Robert Laimer ist seit 9. November 2017 Abgeordneter zum Nationalrat und seit 2020 Wehrsprecher der SPÖ. Anlässlich der Nationalratswahl 2024 fordert er in der großen Militär Aktuell-Umfrage unter den Wehrsprechern der fünf Parlamentsparteien eine Personaloffensive mit spürbar höheren Einstiegsgehältern und Maßnahmen zur Stärkung der Miliz. Ein Verteidigungsbudget von zwei Prozent des BIP ist aus seiner Sicht „nicht gerechtfertigt”.
Herr Laimer, das Bundesheer hat 2022 mit der Umsetzung des auf zehn Jahre angelegten „Aufbauplans 2032+” begonnen. Mittlerweile ist ein Fünftel der Zeit um, wie bewerten Sie die erzielten Fortschritte?
Die Fortschritte im Rahmen des „Aufbauplans 2032+” lassen in wichtigen Bereichen zu wünschen übrig. Aber es ist natürlich erfreulich, dass Materialaufstockungen vorangetrieben werden. Doch entscheidende Herausforderungen bleiben ungelöst, insbesondere die personelle Situation im Bundesheer. Mit unbesetzten Planstellen, mangelnden sportlichen und einsatztechnischen Qualifikationen im Kader sowie der unzureichenden Erhöhung des Frauenanteils zeigt sich, dass der Personalaufbau stark vernachlässigt wurde. Die Maßnahmen der Regierung sind fragmentarisch und haben es nicht geschafft, auch wenn sie das immer wieder behaupten, eine Trendwende herbeizuführen.
In welchen Bereichen würde ihre Partei im Aufbauplan andere Schwerpunkte setzen?
Die SPÖ würde den Schwerpunkt im Aufbauplan definitiv stärker auf eine nachhaltige Verbesserung der personellen Situation legen. Während Materialanschaffungen wichtig sind, ist ein gut ausgebildetes, ausreichend besetztes Heer unerlässlich, weil wer soll das Gerät bedienen? Wir fordern eine Personaloffensive mit spürbar höheren Einstiegsgehältern und besseren Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Zudem setzen wir uns für die Stärkung der Miliz ein, die derzeit kaum einsatzfähig ist. Ebenso braucht es dringend Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in den Streitkräften, der bei nur ungefähr 4 Prozent liegt. Darüber hinaus liegt uns die Stärkung einer aktiven Neutralitätspolitik am Herzen, die sicherstellt, dass Österreich als neutrales Land auch zukünftig eine friedensstiftende Rolle einnehmen kann.
„Die SPÖ würde den Schwerpunkt im Aufbauplan definitiv stärker auf eine nachhaltige Verbesserung der personellen Situation legen. Während Materialanschaffungen wichtig sind, ist ein gut ausgebildetes, ausreichend besetztes Heer unerlässlich, weil wer soll das Gerät bedienen?“
Ein viel diskutiertes Thema war zuletzt Österreichs Teilnahme an der European Sky Shield Initiative. Welche Position vertreten Sie dazu?
Die Teilnahme Österreichs an der European Sky Shield Initiative (ESSI) sehen wir kritisch. Die Verhandlungen über ESSI wurden ohne transparente parlamentarische Einbindung geführt, was einen klaren Verstoß gegen demokratische Grundsätze darstellt. Die Verteidigungsministerin agierte im Alleingang, was zu einem Mangel an Transparenz und Aufklärung hinsichtlich der Kosten, der Auswirkungen auf die österreichische Neutralität und der rechtlichen Grundlagen geführt hat. Ohne ein neutrales Gutachten und eine umfassende Kostenaufstellung bleibt ESSI für Österreich nicht tragbar. Zudem stellt sich die Frage, wer für die möglichen rechtlichen Folgekosten aufkommt, sollte die Initiative mit unserer Neutralität unvereinbar sein? Die Ministerin persönlich?
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Hier geht es zu unseren 5-Fragen-an-Interviews mit den Wehrsprechern der anderen Parlamentsparteien:
- Friedrich Ofenauer (ÖVP),
- Volker Reifenberger (FPÖ),
- David Stögmüller (GRÜNE) und
- Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS).
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Für die Zukunft wurde das Ziel eines Verteidigungsbudgets in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgegeben. Ist eine derartige Dotierung aus Ihrer Sicht gerechtfertigt, zu hoch oder würden Sie sich noch mehr Mittel wünschen?
Ein Verteidigungsbudget von zwei Prozent des BIP ist aus Sicht der SPÖ nicht gerechtfertigt. Die kontinuierliche Erhöhung der Rüstungsausgaben hat bisher leider nicht zu einer Verbesserung der globalen Sicherheitslage beigetragen – im Gegenteil. Wir betonen, dass das Geld vor allem in die Verbesserung der personellen Strukturen und die Stärkung der aktiven Neutralitätspolitik fließen sollte. Anstatt blind in militärische Aufrüstung zu investieren, brauchen wir nachhaltige Strategien zur Konfliktprävention und Friedenssicherung. Österreich muss seine Rolle als neutraler Staat bewahren und stärker in diplomatische und friedensstiftende Maßnahmen investieren, um zur Stabilisierung Europas beizutragen.
Wohin soll sich das Bundesheer aus Ihrer Sicht mittel- bis langfristig weiterentwickeln? Welches Bundesheer sehen Sie, wenn Sie ins Jahr 2032 und damit an das Ende des „Aufbauplans 2032+” blicken?
Mittel- bis langfristig muss sich das Bundesheer zu einer verteidigungsfähigen, aber friedensorientierten Streitkraft weiterentwickeln. Im Jahr 2032 sehen wir ein Bundesheer, das personell stark aufgestellt ist. Die Miliz wird wieder einsatzfähig sein. Die Neutralitätspolitik wird dabei eine zentrale Rolle spielen: Österreich wird seine militärische Kapazität nutzen, um Konflikten vorzubeugen und sich diplomatisch für den Frieden einzusetzen und zwar auf globaler Ebene. In diesem Rahmen muss auch eine langfristige Sicherheitsstrategie entwickelt werden, die auf der Neutralität Österreichs basiert und diese als unverzichtbare sicherheitspolitische Leitlinie stärkt. Die SPÖ hat eine!
Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.