In der tradtionsreichen Wallenstein-Kaserne, dem Sitz des Auslandseinsatzkommandos des Bundesheeres, fand Montag Vormittag die feierliche Verabschiedung des 27. Kontingents für UNIFIL statt. Auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wohnte dem Festakt bei.

Strahlend blauer Himmel, etwas Wind, 9 Grad in Götzendorf. Nicht zu kalt, nicht zu heiß. Die Stimmung auf dem Exerzierplatz, auf dem die Truppe angetreten ist: militärisch formell, kameradschaftlich. Und trotzdem lag auch etwas Anspannung in der Luft. Sie war den 81 Soldaten, darunter zehn Frauen, die nächste Woche zu ihrem friedenssichernden Einsatz in den Libanon aufbrechen, durchaus auch ins Gesicht geschrieben. Denn die Situation vor Ort ist nicht ungefährlich.

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Seit dem 8. Oktober 2023 beschießt die radikal-islamische Terrororganisation Hisbollah vom Südlibanon aus Israel täglich mit Raketen, die Tote und Verletzte in Israel fordern. Israel reagierte zunächst mit Luftschlägen gegen die Terroristen und startete am 30. September dieses Jahres auch eine Bodenoffensive.

Die UNIFIL-Truppen sind von den Kampfhandlungen zwischen den israelischen Verteidigern und den Terroristen immer wieder direkt betroffen und müssen bis zu 20 Stunden am Stück im Shelter verbringen. Die Hisbollah hält sich dabei teils absichtlich in der Nähe von UN-Stellungen auf, um die Friedenssoldaten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Erst kürzlich wurden mehrere österreichische Blauhelme – zum Glück nur leicht – verletzt.

Vor diesem dramatischen Hintergrund verabschiedete Verteidigungsministerin Klaudia Tanner die 81 Soldatinnen und Soldaten in ihren. Insgesamt werden nach der Rotation 165 österreichische Blauhelme im Libanon-Einsatz stehen. Frau Oberstleutnant Maria Eder wird als Kommandantin die erste Frau sein, die einen Auslandseinsatz dieser Größenordnung führt. Die Frau Oberstleutnant befindet sich übrigens bereits im Libanon, um alles für die Ankunft ihrer Kameradinnen und Kameraden vorzubereiten.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bei der Verabschiedung des UN-Kontingents in der Wallenstein-Kaserne – ©Patrick Huber
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bei der Verabschiedung des UN-Kontingents in der Wallenstein-Kaserne.

„Trotz angespannter Situation im Libanon leistet das Österreichische Bundesheer seinen Beitrag zur Friedenssicherung. Es freut mich besonders, dass an der Spitze dieses Kontingents erstmalig eine Frau die Agenden der Führung übernimmt. Dies zeigt, dass Frauen bei uns jede Aufgabe wahrnehmen und erfüllen können. Ich wünsche Frau Oberstleutnant Maria Eder und ihren Soldatinnen und Soldaten alles Gute für den herausfordernden Einsatz”, so Verteidigungsministerin Klaudia Tanner in ihrer Festansprache. Die Grade aus Wien umrahmte den Festakt musikalisch und stellte außerdem eine Ehrenformation.

Oberst Karl Wolf, Kommandant der Auslandseinsatzbasis, betonte ebenfalls die herausfordernde Situation und unterstrich in seiner Ansprache, welche umfassende Einsatzvorbereitung das österreichische Kontingent durchlaufen habe: „Ich bedanke mich bei allen Dienststellen, die mitgewirkt haben, besonders beim Ausbildungsleiter, Major Armin Kaufmann.” Und in Richtung der Frau Bundesminister sagte Oberst Wolf: „Wir bedanken uns für Ihre Anwesenheit bei dieser doch sehr kurzfristig einberufenen Verabschiedung. Es gilt Ihnen auch ein besonderer Dank für das intensive Vorantreiben der ,Mission Vorwärts’ , für Ihre Wertschätzung und Fürsorge für die Truppe im In- und Ausland und ganz besonders für Ihre Nähe zur Basis des Bundesheeres.”

