In dieser Serie geben wir jeweils zum Monatsanfang einen Überblick über aktuelle Rüstungsbeschaffungen und -entwicklungen weltweit. Heute unter anderem mit News aus Russland, der Türkei, Australien, Spanien, Indien, den USA und Österreich.

Große Aufregung herrschte in den vergangenen Wochen vor allem um das russische Flugabwehr-Raketensystem S-400: Das leg weniger an der Anfang August erfolgten Übergabe weiterer Systeme durch Hersteller Almaz-Antey an das russische Verteidigungsministerium (die Anzahl reicht laut diesem Bericht von Sputniknews für die Ausstattung eines Flugabwehrregiments), als am im Juni bereits angekündigten Verkauf zusätzlicher Systeme (Militär Aktuell berichtete) an die Türkei. Die russische Nachrichtenagentur TASS vermeldete am 23. August (zum Bericht) die Unterzeichnung eines Vertrages über die Lieferung einer zweiten Charge, laut Alexander Mikheyev, Chef des staatlichen Rüstungsgüter-Exporteurs Rosoboroneksport, gehe es nun darum die letzten finanziellen Details zu klären. Anschließend könnten auch Aussagen zum genauen Liefertermin getätigt werden.

@Sergey Maligawa/TASS
Das S-400-System erfreut sich auch bei den russischen Streitkräften – im Bild zu sehen die Systeme eines Flugabwehrregiments in der Nähe von Sevastopol – großer Beliebtheit.

Die im September 2017 erfolgte Entscheidung der Türkei, S-400-Systeme zu erwerben, hatte bei den USA und der NATO stark negative Reaktion ausgelöst. Die Vereinigten Staaten schlossen die Türkei in der Folge vom F-35-Programm aus und bemühen sich weiterhin darum, die Türkei zu einem Ausstieg aus dem Vertrag zu bewegen. Federführend dabei sind vor allem Jim Risch, Michael McCaul, Eliot Engel und Bob Menendez (Militär Aktuell berichtete). Die vier Senatoren beziehungsweise Kongressmitglieder blockieren in zwei Fachausschüssen – entweder einzeln oder gemeinsam – seit fast zwei Jahren mehr oder weniger stillschweigend alle größeren US-Waffenverkäufe an die Türkei.

@Archiv
Das Interesse Ägyptens an der Su-35 war bereits bekannt, wer der zweite große Exportkunde ist, wurde bislang nicht vermeldet.

Wir bleiben in Russland: Dort veröffentlichte Defence-Blogger @Strike-Flanker wie berichtet den Screenshot einer Tabelle, der die Produktion der neuesten Version der Flanker-Familie bis zumindest 2024 zu entnehmen ist. Demnach wird Ägypten (Militär Aktuell berichtete) 30 Stück oder zwei Staffeln Su-35 erhalten. 34 weitere Maschinen sind für einen anderen, bislang unbekannten Kunden bestimmt. Dabei könnte es sich um Algerien oder China handeln. Elf ursprünglich für Indonesien geplante Su-35 sind in der Tabelle hingegen nicht (mehr) enthalten.

(Vorerst) nur für den Eigenbedarf der russischen Streitkräfte ist die neue Stealth-Drohne Ochotnik gedacht. Laut dem Leiter der United Aircraft Corporation (UAC), Yuri Slyusar, soll die Serienauslieferung des Systems 2024 beginnen. „Wir haben vom Verteidigungsministerium den Auftrag erhalten, die experimentellen Entwurfsarbeiten zu beschleunigen und den Zeitplan maximal anzupassen, um bereits ab 2024 mit den Lieferungen zu beginnen”, so Slyusar gegenüber der Nachrichtenagentur TASS.

Einen großen Deal gibt es aus Ungarn zu vermeldet: Rheinmetall konnte dort seine Bemühungen um den runderneuerten Schützenpanzer Lynx erfolgreich zum Abschluss bringen. Im Rahmen eines Joint Ventures soll in Ungarn eine Produktionsstätte zur Herstellung des Schützenpanzers (über die genaue Stückzahl wurde vorerst nichts bekannt) aufgebaut werden, der Gesamtwert des Auftrages dürfte sich wie berichtet auf rund zwei Milliarden Euro belaufen. General Dynamics European Land Systems konnte währenddessen wie berichtet in Spanien einen 733 Millionen Euro-Auftrag für insgesamt 348 Stück 8×8 Rad-Kampffahrzeugen auf Basis des 8×8 Piranha 5 an Land ziehen. In der spanischen Armee wird das Fahrzeug unter dem Namen Dragón geführt werden.

