem mit den Easteners, die konnten reiten und schießen, hatten Mut und Intelligenz. Aber Profanitäten wie Kaffeekochen oder Zeltaufbau hatte man bislang delegiert. Damit war nun Schluss und die Easteners lernten den militärischen Alltag nun aus der Basisperspektive kennen. Sie erwiesen sich als – in den Augen der harten Jungs aus dem Westen überraschend – lernfähig, selbst die größten Snobs fügten sich ein. Mit der Aufstockung des Regiments auf 1.000 Mann waren Stellen als Sergeanten und Subalternoffiziere zu besetzen, die ersten Easterners stiegen auf der Karriereleiter. Ein William Tiffany wurde Sergeant, Woodbury Kane Lieutenant.
Ziemlich zeitnah mit der Beförderung kam Post, zwei Kisten, einmal für Kane, einmal für Tiffany. Inhalt war jeweils ein Maschinengewehr des Typs Colt Automatic Gun Model 1895, das war die offizielle Firmenbezeichnung. Genannt wurde das Ding aber „Potato-Digger” (Kartoffelroder) wegen seiner eigenartigen Antriebsart. Mit besten Grüßen aus der Heimat; Kaufpreis: 7.500 Dollar pro Waffe. Wenn man bedenkt, dass die Pferde des Regiments 40 Dollar pro Tier kosteten, war das formidabel. Der mitgeschickte Munitionsvorrat war es aber nicht, die Maschinengewehre hatten das Kaliber 7×57, nicht .30-40 wie die Krag-Karabiner der Soldaten und die Winchester-Unterhebelrepetierer der Offiziere. Aber davon hatten die edlen Spender (einmal William Tiffanys Vater, der Millionär George Tiffany aus Rhode Island, und Woodbury Kanes ältere Schwestern Louisa Langdon Kane und Sybil Kent Kane) nicht besonders viel Ahnung. Colonel Wood, der Kommandeur des Regiments, schon. Der erfahrene Veteran der Indianerkriege besah sich das Malheur und versetzte trocken, man werde sich die Munition eben bei den Spaniern besorgen.
Tiffany wurde Führer der Maschinengewehrsektion. Sie umfasste die zwei Maschinengewehre, 4.000 Schuss Munition, sechs Mannschaften plus Corporal Stevens.
Nach einem Monat Training wurde das Regiment nach Tampa in Florida geschickt und dort nach Kuba eingeschifft – ohne die Pferde. Einige Troops blieben ganz zurück. Am 22. Juni landeten the Rough Riders auf Kuba und marschierten landeinwärts. Ihr erstes Gefecht hatten sie am 24. Juni bei Las Guasimas, wo acht Rough Riders fielen. Und mehr noch: es bestand die Gefahr, dass die Maschinengewehre in die Hände der Spanier fielen. Einem Maultierführer gingen erst die Nerven, dann seine Tragtiere durch. Auf dem unübersichtlichen Gelände gerieten sie außer Sicht. Roosevelt beorderte Fred Herrig, einen Jagdführer aus Montana, die Maultiere mit den Waffen zu suchen. Herrig fand sie.
Eventuell feuerten danach die Colt-Brownings ihre ersten Schüsse im Kampf ab. Das wäre dann allerdings nicht der erste Kriegseinsatz des Modells, bereits am 14. Juni hatte die C Company, First Battalion, US Marine Corps, vier USN-Model-1895-Colts-Browning-MGs im Kaliber .236 Kaliber im Gefecht von Cuzco Wells nahe Guantánamo Bay eingesetzt. Die Waffen stammten von dem Kriegsschiff USS Texas. Nun war die zeitweise Ausrüstung einer Landungstruppe mit schweren Waffen das eine, die permanente Ausstattung einer Kavallerietruppe (wenn auch zu Fuß) mit solchen eine andere. Sergeant Williams behalf sich, indem er Maultiere organisierte, auf die die MGs verlastet wurden.
Aufgrund von Ausfällen im Offizierskorps (meist krankheitsbedingt) kam es zu einer Reihe von Kommandowechseln. Colonel Wood übernahm die Führung einer Kavalleriebrigade, Roosevelt wurde Regimentskommandeur der Rough Riders, deren 1st Squadron nun von Captain Micah J. Jenkins geführt wurde. Den Befehl über den K Troop übernahm Woodbury Kane.
