Der erste YUH-60A Protoyp, Kennung 73-21650 (Seriennummer 70-001), hob am 17. Oktober 1974 in Stratford, Connecticut zum Erstflug ab. Am Steuer saßen Sikorsky-Chefpilot Dick Wright und UTTAS-Chefpilot John Dixson.
Heute ist der Black Hawk der vielseitigste Mehrzweckhubschrauber der Welt. Mit mehr als 5.000 gebauten Maschinen in unzähligen Versionen, militärischen und zivilen Nutzern in 36 Ländern und mehr als 15 Millionen Flottenflugstunden ist er ein bewährtes Arbeitspferd, das seit Jahrzehnten fliegt und noch jahrzehntelang fliegen wird.
Das Bundesheer betreibt seit 2002 neun S-70 Black Hawk Hubschrauber. 2018 wurde der Ankauf von drei weiteren Maschinen für die Staffel in Tulln/Langenlebarn beschlossen. Und auch in Linz/Hörsching wird die außer Dienst zu stellende AB212 durch eine neue Staffel UH-60M Black Hawks ersetzt.
Aller Anfang ist schwer
Der firmenintern von Sikorsky als S-70 bezeichnete Hubschrauber ist heute das mit Abstand erfolgreichste Produkt in der langen und traditionsreichen Firmengeschichte. Der Beginn war aber mehr als holprig.
Die 1950er- und 1960er-Jahre waren für Sikorsky eine erfolgreiche Zeit in der tausende Hubschrauber gebaut wurden. Die 1970er-Jahre waren es nicht mehr. Sikorsky hatte leistungsfähige Schwerlasthubschrauber im Programm, lieferte aber fast nur an Marinestreitkräfte. Ein Armee-Volumenmodell fehlte. Und so war für das Jahr 1977 keine einzige Hubschrauber-Auslieferung an die US-Streitkräfte geplant. Sikorsky stand mit dem Rücken zur Wand. Die praktisch letzte Chance das Unternehmen zu retten, war die Ausschreibung der US Army (-> aktuelle Meldungen rund um die US-Streitkräfte) für die nächste Generation eines taktischen Transporthubschraubers – das „Utility Tactical Transport Aircraft System” (UTTAS) Programm.
Drei Unternehmen bewarben sich in der Konzeptphase. Die Bell Helicopter Company schied aus. Der Auftrag je drei Prototypen zu fertigen und damit das Testflugprogramm zu absolvieren, erging am 11. September 1972 an Boeing Vertol (YUH-61) für ein Angebot um umgerechnet 83,3 Millionen Euro und an Sikorsky Aircraft (YUH-60) für ein Angebot um umgerechnet 56,7 Millionen Euro.
Unkomfortabel und unakzeptabel
26 Monate benötigte das Sikorsky-Stammwerk in Stratford, Connecticut, um das Design auf Papier in die fliegende Realität zu überführen. 26 Monate gespickt mit unzähligen Tests von Komponenten und der Entwicklung von Konzepten wie diese hoffentlich künftig effizient in Serie zu fertigen wären.
Das alles unter Berücksichtigung einer langen Liste an Vorgaben der US Army. Gefordert war eine hohe Redundanz der Technik zur Erhöhung der Ausfall-, Funktions- und Betriebssicherheit. Toleranz gegenüber Schäden zur Aufrechterhaltung der Flugfähigkeit zumindest für einen gewissen Zeitraum. Sowie Crashsicherheit, um im Falle eines Unfalls der Besatzung bessere Überlebenschancen zu ermöglichen. Gefordert war auch, dass der Hubschrauber auf Ebene der Einsatzstaffel und im Feld technisch gut zu betreuen sein muss. Und er musste mit Transportflugzeugen rasch verlegbar sein.
Das alles erfüllte der YUH-60A Protoyp, der am 17. Oktober 1974 erstmals abhob. Doch die Freude dies sechs Wochen vor dem Zeitplan geschafft zu haben, wich rasch der Ernüchterung. Es traten schon bei den ersten Flügen signifikante Probleme auf. Die Vibrationen des neuen Luftfahrzeugs waren so stark, das sie nicht nur als unkomfortabel, sondern als unakzeptabel eingestuft wurden. Die erwarteten Flugleistungen wurden erheblich unterschritten, da die Triebwerke sehr viel mehr leisten mussten als geplant, um die geforderten Fluggeschwindigkeiten zu erreichen. Und bei der Landung stellte sich das Luftfahrzeug so stark auf, dass die Testpiloten den Boden vor sich aus den Augen verloren.
17 Monate Zeit
Etwas mehr als eineinhalb Jahre blieben Sikorsky Zeit, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Im März 1976 waren drei flugfähige Maschinen an die US Army für deren Testflüge zu übergeben.