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Oberst Wolf begrüßte außerdem Generalleutnant Martin Dorfer unter den Ehrengästen, seines Zeichens Kommandant der Land- und Spezialeinsatzkräfte, und würdigte Dorfer mit den Worten: „Wir sehen und spüren eine sehr klar gezeigte und umsichtige Führungskompetenz.” Ebenfalls anwesend war Generalmajor i.R. Nikolaus Egger, Präsident der Vereinigung Österreichischer Peacekeeper, die auch mit einer eigenen Standarte gleich neben dem zu verabschiedenden Kontingent angetreten waren. Ein Brückenschlag zwischen ehemaligen und aktiven österreichischen Blauhelm-Soldaten.

An die 81 Kameraden, die nun in den Südlibanon abrücken, richtete Oberst Wolf gleichfalls sehr persönliche und emotionale Worte: „Ich konnte Sie beobachten und sehen, dass Sie ein extrem hohes Engagement, einen Willen und eine Einsatzbereitschaft an den Tag legen. Wir fordern Euch auf: Lebt Kameradschaft, pflegt den Teamgeist, gebt einander weiterhin Hilfestellung.”

Die 81 Soldatinnen und Soldaten dieser Rotation stammen aus allen Regionen Österreichs. Sie bilden die „Multi Role Logistic Unit”, eine Transporteinheit für logistische Einsätze bei „United Nations Interim Force in Lebanon” (UNIFIL). Ihre Aufgaben umfassen den Transport von Personen und Material, die Instandsetzung von Fahrzeugen sowie die Versorgung der UN-Truppen mit Kraftstoff. Weiters garantieren die Soldaten der österreichischen Feuerwehr den Brandschutz im Hauptquartier.

Das heimische UNIFIL-Kontingent besteht, wie zuvor bereits erwähnt, aus insgesamt 165 Blauhelmen aus allen österreichischen Bundesländern: 45 (davon drei Frauen) aus Niederösterreich, 30 (davon zwei Frauen) aus der Steiermark, 29 (davon eine Frau) aus Wien, 21 aus Kärnten (davon sechs Frauen), 17 aus Oberösterreich (davon eine Frau), acht aus Salzburg (davon eine Frau), acht aus dem Burgenland, vier aus Tirol und drei aus Vorarlberg. Die Tätigkeiten umfassen ein breites Spektrum, von Kraftfahrern und Mechanikern über Sanitäter und Logistiker bis hin zu Feuerwehrpersonal. Mehr als 100 Fahrzeuge, darunter Geländewagen, Sattelschlepper, Busse, Berge-, Lösch- und Tankfahrzeuge, sind im Einsatz.

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Die UNIFIL-Mission

Seit November 2011 beteiligt sich das Österreichische Bundesheer an der UNIFIL-Mission der Vereinten Nationen im Libanon. Der Einsatz von Friedenstruppen im Libanon basiert auf den UN-Resolutionen 425 und 426 aus dem Jahr 1978 sowie auf der UN-Resolution 1.701 aus dem Jahr 2006. Im UNIFIL-Einsatz stehen insgesamt rund 10.000 Soldaten und 800 UN-Zivilangestellte aus rund 50 Nationen. Allerdings steht der Einsatz seit geraumer Zeit in der Kritik. Die UN hat es über Jahrzehnte nicht geschafft, die der Mission zugrunde liegenden UN-Resolutionen vollinhaltlich durchzusetzen und beispielsweise das Festsetzen von Kämpfern der islamistischen Terrormiliz Hisbollah südlich des Litani-Flusses zu verhindern. Auch stehen Vorwürfe im Raum, dass die Hisbollah UNIFIL-Soldaten bestochen habe.

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Quelle©Patrick Huber