@Russian Defense Ministry/TASS
Auslieferung ab 2024? Die Stealth-Drohne Ochotnik soll vor allem im Verband mit der Suchoi Su-57 eingesetzt werden.

Für nationales Aufsehen sorgte in den vergangenen Wochen die geplante Nachbeschaffung der Alouette III-Hubschrauber des Bundesheeres. Dem Vernehmen nach stehen mit dem AW169 von Leonardo, dem Airbus H-145M und dem Bell 429 drei Typen zur Wahl, die teils sehr unterschiedliche Vor- und Nachteile aufweisen. Unser Autor Georg Mader hat vor diesem Hintergrund Bell 429-Betreiber „Air Zermatt” einen Besuch abgestattet (zur Reportage) und Interviews mit Bell Europa- und Russland-Chef Duncan van de Velde sowie H-145M-Programmdirektor Mark Henning (zum Gespräch) geführt. Dabei kam auch eine mögliche Endfertigung des Bell 429 beim österreichischen Luftfahrtunternehmen Heli Austria in Bad Vöslau zur Sprache, die wir dann gemeinsam mit Heli Austria-Geschäftsführer Roy Knaus erörtert haben (zum Gespräch). „Unser Personal würde von Bell geschult, um diese Aufgaben in unserem Werk in Bad Vöslau auszuführen”, so Roy Knaus. „Das Bundesheer und Vertreter des Verteidigungsministeriums könnten dann jederzeit vor Ort sein, um mitzuverfolgen, wie ihr Endprodukt hergestellt wird.”

Neues gibt es auch aus Asien und Ozenaien zu vermelden: Während die australische Armee laut eigenen Angaben recht erfolgreich 3D-Drucker (zum Bericht) testet, stellte die chinesische Armee Anfang August ihren ersten Lazarett-Zug in Dienst. Offiziellen Angaben zufolge funktioniere der Zug mit seinen 19 Waggons wie ein Feldlazarett, bis zu 500 Patienten könnten darin erstversorgt werden. Japan widerum plant die Modernisierung seiner F-15J und F-15DJ-Kampfflugzeuge. Boeing und Mitsubishi Heavy Industry haben sich auf einen Vertrag geeinigt, um die Maschine auf den JSI-Stand (steht für Japanese Super Interceptor) zu bringen. Die Modernisierung umfasst die Bewaffnung mit AGM-158 Luft-Boden-Marschflugkörpern ebenso wie ein neues Phasenradar (AN/APG-82(V)1 AESA), neue Elektronik und ein Anti-Spoofing-GPS.

Die USA haben währenddessen im Rahmen ihres jährlichen (heuer wegen der Coronasituation virutell abgehaltenen) „Space and Missile Defense Symposium” (SMD) den sogenannten „Common Hypersonic Glide Body” (C-HGB) präsentiert. Der Hyperschallgleiter-Gefechtskopf soll auf (an der Spitze) land- sowie seegestützten Trägerraketen zum Einsatz kommen (zum Bericht).

 @PTI/FILE
Die neue Pinaka-Version hat nun mit 75 Kilometern eine beinahe doppelt so große Reichweite wie der Vorgänger.

Die indische Armee setzt hingegen weiterhin auf die Weiterentwicklung konventioneller Systeme und führte zuletzt abschließende Tests mit der Haubitze Bharat-52 und mit der bereits in den 1980er-Jahren eingeführten Rakete des Mehrfach-Raketenwerfersystems Pinaka durch. Anschließend an die Tests unterzeichnete das indische Verteidigungsministerium diesem Bericht zufolge einen großen Auftrag zur Ausrüstung sechs neuer Regimenter mit neuen Pinaka-Systemen. Davon profitieren sowohl die privatwirtschaftlichen Unternehmen L & T und Tata Aerospace and Defense, als auch der staatliche BEML-Konzern. Es handelt sich dabei um einen der größten Aufträge der indischen Armee und private Unternehmen bislang überhaupt.

Abschließend dürfen wir an dieser Stelle auf den Wirtschafts- & Industrie-Bereich unserer neuen Website hinweisen. Dort finden sich aktuelle News, Analysen, Reportagen und Berichte aus der österreichischen und internationalen Sicherheitsbranche, unter anderem dieses Kurzinterview mit Saab Sales Executive Per Alriksson über eine mögliche 1-Flotten-Lösung mit neuen Saab Gripen C/D als Ersatz für Österreichs Eurofighter und Saab-105Ö. Hier geht es außerdem zu unserem Juli-Überblick.

Quelle@Sergey Maligawa/TASS, Archiv, PTI/FILE, Russian Defense Ministry/TASS