Der Generalstab der griechischen Armee hat vor wenigen Tagen die Typenwahl für insgesamt 14 neue Militärhubschrauber für die griechische Luftwaffe bekanntgegeben: Dabei setzte sich das Oberklasse-Modell AW139 von Leonardo gegen die MH-60S Version Knight Hawk der S-70 Serie von Lockheed Martin-Tochter Sikorsky und den H175 von Airbus Helicopters durch.
Bei einer Sitzung des Rates der Generalstabschefs wurde die Entscheidung getroffen, vier der insgesamt 14 Helikopter besonders robust speziell für die Aufnahme abgeschossener Besatzungen und Landsleute aus feindlichem Gebiet (CSAR) auszustatten. Die Typenentscheidung selbst ging relativ rasch über die Bühne, da die Luftwaffe aus einem bereits im Mai versendeten Request for Information (RFI) über alle benötigten technischen und finanziellen Informationen verfügte. Folgedessen wurde der Vorschlag auch als einstimmig angenommen protokolliert, ohne Einwände der Mitglieder des Rates.
Die Generaldirektion für Verteidigungsgüter übernimmt nun für die notwendigen Studien und Konsultationen mit dem Herstellerunternehmen, um die Genehmigung durch die KYSEA (der Regierungsrat für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung) zu erlangen, die entsprechenden Mittel bereitzustellen und den Vertrag für die Umsetzung des Programms – einschließlich Ausbildung und Support – zu unterzeichnen.
Die Kriterien
Gefordert war, dass sowohl die Kabine als auch Schlüsselsysteme wie das Hauptgetriebe mit Blick auf ballistischen Schutz gehärtet sein müssen. Weiters waren die Bewaffnungsfähigkeit, ein Selbstschutzsystem mit Raketenwarnern sowie Täuschkörpern gefordert, ebenso ein militärisches Kommunikationssystem sowie das Datenfunksystem Link-16. Die Einsatzanforderungen bestimmten bei einer Mindestgeschwindigkeit von 270 km/h einen Radius von mindestens 330 Kilometer mit einer vierköpfigen SAR-Besatzung und – auf Grundlage der weltweiten Erfahrung bei Such- und Rettungseinsätzen – einer Verweildauer im Zielgebiet von mindestens einer halben Stunde. Bezüglich Ausbildung und Support soll die Lieferung mit einer entsprechenden Versorgung mit Ersatzteilen einhergehen, um eine maximale Verfügbarkeit und mindestens 3.500 bis 4.000 Flugstunden pro Jahr zu gewährleisten. Gefordert war zudem ein komplettes Trainingspaket mit Full-Motion-Simulator.
Der AW139 konnte demnach sowohl mit seinen Anschaffungs- und Wartungskosten, als auch mit dem angebotenen Support punkten. Außerdem erreicht er knapp mehr als 300 km/h – ein Spitzenwert seiner Klasse. Seine Reichweite von 1.250 Kilometern beziehungsweise die lange Flugdauer von bis zu fünf Stunden ermöglichen ausreichend lange Einsätze über Griechenlands Inselwelt. Der „139er” kann mit einem Maximalgewicht von sieben Tonnen starten und – alternativ – mit seiner zweiköpfigen Besatzung bis zu 15 Passagiere befördern. Ein weiterer Vorteil ist die Zertifizierung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), auch mit nur einem seiner beiden Pratt & Whitney Canada PT6C Triebwerke fliegen beziehungsweise zur Basis zurückkehren zu können. Nicht zuletzt sagt der Hersteller, dass das Muster pro Stück günstiger als alle Konkurrenten wäre, weil die Kosten pro Flugstunde um mindestens 1.000 Euro niedriger sind. Damit würde der Gesamtgewinn einer Luftwaffe, die über einen Zeitraum von 20 Jahren 14 solche Hubschrauber einsetzt, gegenüber anderen Modellen auf 180 Millionen Euro geschätzt.
Große Verbreitung des „Auserwählten”
Das alles hat bisher offenbar viele Nutzer (zuletzt auch Slowenien) überzeugt. Die Basisversion des nun auch von den Griechen selektierten Hubschraubers ist zwar – wie die meisten Typen des auch beim Bundesheer nicht mehr unbekannten Herstellers aus Verigate – zwar zuerst als Agusta-Westland AW139 zivil entwickelt worden, unter den 1.140 Maschinen in 90 Ländern mit akkumulierten 3,7 Millionen Flugstunden sind inzwischen aber auch 26 Luftstreitkräfte. An jene wurden bereits 500 AW139 in SAR-Konfiguration verkauft, damit deckt man 53 Prozent des Weltmarktes ab. Die Maschinen absolvierten bereits mehr als eine Million Flugstunden auf SAR- und Medevac-Missionen. Im Heimatland ist der AW139 seit Jänner 2022 in der AMI mit 17 Stück als HH-139B Caesar bei der 15° Stormo/83º Gruppo in Cervia nahe Ravenna im Dienst.
Im Vergleich dazu hat der (C)SAR Ableger der S-70 Black Hawk Militärhubschrauberserie nur vier Kunden, darunter aber die US-Marine mit 275 Stück MH-60S. Die Marine Thailands fliegt zwei Maschinen und im April 2021 optierte Südkorea für zwölf Stück MH-60R um gut 400 Millionen Euro. Sie sollen von heute an in einem Jahr an die südkoreanische Marine (ROKN) ausgeliefert werden. Aktuellster Kunde ist Norwegen, im April 2023 wurden die sechs MH-60R von der DSCA des Pentagons genehmigt.
Das große H175-Muster von Airbus hat noch überhaupt keine Militärkunden, er fliegt seit 2014 aber bei zehn zivilen Betreibern (Offshore, Polizei, …). Bei NATO-Militärs (wie Griechenland) möglicherweise ein Hindernis ist, dass es seit 2016 auch den chinesischen Ableger AC532 von Avicopter gibt. Immerhin musste der Hersteller bereits betonen, dass man als Bieter zum Ersatz der alten Puma-Helikopter der Royal Air Force keinesfalls chinesische Bauteile verwenden würde.
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