Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ist seit 9. November 2017 Abgeordneter zum Nationalrat und Wehrsprecher der NEOS. Anlässlich der Nationalratswahl 2024 sieht er in der großen Militär Aktuell-Umfrage unter den Wehrsprechern der fünf Parlamentsparteien eine Teilnahme Österreichs an der European Sky Shield Initiative positiv, die Budgetausstattung des Bundesheeres müsse aus der Österreichischen Sicherheitsstrategie abgeleitet werden.
Herr Hoyos-Trauttmansdorff, das Bundesheer hat 2022 mit der Umsetzung des auf zehn Jahre angelegten „Aufbauplans 2032+” begonnen. Mittlerweile ist ein Fünftel der Zeit um, wie bewerten Sie die erzielten Fortschritte?
Es wurden einige Fortschritte erzielt, wie zum Beispiel die Hubschrauberbeschaffung oder die des Pandur. Diese Beschaffungen dienen der Sicherheit unseres Landes in der Zukunft. Nun aber steht einen neue Sicherheitsstrategie an. Das vorgelegte Konzept muss diskutiert und adaptiert werden. Weitere Beschaffungen müssen sich an den tatsächlichen Aufgaben des Bundesheeres orientieren. Realistische Bedrohungsszenarien und Abwehrstrategien für ein Österreich umgeben von EU/NATO-Staaten plus Schweiz und Liechtenstein müssen erstellt werden, und daraus Ableitungen für die Aufgaben des Bundesheers. Werden wir uns in eine europäische Verteidigung einbringen, und wenn ja, wie? Was beschafft werden muss, und was nicht, hängt von diesen Entscheidungen ab.
In welchen Bereichen würde ihre Partei im Aufbauplan andere Schwerpunkte setzen?
NEOS stehen für eine deutliche Stärkung der gemeinsamen europäischen Verteidigung mit solidarischer Teilnahme Österreichs. Österreich muss in der noch fertigzustellenden Österreichischen Sicherheitsstrategie (ÖSS) diese Teilnahme definieren und darauf aufbauend die nötigen Mittel für das Bundesheer bereitstellen. Wenn sich Österreich zum Beispiel nicht zu Kampfeinsätzen im Rahmen der GSVP durchringen kann, sind schwere Waffen unnötig, da Österreich aufgrund seiner privilegierten Geografie im Planungshorizont keine konventionelle Invasion befürchten muss. Wenn sich Österreich aber zur Solidarität im Rahmen der GSVP bekennt, müssen Österreichs Beiträge definiert werden, und darauf aufbauend Mittel beschafft werden.
„NEOS stehen für eine deutliche Stärkung der gemeinsamen europäischen Verteidigung mit solidarischer Teilnahme Österreichs. Wir wollen ein Bundesheer, das einen fixen Platz in dieser europäischen Sicherheitsarchitektur einnimmt und dafür bestausgerüstet ist.“
Ein viel diskutiertes Thema war zuletzt Österreichs Teilnahme an der European Sky Shield Initiative. Welche Position vertreten Sie dazu?
Drohnen und Raketen sind die wahrscheinlichste Bedrohung des österreichischen Territoriums beziehungsweise Luftraums im Planungshorizont. Diese Wirkmittel können in gewissen Situationen auch in Österreich zum Einsatz gebracht werden, ohne von unseren Nachbarn bereits zuvor wirksam bekämpft werden zu können. Daher unterstützen wir Sky Shield. Allerdings muss die Bundesregierung dabei ehrlich sein. Sky Shield ist eine gemeinsame Luftraumverteidigung. Sky Shield dient der Sicherheit der Menschen in Österreich. Es als simple gemeinsame Beschaffung zu bezeichnen ist unehrlich und wird dem effektiven Einsatz des Systems längerfristig schaden.
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Hier geht es zu unseren 5-Fragen-an-Interviews mit den Wehrsprechern der anderen Parlamentsparteien:
- Friedrich Ofenauer (ÖVP),
- Robert Laimer (SPÖ),
- Volker Reifenberger (FPÖ) und
- David Stögmüller (GRÜNE).
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Für die Zukunft wurde das Ziel eines Verteidigungsbudgets in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgegeben. Ist eine derartige Dotierung aus Ihrer Sicht gerechtfertigt, zu hoch oder würden Sie sich noch mehr Mittel wünschen?
Budgets müssen dem aus der Strategie abgeleiteten Bedarf folgen. Wenn sich Österreich dazu entschließt, sich nicht militärisch an der gemeinsamen europäischen Verteidigung unter der GSVP zu beteiligen, oder sich nur limitiert, zum Beispiel unter Ausschluss von Kampfeinsätzen zu beteiligen, sind Teile des Beschaffungsplans überflüssig. Erst die letztendlich adoptierte ÖSS wird die Frage nach dem Mittelbedarf beantworten.
Wohin soll sich das Bundesheer aus Ihrer Sicht mittel- bis langfristig weiterentwickeln? Welches Bundesheer sehen Sie, wenn Sie ins Jahr 2032 und damit an das Ende des „Aufbauplans 2032+” blicken?
NEOS verlangen ein Bekenntnis Österreichs zu einer verstärkten Integration der europäischen Verteidigung mit voller Solidarität Österreichs unter der GASP beziehungsweise GSVP. Wir wollen ein Bundesheer, das einen fixen Platz in dieser europäischen Sicherheitsarchitektur einnimmt und dafür bestausgerüstet ist. Dazu kommen weiterhin die in der Verfassung verankerten innerstaatlichen Aufgaben, wie etwa Assistenz- und Katastropheneinsätze, der Schutz kritischer Infrastruktur etc. Unser ideales Bundesheer ist daher eines, das militärisch an EU-Einsätzen teilnimmt und dafür die notwendige Ausrüstung besitzt. Es ist auch eines, dass die innerstaatlichen Aufgaben – Katastropheneinsätze, Schutz der kritischen Infrastruktur, Cyberabwehr und so weiter – vollumfänglich ausüben kann. Und es ist aktives Mitglied der gemeinsamen Luftraumverteidigung unter ESSI (European Sky Shield Initiative), dass sich an allen Aufgaben – wie Datenerfassung und Weitergabe – vollumfänglich beteiligt.