Warum das Bundesheer mit den Vienna Vikings gemeinsame Sache macht und die Spieler rund um Linebacker Noel Swancar die Kooperation „mehr als nur leiwand” finden.

Was haben das Pent­house-Männermagazin, die Munich Cowboys, der US-amerikanische Quarterback Joe Namath und das Bundesheer mit den Vienna Vikings zu tun? Jede Menge, denn jede Geschichte hat irgendwo ihren Anfang und diese hier beginnt mit Thomas Aichmair, der in der ersten deutschsprachigen Penthouse-Ausgabe blättert und darin einen Bericht über ein Football-Team aus München entdeckt, der ihn fasziniert. Als er kurz darauf auch noch einen Artikel über Joe Namath liest, ist es völlig um ihn geschehen. Aichmair gründet die Vienna Vikings und wird dort selbst zum Defensive Tackle und zum ersten Präsidenten des Vereins, der eine 40-jährige Erfolgsgeschichte mit 15 österreichischen Meisterschaften und fünf Eurobowl-Siegen hat. Das 2022 gegründete Franchise-­Profiteam hat auch bereits einen EFL-Triumph in der Vita stehen und unterhält seit dem Vorjahr auch eine spannende Kooperation mit dem Bundesheer.

©Militär Aktuell

Die Kooperation & ihre Anfänge

Der Startschuss fiel im Jahr 2023: Unter Federführung des Militärkommandos Wien begleitete das Bundes­heer fünf Heimspiele der Vikings gegen internationale Gegner, um sich im Stadion als sport­affiner, zeitgemäßer, attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Die Rechnung ging rasch auf: Team, Fans und Zuschauer waren begeistert. Auf Anfrage des American Football Bund Österreich beteiligte sich das Österreichische Bundesheer daher auch am Finalspiel der Football Europameisterschaft im Oktober 2023 in St. Pölten, wo das österreichische Nationalteam (im Kader standen mehr als zwei Dutzend Vikings-Spieler) vor rund 7.000 Zuschauern eindrucksvoll erstmals Europameister wurde.

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Seitdem laufen die Spieler der Vikings in ausgewählten Spielen in Trikots ein, die im Bundesheer-Tarnfleck gehalten sind. Der Spielball wird von Jagdkommando-Soldaten per Fallschirm ins Stadion gebracht, vor der Partie spielt die Militärmusik groß auf, im Rahmen von „Salut to Service” nimmt das Bundesheer auch in der Pre-Game Area mit unterschiedlichsten Attraktionen und Mitmachstationen eine Hauptrolle ein. Und abseits der Spiele finden Informations- und Exkursionsveranstaltungen für die jungen Spieler der Vikings Football Academy statt, in denen das Bundesheer Einblicke in den abwechslungsreichen Soldatenberuf gibt.

Kooperation von Bundesheer und Vienna Vikings -©Hannes Jirgal
Das Bundesheer ist bei den Spielen der Vikings mit Bandenwerbung, Mitmachstationen und weiteren Highlights omnipräsent. Der Matchball wird von Jagdkommandosoldaten „eingeflogen”.

Für Oberst Hannes Kerschbaumer ist die Zusammenarbeit eine „aufgelegte Sache”, wie er sagt. Kerschbaumer ist Referent im Bereich Eventmanagement im Bundesministerium für Landesverteidigung und damit direktes Bindeglied zwischen Heer und Vikings. „Wir haben bereits länger geprüft, uns im American Football zu engagieren, weil die Sportart aufgrund ihres Charakters, ihrer Sportler und ihrer Fans ideal zum Bundesheer passt”, sagt er im Gespräch mit Militär Aktuell. „Wie beim Militär hängt auch beim Football der Erfolg davon ab, ob die Spieler als geschlossene Einheit zusammenarbeiten. Strategien und Pläne müssen da wie dort kurzfristig an veränderte Situationen angepasst werden und ähnlich dem ,Huddle’ beim Football, bei dem der Quarterback den nächsten Spielzug in Form von standardisierten Codes vorgibt, gibt es beim Militär die Befehlsausgabe.” Kerschbaumer ist noch eine weitere Parallele wichtig: „Letztlich geht es da wie dort um Verteidigung und Angriff und darum, mit Taktik im Mannschaftsgefüge Räume zu überwachen, zu verteidigen und einzunehmen.”

