Die Führung des Kreml hat im Vorfeld der Feiern zur diesjährigen Siegesparade am 9. Mai im „Siegespark” Poklonnaya Gora eine lange Reihe westlicher „Beutefahrzeuge” aus dem Ukraine-Krieg aufgestellt. Neben Leopard- und Bradley-Kampfpanzern findet sich unter den Fahrzeugen auch ein Pinzgauer mit rot-weiß-roter Flagge auf den Seitentüren – von Österreich an die Ukraine geliefert wurde das Fahrzeug allerdings nicht.

Gemeinsam mit Nazi-Panzern
Die Aufstellung der Fahrzeuge folgt einer langen „Tradition”. Schon im Zweiten Weltkrieg haben Deutsche und Russen erbeutete Fahrzeuge, und die Briten zumindest erbeutete Kampfflugzeuge, in der Heimat ihren Bevölkerungen präsentiert. So wurden nach dem deutschen Sieg über Frankreich im Jahr 1940 alliierte Flugzeuge und Panzer auch am Wiener Heldenplatz ausgestellt und die Ukrainer haben diese Praxis nach dem Zurückschlagen des ersten russischen Angriffsversuchs auf Kiew mit eroberten russischen Fahrzeugen ebenfalls wiederholt.

Um das von der Staatsführung vorgegebene Narrativ eines für Russland „existentiellen” Kampfes gegen die „faschistische Nazi-Bande” in Kiew und gegen die angeblich wiedererstarkte „deutsche Achse” zu untermauern, wird für das russische Publikum auch ein deutscher Panzerjäger SdKfz. 131 Marder-II aus dem Zweiten Weltkrieg (das Fahrzeug stammt aus dem bekannten Panzermuseum Kubinka) neben einem in der Ukraine erbeuteten Schützenpanzer Marder aus alten Bundeswehr-Beständen ausgestellt. Seit 2022 wird das Fahrzeug der Ukraine für ihren Abwehrkampf gegen Russland zur Verfügung gestellt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Der ideologischen Erzählung des Kampfes von Russland gegen den gesamten Westen folgend, wurde auf jedem ausgestellten feindlichen Panzer, Ketten- und Rad-Schützenpanzer oder sonstigem Radfahrzeug eine Fahne des ursprünglichen Herstellerlands angebracht. Beim Durchsehen aktueller Videos fiel Militär Aktuell dabei auch ein Geländewagen Pinzgauer mit Kastenaufbau auf – mit rot-weiß-roter Fahne an der Seitentür.

Ein Youtuber der sich „Englishman in Russia” nennt, hat die sogenannte „Trophäenausstellung” im Moskauer Siegespark gefilmt und mit Kommentar online gestellt (siehe oben).

Kommandoübergabe beim Jägerbataillon NÖ

Keine Neutralitätsverletzung
Befürchtungen, das Fahrzeug könnte aus öffentlichen Beständen an die Ukraine abgegeben worden sein, können allerdings schon jetzt entkräftet werden. Der 6×6 Pinzgauer 712T (von den Russen als 712M bezeichnet) dürfte nicht aus Österreich stammen (die Regierung hat sich ja bekanntlich gegen die Lieferung von Militärmaterial an die Ukraine entschieden), laut Planungsdirektor Generalleutnant Bruno Hofbauer kenne man eine derartige Variante beim Heer nicht.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Nach der Behebung zahlreicher größerer und kleinerer Mängel war die Urversion des Serienfahrzeugs am 17. Mai 1971 vorgestellt und 1973 mit der Auslieferung erster bereits im Jahr 1970 vom Bundesheer bestellten Fahrzeuge begonnen worden (-> Steyr-Puch-Pinzgauer: Von Anfang an ein Erfolg). Bis zum Jahr 2000 liefen dann in Graz mehr als 30.000 Pinzgauer vom Band, die neben dem Bundesheer in größeren Stückzahlen auch an die Schweiz und an Saudi-Arabien, an Jordanien und die Streitkräfte vieler anderer Nationen verkauft wurden. In Großbritannien lief die Lizenzfertigung des Fahrzeugs im Anschluss an das Produktions-Aus in Österreich sogar noch bis 2007.

©Militär Aktuell

Schon davor begannen viele Streitkräfte ihre in die Jahre gekommenen Fahrzeuge sukzessive außer Dienst zu stellen und weiterzuverkaufen – auch an Feuerwehren, Rettungskräfte und zivile Interessenten. Die zum Teil über Militärfahrzeug-Broker angebotenen höchstgeländegängigen Fahrzeuge sind nach wie vor höchst begehrt, das Angebot ist (siehe beispielsweise hier, hier und hier) breit. Alleine 2014/2015 hat das Bundesheer 700 Pinzgauer ausgemustert, beziehungsweise ans Dorotheum für Auktionen verkauft. Ein Teil der Fahrzeuge war zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren nicht mehr im Dienst gestanden, hatte nur mehr Schrottwert.

Im Einzelverkauf werden die Geländewagen mit zwischen 11.000 und 15.000 Euro angeboten, für gut erhaltene Exemplare mit Wartungsbüchern muss man aber mit rund 25.000 Euro oder noch mehr kalkulieren.

Quelle©Novosti