Österreichische Aerospace-Unternehmen bespielen den Markt mit ihren Hightech-Produkten höchst erfolgreich. Ein Gespräch mit Volker Fuchs, Geschäftsführer des niederösterreichischen Prüfsysteme-Spezialisten Test-Fuchs und Vorsitzender des Beirats Industrielle Kooperation der Austrian Industrial Cooperation & Aviation Technology (AICAT).
Herr Fuchs, österreichische Hersteller wie Diamond Aircraft und Schiebel bauen zwar Kleinflugzeuge und autonom fliegende Hubschrauber, Großsysteme werden im Land aber keine gebaut. Die österreichische Luftfahrtindustrie gilt trotzdem als sehr potent. Oder wie würden Sie die Branche beschreiben?
Genau so. Die österreichische Luftfahrtindustrie ist eine Branche mit wenigen, allerdings sehr hoch spezialisierten Unternehmen wie auch FACC, List oder Isovolta, die zwar, wie sie richtig sagen, keine Großflugzeuge und -hubschrauber bauen, in ihren Bereichen aber Weltmarktführer sind. So kommt heute kaum ein größeres Flugzeug ohne „Made in Austria” daher.
Sie meinen, es finden sich überall österreichische Bauteile?
Ja, gerade in den Kabinen, etwa Wandpaneele und Gepäckablagen. Vielfach finden sich österreichische Produkte aber auch im Housing von Triebwerken und in der Struktur von Tragflächen.
Das gilt jetzt für größere Maschinen, also Linienflugzeuge?
Genau, aber auch für Business-Jets – also überall dort, wo höherwertige Ausstattungen gefragt sind.
Und wie sieht es mit dem Defence-Bereich aus? Sind die österreichischen Unternehmen auch dort etabliert?
Zum Teil ja. Vielfach setzen die Hersteller in diesem Bereich aber auf Unternehmen aus ihren Ländern. Das hat gar nichts mit der Qualität unserer Betriebe zu tun, die auch im Defence-Bereich viel Know-how einbringen können. Militärische Beschaffungen sind aber in vielen Fällen sehr politisch, die Hersteller vergeben Aufträge daher meist national oder als Teil von Gegengeschäften im Land des Auftraggebers. Ich gebe ihnen ein Beispiel.
„Unsere einzige chance ist qualität. nur mit hochwertigen Produkten lässt sich der nachteil eines schwierigen markteintritts
kompensieren.“Test-Fuchs Geschäftsführer Volker Fuchs
Bitte.
Der F-35 scheint auf Jahrzehnte das beherrschende Luftkampfsystem in Europa zu werden, Österreich hat sich dafür aber bislang nicht entschieden. Konsequenz davon ist, dass wir als österreichisches Unternehmen kaum eine Chance haben, am Programm zu partizipieren. Das zeigt sich beispielsweise bei unseren mobilen Hydraulikaggregaten, mit denen sich Flugzeuge am Boden – ähnlich einer Herz-Lungen-Maschine beim Menschen – während Tests mit hydraulischem Druck versorgen lassen. Wir machen das für den Eurofighter und könnten das auch für den F-35, haben dort aber keine Chance, zum Zug zu kommen, weil Österreich nicht Programmpartner ist. Italien und die Niederlande (-> Niederlande stocken ihre F-35-Bestellung auf) sind das aber sehr wohl und daher übernehmen den Part auch Unternehmen von dort. Es ist also ein gravierender Nachteil, dass es über Jahrzehnte hinweg für uns praktisch keinen Heimmarkt gab.

Das Bundesheer hatte kein Geld für neue Flugzeuge und Hubschrauber.
Die letzten größeren Beschaffungen liegen jedenfalls schon weit zurück. In den vergangenen Jahrzehnten kamen gerade einmal drei gebrauchte Hercules-Transportflugzeuge von den Briten und Anfang der 2000er-Jahre wurden 15 zum Teil ebenfalls gebrauchte Eurofighter gekauft. Erst jetzt kommt mit den neuen AW169-Helikoptern von Leonardo und den neuen C-390M-Transportflugzeugen (-> Bundesheer beschafft gemeinsam mit den Niederlanden neue C-390M) von Embraer wieder Bewegung rein und sind weitere Beschaffungen geplant.
Aber Ihr Unternehmen ist ja ein gutes Beispiel dafür, dass es österreichische Unternehmen trotz des fehlenden Heimmarkts schaffen können.
