Wie 2019 bekannt wurde, wird die Luftwaffe der slowakischen Streitkräfte ihre alternden Mig-29-Flugzeuge durch neue F-16C/D/70 ersetzen. Nun steht man vor der Frage, wie die L-39C ersetzt werden, jene ebenfalls in die Jahre gekommenen Unterschall-Trainingsflugzeuge, auf denen bislang Pilotennachwuchs generiert wurde. Eine mögliche Antwort könnte der tschechische Hersteller Aero Vodochody geben, der 2020 sein neues Trainingsflugzeug L-39NG zertifiziert hat.
Piloten der slowakischen Luftwaffe testeten vergangene Woche in Sliac den zweiten Prototyp jener Aero L-39NG, welche die slowakische Armee eventuell – angeblich in einer waffenfähigen Version – kaufen möchte. In der tschechischen Delegation war unter anderen auch der Chefdesigner der neuen Version, Jaromír Lang. Das Personal von Luftwaffe und Ministerium wurden auch über die Möglichkeiten des virtuellen Trainingsanteils sowie der künftigen Parameter der waffenfähigen Version der L-39NG als leichtes Kampfflugzeug gebrieft, welche im ersten Quartal 2022 fertig sein sollte.
Der tschechische Hersteller bietet Bratislava auch an, einen Teil der Produktion seines neuen Flugzeugs im Rahmen des Vertrags in die Slowakei zu verlagern: „Wir bieten der Slowakei eine strategische Zusammenarbeit an, die die Akquisition von acht L-39NG-Flugzeugen umfasst. Unsere Lösung würde eine größere Autarkie bei der Ausbildung künftiger F-16-Piloten gewährleisten und gleichzeitig erhebliche Einsparungen bei den finanziellen Kosten für diese Ausbildung bringen. Ein starkes Argument ist auch das Angebot einer umfassenden industriellen Zusammenarbeit bei der Herstellung des L39NG-Flugzeugs”, so Zdeněk Hlačík, Marketingleiter von Aero Vodochody für die Slowakei.
Aero bietet an, die Produktion bestimmter Komponenten für den L-39NG vertraglich in das Land des Käufers zu verlagern. Der potenzielle Auftrag konnte mit der staatlichen Luftfahrtreparaturfirma Trenčín (LOT, nun Aviation Repair Services Trencin) vereinbart werden. Laut Aero-Sprecher Tobiáš Tvrdík wird in Betracht gezogen, die Produktion der Flugzeugspitze, des hinteren Teils des Rumpfes, der Bremsklappen oder zusätzlicher Tanks zu vergeben. „Nach unseren Informationen könnte die Entscheidung zum Erwerb zum Jahreswechsel getroffen werden”, fügte er hinzu.
Ende 2018 unterschrieb Bratislava (siehe Bericht) für 14 Stück F-16-Block-70/72 um rund 1,6 Milliarden Euro. Der FMS-Anteil für Lockheed Martin beträgt rund 700 Millionen Euro, die ersten Flugzeuge sollen 2022 in Greenville SC. ausgeliefert werden. Diese Maschinen werdern aber zunächst zur Ausbildung der ersten Piloten in den USA bleiben. Momentan sind acht Mann in den USA, weitere sechs von ihnen lernen gerade Englisch und die englische/NATO-Luftfahrtphrasologie. Weitere Asprianten sollen unter künftigen Abgängern der TU Košice selektiert werden. Bis Ende 2023 sollen alle Flugzeuge dann in die Slowakei verlegt werden, unter den Maschinen sind übrigens auch zwei Zweisitzer. In Zukunft möchte Bratislava aber trotzdem eine eigene Piloten-Basisausbildung haben. Diese steht zurzeit mit Hilfe von sechs L-39-Flugzeugen zur Verfügung, die noch von der Teilung der Tschechoslowakei stammen. Diese werden aber in den kommenden Jahren ausscheiden und die slowakische Armee muss einen Ersatz für sie finden. Zudem sind im Moment – nach Überholung durch Aero – nur zwei davon einsatzbereit.
Als Alternative könnte das ganze Training hin zur F-16 auch in die USA ausgelagert werden, dies wäre laut slowakischen Wortmeldungen rund um die Tests jedoch teu(r)er. Wie der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Naď nun feststellte, dürften der Kauf von Trainingsflugzeugen und die Ausbildung von Kampfpiloten unter eigener Leitung der Armee Einsparungen in der Größenordnung von einigen Millionen Euro pro Jahr bringen. Außerdem wäre in der mitteleuropäischen und teils gebirgigen Slowakei oft viel schlechteres Wetter als im Süden oder Südwesten der USA, daran müssten Piloten bei einer Ausbildung im Ausland zuhause erst angelernt werden.
Während der Tests definierte der Staatssekretär des slowakischen Verteidigungsministeriums, Marian Majer, die Erneuerung der Ausbildungs-Technologie als Priorität für sein Ministerium: „Wie wir alle wissen, hat alles eine Lebensdauer, einschließlich der Mig-29 und L-39 Albatrosy, die zu Ende geht. Zwar wurden zwei L-39-Flugzeuge überholt, jedoch ohne größere Modernisierung der veralteten Avionik. Die derzeitige Konfiguration und Ausstattung der L-39-Flugzeuge werden auch nach ihrer Reparatur bedeuten, dass ein möglicher Übergang zu modernen F-16-Kampfflugzeugen sehr schwierig sein wird. Daher lautet die Frage, gibt es eine andere Lösung, die der Slowakei auch noch finanzielle Einsparmöglichkeiten bringt? Denn diese Art des langen Heranbildens von Piloten in der weit entfernten Fremde ist unnötig teuer und nicht konzeptionell für uns als Staat. Es gibt jedoch die Möglichkeit, Piloten zusammen mit ihren Familien für den allergrößten Teil der Ausbildung in der Slowakei zu haben, in dieser Hinsicht hat uns die aktuelle Pandemie gezeigt, wie vorteilhaft und strategisch es ist, so autark wie möglich zu sein, um die Sicherheit des eigenen Landes zu gewährleisten – wozu natürlich auch die eigene Ausbildung von Schlüsselpersonal wie eben taktischer Piloten gehört. Um so mehr, wenn diese Möglichkeit in Zusammenarbeit mit unserem traditionellen Partner gegeben wäre, der uns auch finanzielle Einsparungen signalisiert und interessante Möglichkeiten zur Zusammenarbeit in der Luftfahrtindustrie bietet.“
Neben Aero haben aber auch Unternehmen aus Großbritannien und Italien Interesse an einem slowakischen Vertrag. Die britische BAE Systems bietet die aktuellste Variante der Hawk an, die italienische Firma Leonardo entweder eine M-345HET-Trainingsmaschine oder eine leistungsstärkere (und teurere) M-346. Das slowakische Verteidigungsministerium rechnet mit rund zehn Millionen Euro pro Stück für acht bis zehn Flugzeuge, einschließlich Betriebs-, Schulungs- und Serviceeinrichtungen.
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