Am 1. Juli traten die Rough Riders zu ihrem legendären Sturmangriff auf Kettle Hill und San Juan Hill an, mit dabei K Troop unter Woodbury Kane und die Machine-Gun-Section unter Sergeant Tiffany. Beiden trug ihr Anteil an dem Gefecht die Beförderung ein: Kane wurde Captain, Tiffany 2nd Lieutenant.
Der siegreiche, aber auch verlustreiche Angriff (89 Mann von Roosevelts Regiment wurden getötet oder verwundet) die Hänge hinauf auf die in Blockhäusern und Schützengräben verschanzten spanischen Truppen verschaffte den Rough Riders ihren Platz in der Geschichte. Dass der Angriff überhaupt so erfolgreich ablaufen konnte, verdanken die Rough Riders auch Schnellfeuerwaffen Modell 1895 von Colt, allerdings waren das die vier Gatling Guns der „Gatling Gun Battery” unter Lieutenant John „Gatling Gun” Parker von der 13th Infantry. Mit den vier handkurbelbetriebenen Kugelspritzen auf Räderlafette, Kaliber .30-40 Krag, Seriennummern 1040, 1041, 1042 und 1043, trug Parker entscheidend zum Ausgang des Gefechts bei. Parker war zur Kavalleriedivision abgestellt worden. Am Morgen des Schlachttages hatte er drei einsatzbereite Gatlings zu seiner Verfügung, die er dort aufstellen sollte, wo es ihm am günstigsten schien.
Als er den Angriff der Rough Riders und anderer Einheiten durch das Feuer seiner Gatlings unterstützte, war der Effekt frappierend. Die drei Gatlings feuerten auf Ziele in Entfernungen zwischen 550 und 700 Metern, sie verschossen 18.000 Schuss in achteinhalb Minuten kontinuierlichen Feuerns und richteten enormen Schaden bei den Spaniern an. Danach brachten Parkers Leute die Gatlings den Hügel hinauf, wo sie einen spanischen Gegenangriff gegen die amerikanischen Positionen auf Kettle Hill zusammenschossen und dann noch spanische Artillerie zum Schweigen brachten. Roosevelt war so beeindruckt, dass er Sergeant Williams am nächsten Tag zu Parker schickte. Die beiden Colt-Brownings wurden Parker unterstellt. Das war auch für die Machine-Gun-Section unter Sergeant Williams ein Glücksfall, denn die unermüdlichen Leute Parkers hatten spanische Munition eingesammelt, rund 10.000 Schuss 7×57. Und paradoxerweise hatten ja die Colt-Brownings exakt dieses Kaliber. Danach leisteten die MGs ihren Hauptbeitrag zum Feldzug, indem sie von ihren Schützen eingesetzt wurden, um verdächtige Baumkronen von eventuell darin verborgenen spanischen Baumschützen zu säubern.
Nach der Rückverlegung und Auflösung des Regiments (am 14. September 1898) nahm Woodbury Kane im Sommer 1899 auf der Yacht „Columbia” am America´s Cup teil und blieb auch in dieser Auseinandersetzung siegreich. Woodbury Kane, der so vielen Gefahren ins Auge geblickt hatte, wurde dann aber die Entenjagd zum Verhängnis. Er kehrt mit einer heftigen Erkältung von einer solchen zurück nach New York und verstarb dort am 5. September 1905 in seinem Apartment.
Das Maschinengewehr, das ihm seine Schwestern geschenkt hatten, existiert allerdings heute noch. Die Waffe mit der Seriennummer 161 gehört dem US National Park Service und befindet sich als Leihgabe im National Firearms Museum in Fairfax, Virginia.
Technische Daten:
Antrieb: Gasdrucklader (luftgekühlt)
Gewicht Waffe: 15,9 Kilogramm
Gewicht Dreibein: 25,4 Kilogramm
Länge (gesamt): 105 Zentimeter
Länge Lauf: 71 Zentimeter (vier Züge)
Kadenz: 400 – 450 Schuss/Minute
Patronenzufuhr: Stoffgurte (mit 120 oder 250 Schuss Kapazität)
Kimme: Leitervisier bis 2.600 Yards (2.377 Meter)
Gewicht Patronengurt mit 250 Patronen: 7,2 Kilogramm