Seit seiner Gründung vor 60 Jahren befindet sich das Jagdkommando stets im Wandel. Einst für den Kleinkrieg im Inland aufgestellt, werden die Spezialisten des Bundesheeres heute auf der ganzen Welt eingesetzt. Was aber macht den Geist der Eliteeinheit über die Generationen hinweg aus? Dort, wo sonst nur sein Kaderpersonal anzutreffen ist, geht Militär Aktuell auf exklusive Spurensuche.
„Wir bewegen uns an Land, in der Luft und am Wasser.” So stellt uns Oberst Rudolf Weissenbacher, stellvertretender Kommandant des Jagdkommandos, seinen Verband vor und zeigt in den einladenden Raum in der Maximilian-Kaserne, Wiener Neustadt. „Das wollten wir auch im Traditionsraum in den Themenbereichen Land, Luft, Wasser, Einsatz und Führungsunterstützung abgebildet haben.” Hier und im angeschlossenen neuen Jagdkommando-Museum kommen überlicherweise nur die Spezialisten des Bundesheeres zusammen, besprechen Einsätze oder feiern mit den neuen Absolventen des Jagdkommando-Kurses.
Die aufwendigen Installationen im Traditionsraum wurden vom Kaderpersonal – darunter Tischler, Zimmerer und Maler – in nur zwei Monaten geplant und errichtet. „Alles in Eigenregie!” Die Begeisterung Weissenbachers ist unüberhörbar – ebenso wie der Stolz auf den gesamten Verband. Das Jagdkommando lebt vom Zusammenspiel verschiedenster Kompetenzen. „Alle wurden eingebunden und jeder konnte sich frei einbringen.”
Im Themeneck „Land” hängen beispielsweise Photos von Survivaltrainings neben selbst gebastelten Schneeschuhen und wasserdicht verpackter Notfallausrüstung. An der Decke das wortwörtliche „Highlight”: Lichtspots zeigen die Sternbilder des Großen Wagens und des Polarsterns. Wer gelernt hat, wie, kann hier in Windeseile die Himmelsrichtungen bestimmen. „Zum Kämpfen gehört eben auch das Wissen zum Überleben”, so Weissenbacher.
„Einer der größeren Einsätze für das Jagdkommando war die Tschad-Mission.” Weissenbacher übernahm damals die Einsatzleitung. Ein „Erinnerungsstück” aus der Zeit in der Wüste ist eine halbe Sandviper, ein Puch G 290/LP. Den Patrouillenwagen hat es bei einem Unfall übel erwischt, seine „bessere Hälfte” hat es aber in den Traditionsraum in eine detailreich inszenierte Wüstenszene im Themeneck „Einsatz” geschafft. Daneben fegen mit Airbrush aufgesprühte Gazellen, leichte französische Unterstützungs-Hubschrauber SA 341/342, über den heißen Sand. „Sie begleiteten uns als Schutz aus der Luft.”
Schweißtreibend dürfte es bei den Kampfschwimmern unter Wasser zugehen, wie ein schwerer Helmtaucher mit externer Sauerstoffversorgung vermuten lässt. „Mit modernen Kreislaufgeräten arbeiten wir in bis zu 90 Meter Tiefe”, führt Weissenbacher begeistert aus. Ebenso gehört Fallschirmspringen zum Alltag der Jagdkommandosoldaten. Neben einem schwer bepackten Fallschirmspringer findet sich im Themeneck „Luft” sogar eine originale Sitzbank aus einer C-130 Hercules. Technisch anspruchsvoll ist die Arbeit der Führungsunterstützung im abgetarnten Funkversteck. Über Funk und mit Computern ausgerüstet, werden einsatzrelevante Daten übermittelt und die Verbindung gehalten.
Treffen der Generationen
Mit „Zurück zu den Wurzeln!” gab Kommandant Brigadier Philipp Ségur-Cabanac 2020 den Befehl, bewusst aus der Vergangenheit des Verbandes zu lernen. Sowohl der Traditionsraum als auch das Jagdkommando-Museum, das wir nun betreten, entstanden daraus. Den Wunsch zum Museum hatte Wolfgang Sehner, Kurator, Jagdkommando-Veteran und Präsident der Interessensgemeinschaft Jagdkommando (IGJ), der Veteranen und Interessierte angehören können, aber schon vor 15 Jahren. Der „Geist” des Jagdkommandos motivierte Sehner, über diese lange Zeitspanne dranzubleiben: „Die Verbundenheit untereinander hat mir immer wieder Auftrieb gegeben.” Über Privatsponsoring und Schenkungen entstand schließlich eine beachtliche Sammlung. Mehr als 800 Objekte trug Sehner zusammen: Abzeichen, Coins, selbst angefertigte Einzelstücke, Uniformen und eine Bibliothek – sehr vieles davon mit hohem Sammlerwert.
Nicht aber verstaubtes Wissen zu konservieren, sondern eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen, ist Ziel des Museums. „Das Museum verbindet. Die Jungen haben ein enormes Interesse, wie das Jagdkommando entstanden ist und wie man was früher gemacht hat”, schwärmt Weissenbacher über das, was Sehner erreichte. Der ist wiederum froh über die Beteiligung der jungen Generation: „Der laufende Kurs gestaltet an einer Wand das Museum mit. Einzelne Stücke werden nach Kursende dem Museum übergeben.” So wird der Bestand laufend aktualisiert.
Vom inoffiziell so benannten „Rangerkurs”, dem ersten „Kurs für Sonderausbildung (Jagdausbildung)” 1963, hin zum heutigen Spezialeinsatzkommando war es ein weiter Weg. Ausbildungsunterlagen aus frühesten Zeiten künden ebenso davon wie die verschiedenen Abzeichen. Noch vor Beginn des zweiten Kurses gab es schon Aufnäher mit dem ersten Abzeichen, den Sehner von einem Kameraden für die Sammlung erhielt. „Davon hat es damals nur drei Stück gegeben, die nicht angenäht wurden.”
Auch mitunter Kurioses hat den Weg in die Sammlung gefunden: Ein „Ausscheiderabzeichen” für jene, die den 16. Kurs nicht abschlossen, zeigt – anstatt des Dolches – Putzkübel, Tuch und Schaufel. Galgenhumor! Ebenso werden Versuchsmodelle zur Schau gestellt wie die dem Vernehmen nach wenig bequemen Bergschuhe mit harter Kunststoffschale oder eigenwillig angeschliffene Einsatzmesser.
Die Historie des Jagdkommandos ist voll von Geschichten von Kameradschaft und Achtung füreinander. Davon zeugen die vielen persönlich oder im Nachlass übergebenen Objekte. Was ist nun dem Jagdkommando-Museum für die Zukunft zu wünschen? „Ich wünsche mir, dass es gepflegt und ständig besucht wird. Und dass wir es mit den Jungen am Leben halten”, meint Weissenbacher. Nachsatz Sehner: „Und dass es auch nach uns erhalten bleibt.” Beide sind zuversichtlich, dass das gelingen wird.