Als Hauptursache für das Vibrations- und Flugleistungsproblem wurde sehr bald die niedrige Position des Rotorkopfes ermittelt. Dieser stand im Zusammenhang mit der Forderung der US Army den Hubschrauber sehr rasch in Frachtflugzeuge be- und entladen und ohne große Montagetätigkeiten zügig wieder fliegen zu wollen. Die Lösung war ein Adapterstück, dass den Rotorkopf 38 Zentimeter höher positionierte und das für den Transport in Flugzeugen ausgebaut werden kann.
Als Verursacher für das große Aufstellmoment beim Landeanflug wurde der starre, horizontale Stabilisator am Heckausleger eruiert. Dieser lag im Abwind („downwash”) des Hauptrotors und drückte das Heck nach unten. Die Lösung war schließlich ein beweglicher Stabilisator mit einem „fly-by-wire” System.
Um die Flugleistungen weiter zu verbessern war auch ein neues Design für die Getriebe- und Triebwerksabdeckung erforderlich. Das betraf vor allem den Bereich hinter dem Rotor hin zum Heckausleger.
Ein Entwicklungs- und Testprogramm zur weiteren Reduzierung der Vibrationen lief bis kurz vor Übergabe der Prototypen an die US Army. Auch hier wurden letztendlich akzeptable Werte erzielt.
Luftduell gegen Boeing Vertol YUH-61
Mitte März 1976 begannen in Fort Benning, Georgia (heute Fort Moore), die Testflüge der US Army mit je drei Prototypen des Sikorsky YUH-60 und des Boeing Vertol YUH-61. Im Mai 1976 gab es erstmals ein Indiz, dass das Sikorsky Design um einiges leistungsfähiger war. Obwohl mit denselben Triebwerken ausgestattet, zeigte sich der YUH-60 beim Heben von Außenlasten dem Konkurrenten von Boeing Vertol deutlich überlegen.
Am 9. August 1976 dann ein Schreck, der allen in die Knochen fuhr. Spätabends und schon nach Einbruch der Dunkelheit traten während des Fluges des ersten YUH-60 (Seriennummer 21650) Vibrationen auf. Die Crew entschied sich um 23.15 Uhr für eine Sicherheitslandung auf einer Fläche, die sie in der Dunkelheit als Kornfeld interpretierte.
Es war zu spät als die Crew ihren Fehler bemerkte. Der YUH-60 hackte sich mit dem Rotor eine Lichtung mitten in einen dichten Pinienwald. Die Meldung des Unfalls machte schnell die Runde und Vertreter der US Army und Sikorsky eilten zum Unfallort.
Was sie dort in all den kurz und klein geschlagenen Bäumen und Ästen fanden war ein YUH-60 mit ziemlich ramponierten Rotorblättern und einigen Beulen. Und eine 14-köpfige Crew die außer einem Schreck nur leichte Verletzungen davon getragen hatte. Der YUH-60 hatte sich eine Lichtung geschlagen und dabei etwa 40 Bäume mit großteils 13 Zentimeter dicken Stämmen gefällt.
Ein Inspektionsteam von Sikorsky und der US Army beurteilten die Schäden. Kaputt waren Haupt- und Heckrotorblätter. Der Hubschrauber hatte ein paar Dellen ohne damit einhergehenden Folgen für die strukturelle Integrität. Weder die Getriebe hatten Schaden genommen, noch war Treibstoff ausgelaufen. Als Ursache für die ursprünglichen Vibrationen, die zur Sicherheitslandung führten, wurde ein mangelhaft gefertigtes Rotorblatt ermittelt. Bei diesem hatten sich Teile der Blatthülle aus glasfaserverstärktem Kunststoff von der Blattstruktur gelöst. Drei Tage nach dem Unfall hob der Hubschrauber, mittlerweile mit dem Namen „Phoenix” versehen, aus eigener Kraft vom Unfallort ab.
Weitere Testflüge brachten die Prototypen der beiden Bewerber auch in die sengende Hitze der kalifornischen Mojave Wüste und ins eisige Fort Greely, Alaska.
Am späten Nachmittag des 23. Dezember 1976 läutete in Stratford, Connecticut das Telefon. Es gilt bis heute als eines der wichtigsten Telefonate in der Firmengeschichte. Der Anruf kam vom Vertragsbeauftragten des US Army Aviation Systems Command, der das Unternehmen darüber informierte und beglückwünschte, dass es für die Herstellung des neuen Hubschraubers für die US Army ausgewählt worden war. Sikorsky hatte mit dem YUH-60 den UTTAS-Wettbewerb gewonnen.
Der erste Auftrag lautete 353 Maschinen binnen vier Jahren. Inzwischen verlässt – nach mehreren großen und kleinen Änderungen – die dritte Black Hawk-Generation die Fertigungshallen.
Die Namensgebung der US Army für den UH-60 folgte der Tradition der Armee, ihre Hubschrauber nach berühmten amerikanischen Ureinwohnern zu benennen. Sie nannte den Hubschrauber Black Hawk. Black Hawk”(Schwarzer Falke) lebte von 1767 bis 1838 und war der Häuptling der Sauk-Indianer.
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