„Letztlich geht es da wie dort um Verteidigung und Angriff und darum, mit Taktik im Mannschaftsgefüge Räume zu überwachen, zu verteidigen und einzunehmen.“

Oberst Hannes Kerschbaumer, BMLV

Letzteres gelingt den Vikings aktuell mehr als nur erfolgreich. Seit 2022 spielt das Profiteam als eines von derzeit 17 Teams aus neun Nationen in der erst 2021 gegründeten European League of Football (ELF), gleich beim Debüt gelang mit einem 27:15 im Finale gegen die Hamburg Sea Devils der große Wurf, der Titelgewinn. Im Jahr darauf war dann im Halbfinale gegen Stuttgart Surge (33:40) Endstation und auch in der laufenden Saison stehen die Vikings nach einem tadellosen Grunddurchgang (zwölf Siege in zwölf Spielen) und einem 47:31 gegen die Paris Musketeers im Halbfinale wieder im Finale. Unabhängig vom Ausgang der Partie gehören die Vikings damit auch heuer wieder zu den besten American-Football-Teams Europas.

Kooperation von Bundesheer und Vienna Vikings -©Hannes Jirgal
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Vienna-­Vikings-Owner Robin Lumsden (selbst Milizsoldat beim Jagdkommando) präsentierten gemeinsam die Jerseys im Tarnmuster. Mittlerweile kamen die Trikots bei zahlreichen Spielen zum Einsatz.

Mittendrin statt nur dabei ist auch das Bundesheer – und das nicht „nur” als Kooperationspartner bei und rund um die Spiele, sondern auch personell. Zahlreiche Spieler im aktuellen Kader sind ehemalige Heeressportler: Luis Horvath, Florian Bierbaumer, Aleksandar Milanovic, Alex Watholowitsch, Leo Gerner, Benjamin Straight, Raphael Komeyli oder Niki Terlitza zum Beispiel. Auch Bernhard Seikovits, der nun in sein viertes Jahr mit den Arizona Cardinals in der NFL geht, war 2017 ein Heeressportler, ebenso Noel Swancar, dessen Zeit beim Heer erst im Juli zu Ende ging.

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Der 20-jährige Linebacker ist Absolvent der Vienna Vikings Football Academy, wurde in der Mid-Season des vergangenen Jahres vom Profiteam unter Vertrag genommen, spielt heuer seine erste volle Saison und ist bereits zweifacher Europameister (Junioren und Herren). „Ich hatte beim Bundesheer die Möglichkeit, mich zu hundert Prozent auf American Football zu konzentrieren”, sagt er. Zu den sieben Einheiten pro Woche beim Heeressport kamen die Trainings bei den Vikings. Eine große Umstellung bedeutete für ihn die Zeit beim Heer nicht. „Es war interessant, die Perspektive Bundesheer kennenzulernen und auch den Zusammenhalt innerhalb der Truppe. Mir hat das dort gut gefallen und ich habe auch viele Kontakte zu anderen Sportlern knüpfen und mich mit ihnen austauschen können.”

Kooperation von Bundesheer und Vienna Vikings -©Hannes Jirgal
Hoffnungsvolles Talent: Linebacker Noel Swancar gilt als einer der vielversprechendsten europäischen Nachwuchsspieler. Er hat bereits zwei Europameistertitel in seiner Vita stehen.

Gut gefällt Swancar und seinen Mannschaftskollegen auch die Kooperation mit dem Bundesheer. „Als wir das erste Mal davon gehört haben, waren wir gleich alle begeistert”, sagt er im Gespräch mit Militär Aktuell. „Es ist eine extrem coole Sache, dass das Bundesheer unsere stark wachsende Trendsportart so massiv unterstützt. Wir fühlen uns dadurch als Teil von etwas Größerem. Die Jerseys das erste Mal zu tragen, war etwas sehr Besonderes. Die ganze Kooperation ist sehr leiwand.”

Der Sportler kommt dann noch auf eine Gemeinsamkeit zwischen Football und Bundesheer zu sprechen: „Ich habe früher auch Volleyball und Fußball gespielt, das hat auch Spaß gemacht. Beim Football ist das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Teams aber ein ganz anderes. Da braucht man absolutes Vertrauen ineinander, damit man Erfolg haben kann, und das spürt man auch tagtäglich im Training. Ich muss sicher sein, dass meine Nebenspieler ihre Aufgaben erfüllen und mich nicht im Stich lassen, und beim Bundesheer ist es wohl sehr ähnlich, wenn es hart auf hart kommt.”

Oberst Kerschbaumer nickt: „Wir haben schnell gemerkt, dass wir einfach gut zusammenpassen. Daher prüfen wir aktuell auch, ob wir unser Engagement im österreichischen Football möglicherweise sogar ausweiten sollen, aber dazu ist noch keine Entscheidung gefallen.” Fix ist nur, dass in den Plänen des Bundesheeres die Vikings auch zukünftig eine große Rolle spielen werden. Kerschbaumer: „Und das zu Recht, denn wo sonst bietet sich die Möglichkeit, zum beiderseitigen Vorteil mit einem europäischen Spitzenteam zusammenzuarbeiten, und wo sonst wird das Engagement des Bundesheeres als vielfältiger und sportaffiner Arbeitgeber dann auch noch so positiv angenommen?”

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Quelle©Hannes Jirgal