Es schaffen auch einige, allerdings weniger direkt in der Konstruktion, sondern vielmehr in anschließenden Nischenbereichen – so wie wir. Wir liefern ja keine Komponenten oder Bauteile für Flugzeuge, sondern Prüfgeräte, Kraftstoff-, Hydraulik- und Schmierölkomponenten sowie -systeme. Ähnliches gilt beispielsweise auch für Frequentis mit seinen Flugsicherungssystemen und Böhler Aerospace, das hoch beanspruchbare Triebwerks- und Fahrwerkskomponenten an praktisch alle namhaften Flugzeughersteller liefert und den Nachteil, nur schwer in Lieferketten zu kommen, in einen Vorteil verwandelt.
Wie meinen Sie das?
Unsere einzige Chance ist Qualität. Nur mit hochwertigen Produkten lässt sich der Nachteil eines schwierigen Markteintritts kompensieren, und wer diese Produkte nicht liefern kann, verschwindet eben wieder vom Markt.

Eine harte Auslese.
Damit werden unsere Betriebe aber fit für internationale Ansprüche gemacht. Wir sind dafür das beste Beispiel. Wir sind in den 1960er- und 1970er-Jahren hauptsächlich über Aufträge der deutschen Bundeswehr gewachsen. Wir kamen dort mit Generatorenprüfsystemen für den F-104 Starfighter bei der Luftwaffe ins Geschäft, weil wir das beste Produkt für ihre Bedürfnisse hatten. Schon zuvor hatten wir auch Aufträge des Österreichischen Bundesheers und mit diesen Referenzen konnten wir uns dann weltweit weiterentwickeln.
Ihr Unternehmen hat dann auch Systeme für den Panavia Tornado und den Eurofighter geliefert.
Ja, unter anderem. Beim Eurofighter waren wir schon vor der Typenentscheidung des Bundesheers (Anmerkung: Österreich kaufte Anfang der 2000er-Jahre 15 Eurofighter) im Programm etabliert. Wir konnten durch die Beschaffung in Österreich aber unser Standing nochmals deutlich verbessern, unser Geschäftspotenzial verstärken, in der Wahrnehmung in ganz neue Ebenen vordringen und auch andere Unternehmen ansprechen. Test-Fuchs hat beispielsweise auch einige Prüfstände für die brasilianischen Saab Gripen E geliefert. Wir arbeiten mit Saab schon sehr lange zusammen. Wir kooperieren aber auch mit vielen anderen Herstellern wie beispielsweise Leonardo, für die wir unter anderem einige Komponenten für den Advanced Jet Trainer M-346 an die Exportkunden Polen und Israel geliefert haben. Zuletzt haben wir auch einen größeren Auftrag der Bundeswehr erhalten, bei dem es um die beschleunigte Instandhaltung der von uns gelieferten 26 Hydraulikteststände beim Instandsetzungszentrum 12 der Luftwaffe geht. Die Systeme werden zur Prüfung von Fahrwerks- und Hydraulikkomponenten von Eurofighter, Tornado, NH90, dem Unterstützungshubschrauber Tiger und dem Sikorsky CH-53 verwendet.
„Wir sind in unserem Bereich Weltmarktführer und wir arbeiten hart daran, dies auch zu bleiben.“
Test-Fuchs Geschäftsführer Volker Fuchs
Wie vertreibt Test-Fuchs seine Prüfstände im Militärbereich? Direkt über die Hersteller oder über die Luftstreitkräfte?
Beides. In vielen Fällen bieten die Hersteller unsere Systeme in einem Package mit ihren Produkten an, immer wieder kaufen die Nutzernationen aber auch direkt bei uns ein, weil sie ein Prüfsystem beispielsweise nicht nur für ein Waffensystem nutzen wollen, sondern querschnittlich.
Aktuell setzt Test-Fuchs verstärkt auch auf den US-Markt, oder?
Wir verfügen schon seit 2016 über einen Standort in den USA, und konnten dort in den vergangenen Jahren gut Fuß fassen und einige spannende Aufträge für uns gewinnen. Die Möglichkeiten sind dort auch für uns ganz andere als in Europa. Das ändert aber nichts daran, dass wir am Ende des Tages ein Nischenplayer sind, allerdings ein sehr erfolgreicher. Wir sind in unserem Bereich Weltmarktführer und arbeiten hart daran, dies auch zu bleiben.
Hier geht es zu weiteren Made in Austria Beiträgen.
Hier geht es zu weiteren Test-Fuchs Beiträgen.