In einer gemeinsamen Rede mit Außenminister Alexander Schallenberg hat US-Außenminister Mike Pompeo im Schloss Belvedere die Aufnahme Österreichs in das „State Partnership Programm” der US-Streitkräfte verkündet. Damit werden die militärpolitischen Beziehungen zwischen den USA und Österreich auf ein neues Niveau gehoben.
Zwar sind es schon weltweit 82 Staaten, welche dem SPP-Programm der Nationalgarde – einem der sechs Teile der US-Streitkräfte – angehören. Aber in Europa ist Österreich das erste Land, das früher nicht dem Warschauer Pakt beziehungsweise der ehemaligen UdSSR oder dem ehemaligen Jugoslawien angehört hat, dessen Streikräfte nun eine verstärkte militärische Kooperation mit der Nationalgarde-Einheit eines US-Bundesstaates eingehen können soll.
Das Programm hat den Zweck, enge militärische Beziehungen zwischen einzelnen US-Bundesstaaten und Partnerländern aufzubauen und Pompeo war überzeugt, dass „Österreich eine großartige Ergänzung des Programms darstellen wird.”
Laut offiziellen US-Angaben sähe die Partnerschaft vertiefte Zusammenarbeit in folgenden Bereichen vor:
- Friedenssichernde Einsätze
- Kampf gegen Drogenhandel
- Kampf gegen Terrorismus
- Bewältigung von Naturkatastrophen
- Schutz von natürlichen Ressourcen
- Grenzschutz
- Ausbildung von Unteroffizieren
- Sanitätsausbildung
- Cyber Security
Grosse Überscheidungen
Zur Erläuterung kam in der Kronen Zeitung – an dieser Stelle ein ausdrückliches Recherche-Lob an Redakteur Paul Tikal – der US-Vertreidigungsexperte, Militärdiplomat und frühere USAF-Offizier Jeffrey „Fish” Fischer zu Wort, den der Autor speziell in Sachen Elektronische Kriegsführung schon jahrelang gut kennt. Laut „Factsheet” der SPP wurde die Initiative bereits vor 27 Jahren ins Leben gerufen und umfasste in Europa anfänglich nur die drei baltischen Staaten. Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts hat das SPP-Programm zahlreichen Ostblockländern geholfen, ihre Streitkräfte von russischem Niveau, Doktrin und letztlich Inventar an westliche Standards anzupassen und somit auch die Voraussetzung für einen NATO-Beitritt geschaffen sowie die Leistungsfähigkeit der individuellen Partnerstreitkräfte stark gesteigert. Fischer ist natürlich auch klar, dass Österreich keinerlei Ambitionen hat der NATO beizutreten (so die Allianz das überhaupt begrüßen würde), das Programm böte aber trotzdem außergewöhnliche Möglichkeiten. Denn es würde eben von der amerikanischen Nationalgarde geleitet, die traditionell mehr Wert auf defensiven Heimatschutz oder Katastrophenhilfe legt und weniger offensiv ausgerichtet ist als die „reguläre” US-Army oder das Marine Corps (wenn auch Einheiten der Nationalgarde in den vergangenen Jahren verstärkt in Auslandsmissionen sind). „Die Aufgaben der National Guard in Amerika überschneiden sich sehr stark mit jenen des Bundesheeres”, so Fischer, der Österreich zu einem „mutigen Schritt” gratuliert, welcher gar als „Game Changer für die westeuropäische Sicherheit” zu werten sei.
Für beide Seiten vorteilhaft
Laut dem National Guard Bureau der SPP „verbindet sich die Nationalgarde eines US-Staates mit dem Militär, den Sicherheitskräften und den Katastrophenschutzorganisationen eines Partnerlandes in einer kooperativen, für beide Seiten vorteilhaften Beziehung”. Und laut Fischer wäre der Erfolg dieser Bemühungen in den 22 europäischen Ländern – egal ob in NATO und/oder EU oder nicht – in Summe geradezu großartig. Er erläutert auch das Argument westeuropäischer NATO-Nationen, von denen keine ein Interesse an jenem Programm bekundete, mit der Begründung: „Wir arbeiten gern mit den Vereinigten Staaten zusammen, nicht aber mit einem ihrer Bundesstaaten.” Das gelte für Österreich jedoch nicht, denn während Wien aus ganz eigenen und souveränen Gründen keine Bestrebungen hat ein NATO-Verbündeter zu werden, ergibt sich mit diesem Abkommen für die rot-weiß-roten Streitkräfte eine außergewöhnliche Chance, insbesondere wenn man die Rollen und Verantwortlichkeiten des heutigen Bundesheeres betrachtet. Und es wäre ja nicht so, als ob Ausbildungskooperationen mit US-Einheiten ein Novum wären, Fischer verweist beispielsweise auf die bereits jahrelange Beteiligung des Jagdkommandos an der Ausbildungsmission „Flintlock” unter US-Führung in Westafrika (Militär Aktuell berichtete).
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