Vom Schießen bis zum Feuermachen: Sechs Survival-Aufgaben, die im Team in einem Rundparcours unter Zeitdruck zu meistern sind. Die Survival Rally 2024 verlangt so einiges ab – und soll doch von allen, die Freude an der Natur und den Willen zur Improvisation mitbringen, zu schaffen sein. Heinz Eichinger, Schießausbildner in einer österreichischen Spezialeinheit und Survival-Trainer, entwickelte das neue Veranstaltungs-Konzept, das in erster Linie Spaß und so manchen Erkenntnisgewinn bringen soll.
Begeisterte Unterstützung fand er mit YouTuber und Survival-Experten Reini Rossmann und dem Eichenwerk-Team. Militär Aktuell traf sich mit dem Mastermind und stellte Fragen zum Überlebens-Rundparcours, zur Sinnhaftigkeit von Survivaltrainings im 21. Jahrhundert und dem Kennenlernen der eigenen Leistungsfähigkeiten.
Wie kam es zur Idee, einen Survival-Rundparcours auf die Beine zu stellen?
Ich sammle immer wieder Projekt-Ideen, auch zu Themen abseits des HESA-Schießtrainings. Die positiven Rückmeldungen zu meinen bisherigen Survival-Kursen in der Buckligen Welt, den Seetaler Alpen und in Schwarzenbach an der Pielach spornten mich an. Zum richtigen Zeitpunkt lernte ich Reini Rossmann und sein „Waldurlaub”-Projekt kennen. Der war von der Idee begeistert und wir konnten schon bald mit der Erkundung des großen Grundstücks beginnen, auf dem sich auch eine Höhle mit kilometerlangen Gängen befindet.
Wozu sich aber eigentlich mit dem Thema Survival und dem Überleben in der freien Natur oder im Urbanen auseinandersetzen?
Man kann wohl sagen, dass wir in einer Art von „Wohlfühlblase” leben. Es geht mir um ein Rausholen der Menschen aus ihrer Komfortzone und darum, das Basiswissen, das wir immer hatten, in unseren Breiten aber verlernten, zu vermitteln. Je mehr man über die Materie weiß, desto leichter ist es, die eine oder andere Krise zu bewältigen. Ich rede nicht vom Weltuntergang. Aber wenn ich schon mal erlebt habe, ohne fließendem Wasser oder Strom den Alltag zu bewältigen, tue ich mir in eben diesen Situationen, die durchaus auch für mehr als nur ein paar Stunden eintreffen können, viel leichter. Krisenvorsorge ist wichtig, es hilft aber die beste Ausrüstung nichts, wenn ich nicht gelernt habe, damit umzugehen und das Wissen dazu regelmäßig auffrische. Im Alltag gibt’s ja genügend Möglichkeiten, „im Saft” zu bleiben. Nur ein kleines Beispiel: Zum Anfeuern des Kamins oder Grills einfach mal kein Feuerzeug, sondern Zündstahl und Zunder verwenden, um auch diese Technik zu lernen und in Übung zu bleiben.
„Die Belohnung ist ein Erfolgserlebnis, das sich nachhaltig ins Gedächtnis einbrennt.“
Kann man das Überleben eigentlich trainieren, wenn immer eine Art von Absicherung zur Verfügung steht, von der schnell greifbaren Wasserflasche, über das Smartphone bis letztlich hin zur Lebensversicherung?
Wenn man sich unter einem intensiven Survival-Training vorstellt, alleine mit Zelt und tollem Schlafsack in der Nähe von Zivilisation zu „campen”, wird das nicht funktionieren. In einem Kurs aber spielen die Gruppendynamik sowie der Mentor, der über nachweisbare Referenzen verfügen sollte, eine große Rolle. Dann, in der richtigen Umgebung, in der auch wirklich kein Zivilisationslärm zu hören sind, stellt sich schon ein ganz bestimmtes Gefühl ein. Und natürlich muss man es wirklich wollen. Ich vermittle in meinen Trainings, wie man mit einer minimalistischen Ausrüstung in der Natur über die Runden kommt und sich auch, wenn man durchnässt und hungrig ist, dennoch motivieren kann. Im Vordergrund steht dabei die Entschleunigung. Wichtig ist mir, dass die Teilnehmenden ein Gefühl vermittelt bekommen, das sie vom Alltag wegbringt. Wie geht es ihnen, wenn Sie bei Kursbeginn Smartphone und Uhr abgeben, wie, wenn sie sich ohne Zelt und Schlafsack, ohne fließenden Wasser aus der Leitung plötzlich um die wirklich wichtigen Dinge kümmern müssen? Die Belohnung ist ein Erfolgserlebnis, das sich nachhaltig ins Gedächtnis einbrennt.
Was braucht es wirklich zum Überleben?
Ganz klar zwei Dinge: Die geistige Einstellung – das Mindset – und das Wissen. Warum? Man kann die beste Ausrüstung zur Verfügung haben – wenn man nicht die richtige Einstellung zum Überleben hat und zugleich weiß, wie man sich in der jeweiligen Situation behelfen kann, wird die Notsituation schlimmstenfalls zu einer lebensbedrohlichen Situation.
Was macht für Sie persönlich den Reiz aus, sich immer wieder an die Grenze zu bringen?
Für mich persönlich ist es, dass man sich voll und ganz spürt. Damit meine ich, dass man über die eigenen Grenzen hinaus geht und den ganzen Körper spürt. Ich durfte in meinen Ausbildungen am eigenen Leib mitbekommen, wie es sich anfühlt, wenn der Körper dehydriert ist oder wenn die Finger so steif gefroren sind, dass man damit nicht einmal mehr die Schuhbänder zubinden kann. Da gibt es nur: Reinbeißen oder Aufgeben. Gerade in militärischen Sonderausbildungen wird man immer wieder an Situationen herangeführt, in denen man eigentlich sagen muss: „Das schaffe ich nicht, das ist gar nicht zu schaffen.” Ist beispielsweise in einer Übung eine Aufnahmezone in einer gewissen Zeit zu erreichen, weil der Helikopter nur kurz zur Rettung anlanden wird, dann kommt man an einen solchen Punkt. So wird der Körper bewusst an seine Grenzen geführt – und man lernt für sein Leben. Man braucht einen solchen Erfahrungsschatz, auf den man immer wieder zugreifen kann. Mich haben solche Erlebnisse geprägt.
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